Abermals schwache Autowerte haben am Donnerstagnachmittag den deutschen Aktienmarkt in Schach gehalten. Der Dax gab um 0,15 Prozent auf 13 412,75 Punkte nach. Er tut sich nach der Unterzeichnung des ersten Handelsabkommens zwischen den USA und China mit einer Richtungsfindung weiter schwer. Am Vormittag war das Leitbarometer noch bis auf fast 13 500 Zähler gestiegen, ehe die Kurse bröckelten.

Der MDax der mittelgroßen Börsenwerte notierte mit plus 0,03 Prozent und 28 415,88 Punkten kaum verändert. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,1 Prozent nach unten. Investment-Chef Mark Haefele vom Vermögensverwalter UBS sagte, der erste Deal im Handelsstreit beruhige, bedeute aber noch kein Ende der Spannungen.

"Die Aktien aus dem Automobilsektor sind erneut der Spielverderber im Dax", sagte Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. Die Ergebnisse des Phase-Eins-Deals seien für viele institutionelle Investoren nur Makulatur. Insbesondere die weiterhin bestehenden Strafzölle belasteten die deutschen Autobauer. Vor dem Handelsabkommen sei über eine Entspannung in diesem Segment spekuliert worden und nun seien die Marktteilnehmer enttäuscht, führte Lipkow aus.

Continental verloren als Schlusslicht im Dax 2 Prozent. Volkswagen und BMW fielen jeweils um 1,6 Prozent, Daimler gut 1 Prozent. Im MDax waren Hella und Dürr mit Abschlägen von jeweils mehr als 3 Prozent ganz hinten. Medienberichte, wonach die US-Regierung mit Strafzöllen auf Autos aus der EU drohen könnte, um im Atomstreit mit dem Iran Druck auf Europas Regierungen zu machen, trübte die Stimmung im Autosektor zusätzlich.

Schwach waren nach Umsatzzahlen auch Beiersdorf mit minus 1,4 Prozent. Vor allem wegen der Schwäche der Klebstoffsparte Tesa habe der Konsumgüterhersteller die Markterwartungen verfehlt, schrieb Jefferies-Analystin Molly Wylenzek. Wie üblich zu diesem Zeitpunkt sei der Ausblick noch vage. Die Margen könnten aber weiter unter Druck geraten, glaubt die Expertin. Die Analysten von Goldman Sachs und UBS blieben nach der Zahlenvorlage bei ihren Verkaufsempfehlungen.

Platz eins im Dax sicherten sich abermals Wirecard mit einem Aufschlag von mehr als 6 Prozent. Allein in dieser Woche haben sich die Titel des Zahlungsabwicklers nun schon um mehr als 16 Prozent verteuert. Begonnen hatte die Erholung mit der Nachricht des Wechsels an der Aufsichtsratsspitze. Ein Händler führte für die Kursgewinne auch das Eindecken leer verkaufter Aktien als Grund an.

Die RWE-Aktien legten um 1,5 Prozent zu. Betreiber von Kohlekraftwerken bekommen Milliardenentschädigungen für das vorzeitige Abschalten ihrer Anlagen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte am Donnerstag in Berlin, Betreiber westdeutscher Kraftwerke erhielten 2,6 Milliarden Euro, Betreiber von Anlagen im Osten 1,75 Milliarden. Eon gewannen im Kielwasser von RWE am Donnerstag 0,9 Prozent.

Der Batteriehersteller Varta baut wegen der ungebrochen steigenden Nachfrage nach Lithium-Ionen-Zellen seine Produktion schneller als ursprünglich gedacht aus. An der MDax-Spitze reagierten die Aktien darauf mit einem Plus von mehr als 6 Prozent.

Kursaufschläge von fast 4 Prozent verbuchten im SDax die Anteile des Kochboxenversenders Hellofresh , der im abgelaufenen Jahr bei Umsatz und Gewinn die eigenen Erwartungen übertroffen hatte. Am Vormittag hatten die Anteile noch wesentlich mehr dazu gewonnen und mit 23,65 Euro ein Rekordhoch markiert. Innerhalb von nur fünf Monaten hat sich der Kurs nun mehr als verdoppelt. An der Index-Spitze gewannen die Papiere des auf Tierbedarf spezialisierten Online-Händlers Zooplus nach Insider-Käufen ebenfalls mehr als 4 Prozent.

Die Kurse deutscher Bundesanleihen legten zu. Die Umlaufrendite sank im Gegenzug auf minus 0,26 Prozent von minus 0,25 Prozent am Mittwoch. Der Rentenindex Rex stieg um 0,03 Prozent auf 143,88 Punkte. Der Bund Future sank um 0,01 Prozent auf 171,61 Zähler.

Der Euro rückte weiter vor und kostete zuletzt 1,1165 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Euro-Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,1142 Dollar festgesetzt./ajx/mis

--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---

 ISIN  DE0008469008  EU0009658145  DE0008467416

AXC0230 2020-01-16/14:37

Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.