Geschäftseinbruch, Milliardenverluste und Schuldenberge ungekannter Höhe: Die Corona-Pandemie hat Fluggesellschaften in aller Welt in eine Existenzkrise gestürzt. Viele haben die Reisebeschränkungen und den Einbruch des Passagiergeschäfts nur dank staatlicher Hilfsgelder in Milliardenhöhe überlebt.

Weil seine Kunden mit dem Abgrund ringen, musste auch Flugzeugbauer Airbus reagieren: Konzernchef Faury fuhr die Verkehrsflugzeug-Produktion um 40 Prozent zurück und schickte tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit. Tausende Arbeitsplätze werden gestrichen. Die Fluggesellschaften können derzeit zusätzliche Jets kaum gebrauchen - und auch nur schwerlich bezahlen. Airbus kam ihnen bei den Auslieferungsterminen entgegen und hielt die Zahl der Abbestellungen in Grenzen. Das Auftragsbuch ist weiterhin prall gefüllt, vor allem bei den Mittelstreckenjets.

Wie andere in der Branche erwartet Faury, dass der Flugverkehr erst in einigen Jahren wieder das Niveau aus der Zeit vor der Pandemie erreicht. Die Flugzeug-Nachfrage dürfte ihm zufolge erst zwischen 2023 und 2025 zu alter Stärke zurückfinden. Den Anfang dürften die Mittelstreckenjets machen. Der Bedarf an neuen Großraumjets dürfte erst später anziehen.

Angesichts der Unsicherheit überraschte es Experten um so mehr, mit welchen Plänen Faury Ende Mai an die Öffentlichkeit ging. Während die Produktion der Großraumjets A330neo und A350 vorerst weiter auf dem niedrigen Niveau aus der Krise dümpeln soll, bereitete der Konzern seine Zulieferer auf einen kräftigen Produktionsausbau bei den Mittelstreckenjets vor. So könnten von den Maschinen der A320-und der kleineren A220-Familie in wenigen Jahren so viele Exemplare gebaut werden wie nie zuvor.

Nachdem der Hersteller die Produktion der A320-Familie im vergangenen Jahr von etwa 60 auf 40 Maschinen pro Monat gedrosselt hatte, soll es Ende 2021 wieder auf 45 Exemplare nach oben gehen. Für 2023 sollen sich die Zulieferer auf eine feste Rate von monatlich 64 Jets einstellen - schon das wäre ein Rekord. Bis Anfang 2024 sollen sie sich auf 70 Maschinen pro Monat einrichten.

Zudem prüft Airbus Möglichkeiten für Raten von bis zu 75 Jets pro Monat im Jahr 2025, sofern sich der Markt weiter erholt. Dabei geht es vor allem um die spritsparende Neuauflage A320neo samt ihren kürzeren und längeren Varianten, die seit ihrer Vorstellung vor gut zehn Jahren die Verkaufsschlager des Konzerns sind.

Konkurrent Boeing <US0970231058> hat in diesem Segment lediglich die 737 im Angebot - vor allem deren Neuauflage 737 Max. Diese durfte seit März 2019 nach zwei tödlichen Abstürzen weltweit über eineinhalb Jahre lang nicht mehr starten. In vielen Ländern wie den USA und der Europäischen Union darf der Typ nach einigen Verbesserungen inzwischen wieder abheben. Boeing will die 737-Produktion nun bis Anfang 2022 auf 31 Maschinen pro Monat hochfahren und liegt damit weit unter Airbus' Plänen für die A320-Reihe.

Derweil stellt sich der europäische Hersteller auch bei der kleineren A220 auf deutliche Steigerungen ein: Von derzeit fünf Maschinen soll es zunächst Anfang kommenden Jahres auf sechs pro Monat nach oben gehen und auf 14 Flugzeuge monatlich bis Mitte des Jahrzehnts. Bei den großen Langstreckenjets der A350-Familie hingegen soll die Monatsrate von derzeit fünf Flugzeugen bis Herbst 2022 lediglich auf sechs steigen. Die etwas kleinere A330neo bleibt vorerst bei zwei Exemplaren pro Monat.

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