FRANKFURT (dpa-AFX) - Am Tag des großen Verfalls an den Terminbörsen
bleiben deutsche Aktien unter Druck. Kurz vor dem Auslaufen der
Index-Kontrakte fiel der Dax gegen Mittag um 0,96
Prozent auf 13 851,29 Punkte. Belastet von den wieder aufgeflammten
Zinssorgen knüpfte er an seine Schwäche vom Vortag an und
egalisierte weitere Kursgewinne, die er seit dem 10. November
erkämpft hatte. Aktuell steuert der Leitindex auf ein Wochenminus
von 3,6 Prozent zu.
Der MDax verlor zur Mittagszeit 1,36 Prozent auf 24
944,90 Zähler, während sich der Eurozonen-Index EuroStoxx 50
mit etwa einem Prozent im Minus bewegte. An den
US-Börsen zeichnen sich derweil auch Kursverluste von mehr als einem
Prozent ab.
Am Vortag war "das Zinsgespenst zurückgekehrt", so formulierte es
Marktbeobachter Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.
Anleger machen sich derzeit wieder stärkere Sorgen, dass die Zinsen
weiter steigen und 2023 eine drohende Rezession verschärfen könnten.
Diese Gedanken hatte am Vortag die Europäische Zentralbank mit der
Ankündigung weiterer deutlicher Zinserhöhungen verstärkt.
"Der Appetit auf risikoreichere Anlagen lässt nach", urteilte
Analyst Pierre Veyret vom Broker ActivTrades. Die Gewissheit, dass
der Kampf gegen die Inflation für die Zentralbanker weiterhin
Priorität hat, setze den Börsen zu. Die Schwäche kann am Freitag
außerdem mit dem laut Altmann "größten und wichtigsten Verfallstag
des Jahres" zu tun haben. Dabei versuchen Investoren für gewöhnlich,
die Kurse taktisch in eine für sie günstige Richtung zu bewegen.
Aktienseitig gibt es nur vereinzelt Grund zur Freude: Die Papiere
der Deutschen Bank etwa legten ein Prozent zu, da
Banken in ihrem Alltagsgeschäft mit Konten und Krediten von
steigenden Zinsen durchaus profitieren können. Der Sektorindex der
Banken war denn auch in der europäischen Branchenwertung der einzige
Gewinner.
Die wieder größer gewordenen Zinssorgen der Anleger belasteten
umgekehrt Immobilienwerte. Die Investmentbank Stifel nahm die
geldpolitischen Unsicherheiten am Freitag zum Anlass, um den
deutschen Sektor auf "Neutral" abzustufen. Für TAG Immobilien
gab er seine Kaufempfehlung auf, die Papiere schlugen
sich mit minus 1,6 Prozent aber noch relativ gut. Größere
Kursverluste von etwa vier Prozent gab es unter anderem bei dem
Dax-Wert Vonovia .
Die Teamviewer -Aktien legten zwar 3,8 Prozent zu,
relativierten dabei aber deutlich ihr Anfangsplus von über zehn
Prozent. Der auf Fernwartung spezialisierte Softwareanbieter hat
sich - wie zuletzt schon spekuliert wurde - die laute Kritik von
Investoren zu Herzen genommen und eine Ausstiegsmöglichkeit aus dem
teuren Sponsorvertrag mit dem englischen Fußballclub Manchester
United ausgehandelt. Laut dem DZ-Bank-Experten Armin Kremser wurde
viel Fantasie dafür zuletzt aber schon eingepreist.
Ansonsten waren die Papiere von Südzucker noch eine
positive Ausnahme mit einem Anstieg um fast sechs Prozent. Sie
knüpften damit an ihren guten Lauf im späten Donnerstagshandel an,
als eine neue Prognose für das kommende Geschäftsjahr bei Anlegern
gut angekommen war. Der Kurs sprang am Freitag zeitweise auf ein
Hoch seit Juli.
Eine belastende Rolle spielten Analystenkommentare: Die Papiere von
Morphosys branchen um 17 Prozent ein nach einer
Verkaufsempfehlung der US-Bank Goldman Sachs. Erstmals seit 2009
konnten sie wieder zu Kursen von fast 12 Euro erworben werden.
Analyst Rajan Sharma begründete seinen Pessimismus mit
wirtschaftlichen Herausforderungen und einer dünnen
Medikamenten-Pipeline.
Die Aktien von Ceconomy , die am Vortag schon
eingebrochen waren, rutschten weiter um vier Prozent ab. Sie
erreichten den niedrigsten Stand seit fast sechs Wochen. Hier gab
die Investmentbank Oddo BHF das Urteil "Underperform" ab. Dem
Elektronikhändler stehe ein unsicheres Jahr 2023 bevor, schrieb
Analyst Andreas Riemann in einer am Freitag vorliegenden Studie. Die
Profitabilität sei weiter zu niedrig./tih/mis
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---
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