Investieren angesichts des demographischen Wandels (Tilo Wannow)
31.10.2023 | 11:10
Langfristige strukturelle Trends in der Gesellschaft haben für Investoren eine große Bedeutung. Diese orientieren sich nicht an Konjunkturzyklen, wirken sich aber auf Geschäftsmodelle vieler Unternehmen aus. Gut zu prognostizieren ist schon lange der demographische Wandel, der gravierende Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft hat. Die Zahl älterer, oft nicht mehr berufstätiger Menschen in vielen Industriestaaten und Asien steigt stetig an, was an sinkenden Geburtenraten und steigenden Lebenserwartungen liegt. Tilo Wannow, Portfoliomanager des ODDO BHF Polaris Balanced, erläutert: „Der weltweite Anteil der über 60-Jährigen wird sich von 11% im Jahr 2011 auf 22% im Jahr 2050 verdoppeln“. Zwischen den Regionen gebe es deutliche Unterschiede. So liegt der Anteil der über 65-Jährigen aktuell in Afrika bei 3%, in Nordamerika aber schon bei 17% und in Europa bei 19%.
Beanspruchtes Gesundheitssystem
Ältere Menschen sind tendenziell häufiger chronisch krank, in Deutschland haben mehr als die Hälfte der über 65-Jährigen chronische Krankheiten. Innovationen der Pharma- und Biotechnologiebranche entscheiden über Fortschritte im Kampf gegen Krankheiten wie Diabetes, Alzheimer, krankhaftes Übergewicht oder Krebs. „Gesundheitsaktien gehören daher wahrscheinlich zu den großen Gewinnern dieses Megatrends“, schätzt Wannow. Das dänische Pharmaunternehmen Novo-Nordisk* wurde, gemessen an der Marktkapitalisierung, durch rasant wachsende Umsätze mit dem Abnehm-Medikament Wegovy in letzter Zeit zum wertvollsten Europas. Bio-Pharma-Unternehmen sind für einen Großteil der Innovationen verantwortlich. Sie verwenden biologische Bestandteile von Substanzen (Biologika) und nehmen chemisch hergestellten Medikamenten zunehmend Marktanteile ab.
Infrastruktur für das Gesundheitssystem
Trends zu verstärkter Innovation im Gesundheitswesen bieten nicht nur Profite bei Pharma- oder Biotechunternehmen. Investitionen in Life-Science-Aktien können Risiken klinischer Studien vermeiden. Beispiele sind Thermo Fisher und Stryker*, die Inhaltsstoffe oder Ausrüstung für pharmazeutische Forschung liefern. Außerdem interessant ist die Gesundheitstechnologie, die dem gesamten Sektor hilft, produktiver und kosteneffizienter zu werden.
Entlastung durch Automatisierung
Mehr Menschen, die in den Ruhestand gehen, bedeutet, dass es weniger Arbeitskräfte gibt. Bereits heute ist es für viele Unternehmen unmöglich alle offenen Stellen zu besetzen. Mehr Automatisierung durch Roboter und Software kann das Problem möglicherweise lösen. „Daher erwarten wir eine steigende Nachfrage nach IT-Lösungen, Software und Cloud-Infrastrukturen, die Unternehmen dabei helfen, ihre Abläufe effizienter zu gestalten“, vermutet der Fondsmanager Tilo Wannow von ODDO BHF. Dazu zählen zum Beispiel Softwareunternehmen, die großen Anbieter von Cloud-Systemen und die Produzenten von Halbleitern.
Anpassung an Konsumgewohnheiten
Unternehmen können sich auch auf Bedürfnisse von „Silver Ager“ spezialisieren. Deren Gewohnheiten unterscheiden sich von jüngeren Generationen. Beispielsweise sprechen Luxusunternehmen mit Blick auf die hohen verfügbaren Einkommen gerade ältere, wohlhabende Konsumenten besonders an.
Langfristig große Chancen
Die immer älter werdende Bevölkerung wird voraussichtlich eine der größten sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen unseres Jahrhunderts sein. „Das bietet Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Regionen, die dazu beitragen die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern, nach unseren Analysen langfristig große Chancen“, fügt Tilo Wannow von ODDO BHF an.