An der Spitze der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf soll in Kürze erstmals eine Frau und erstmals jemand vom afrikanischen Kontinent stehen: Der Rat der 164 Mitgliedsländer will die Ernennung der nigerianischen Ökonomin und Entwicklungsexpertin Ngozi Okonjo-Iweala (66) zur Generaldirektorin am Montag (ab 15.00 Uhr) in Genf beschließen. Das Prozedere dürfte reine Formsache sein. Als einziges Land hatten sich die USA unter Präsident Donald Trump im Oktober gegen die Ernennung von Okonjo-Iweala gestellt. Die neue US-Regierung hob die Blockade vergangene Woche auf und sprach Okonjo-Iweala ihr Vertrauen aus. Sie hatte sich in einem mehrmonatigen Auswahlprozess gegen Mitbewerber durchgesetzt.

Okonjo-Iweala war 25 Jahre lang bei der Weltbank in Washington, die Entwicklungs- und Aufbauprojekte in ärmeren Ländern finanziert. Seit 2003 war sie zweimal Finanzministerin und kurz Außenministerin ihres Heimatlandes. Zuletzt leitete sie den Verwaltungsrat der internationalen Impfinitiative GAVI, die zurzeit die faire Verteilung der Corona-Impfstoffe weltweit koordinieren soll. Sie folgt auf Roberto Azevêdo, der seinen Posten im Sommer 2020 vorzeitig geräumt hatte. Er wechselte zum US-Getränkehersteller Pepsico .

Okonjo-Iweala würde die Leitung der WTO in ihrer schwersten Krise seit der Gründung 1995 übernehmen. Die Organisation soll für mehr Wohlstand aller Länder durch eine Liberalisierung des Welthandels unter fairen und nachhaltigen Bedingungen sorgen. Die 2001 gestartete Doha-Welthandelsrunde ist aber gescheitert, und es gab seitdem nur wenig neue Handelsinitiativen. Das Herzstück der Organisation, die Streitschlichtung bei Handelsdisputen, ist gelähmt, weil die USA seit Jahren die Ernennung neuer Berufungsrichter blockieren. Seit Ende 2019 können deshalb keine Berufungen mehr verhandelt werden. Die US-Regierung wollte mit ihrer Haltung Reformen durchsetzen, legte aber wenig konkrete Forderungen vor. Reformbedarf sehen auch andere Länder./oe/DP/zb

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AXC0036 2021-02-15/05:49

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