FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit frischem Wind durch die Signale der
Europäischen Zentralbank (EZB) hat der Dax auch am
Freitag Stärke bewiesen. Die Anleger schöpfen neuen Mut und hoffen
auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus der Euro-Währungshüter. Der
bereits tags zuvor aufgeblühte Dax näherte sich im Tagesverlauf
dicht der Marke von 16 000 Zählern an. Zu einem Sprung über die
psychologisch wichtige Hürde reichte es aber nicht. Am Nachmittag
notierte das Börsenbarometer mit 0,79 Prozent bei 15 930,24 Zählern,
als Stütze erwiesen sich unter anderem die tags zuvor gefallenen
Autowerte.
Für den MDax der mittelgroßen Unternehmenswerte ging
es um 0,48 Prozent auf 27 458,15 Zähler nach oben. Auf europäischer
Bühne zog der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 um
0,72 Prozent auf 4310,40 Punkte an.
Nach der zehnten Leitzinserhöhung der EZB infolge hatte sich am
Vortag am Markt die Ansicht durchgesetzt, wonach der straffe
Anhebungskurs der Währungshüter ein Ende gefunden haben dürfte. Vor
dem Wochenende mehrten sich allerdings auch wieder mahnende Stimmen,
denn eine Garantie für einen sogenannten "Zinsdeckel" gibt es nicht.
Marktbeobachter Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets warnt denn auch
die Investoren davor, in Sachen Geldpolitik bereits zu optimistisch
zu werden. Das könne sich als Fehler erweisen.
Der Blick der Marktteilnehmer richtet sich in die kommende Woche,
dann entscheidet die US-Notenbank Fed über ihren Leitzins. Der
Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, geht davon aus, dass
anders als in der Eurozone die US-Währungshüter das Zinsniveau
beibehalten - das im Vergleich aber auch bereits höher liegt. "Die
Inflation und der Arbeitsmarkt bewegen sich aus der Sicht der Fed in
die richtige Richtung, daher dürften weitere Zinsanhebungen nicht
notwendig sein", schrieb Krämer. Er erwartet in einer "nicht allzu
fernen Zukunft" erste Zinssenkungen in den USA.
Auf Unternehmensseite hierzulande standen die Immobilienwerte auf
den Verkaufslisten. Anleger dürften nun Gewinne mitnehmen, nachdem
der zinsempfindliche Sektor am Vortag im Zuge des EZB-Entscheids
weiter hochgeschossen war. Die stark kreditfinanzierte Branche
leidet seit geraumer Zeit unter dem hohen Zinsniveau, das auf die
Bewertungen drückt, sowie steigenden Baukosten. Vonovia
-Papiere verloren als Dax-Schlusslicht knapp 2,9
Prozent, die LEG und TAG Immobilien je
rund zweieinhalb Prozent.
Den ersten Platz im Leitindex sicherten sich am Nachmittag die
Anteile am Chemikalienhändler Brenntag mit gut 2,3
Prozent Plus. Zeitweise ging es bis auf ein Hoch seit Februar 2022.
Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne kaufte über seine in der
Schweiz ansässige Kühne Holding weiter zu und hält laut einer
Stimmrechtsmitteilung inzwischen mindestens 10 Prozent an Brenntag.
Einen weiteren Ausbau der Beteiligung schloss Kühne nicht aus.
Nach ihrer Schwäche am Vortag waren Autowerte wieder gefragt, am
deutlichsten verteuerten sich im Dax die BMW -Anteile
mit 2,1 Prozent und Mercedes-Benz mit 1,8 Prozent.
Daneben mischten Pharmawerte und deren Zulieferer ganz vorne mit,
die Anteile des Medizintechnikspezialisten Siemens
Healthineers etwa verteuerten sich um gut zwei
Prozent. Aktien des Laborzulieferer Sartorius bauten
ihre Kurserholung mit plus eineinhalb Prozent aus, nachdem sie in
dieser Woche auf das tiefste Niveau seit Ende Juli gefallen waren.
Auch Fresenius und Merck-Aktien stiegen klar.
Auffällig starke Kursbewegungen gab es in den hinteren Börsenreihen.
Morphosys -Papiere schossen zeitweise auf ein Hoch
seit Anfang 2022, dämmten ihr Plus aber auf zuletzt 3,7 Prozent ein.
Hier sorgte ein aufgegebenes negatives Votum der US-Bank Goldman
Sachs für Schub. Analyst Rajan Sharma zeigte sich mit Blick auf das
Marktpotenzial des Krebsmittels Pelabresib noch optimistischer und
erhöhte seine Schätzungen. Das Mittel ist der größte Hoffnungsträger
der Bayern und befindet sich in der klinischen Forschung. Nach
bereits guten Nachrichten zu einem weiteren Krebsmittel in dieser
Woche kann sich die bisherige Jahresbilanz mit 130 Prozent Kursplus
sehen lassen, allerdings war das Papier in den vergangenen drei
Jahren auch auf einen Bruchteil eingebrochen.
Baywa -Papiere katapultierte ein Analystenkommentar
auf ein Hoch seit Anfang August, mit einem Aufschlag von acht
Prozent waren sie Spitzenreiter im SDax der kleineren
Unternehmenswerte. Baader-Analyst Rene Rückert gab für den
Agrarhandelskonzern in einer Ersteinschätzung eine Kaufempfehlung
ab. Ihm zufolge winkt mit dem neuen Konzernchef und weiterer Treiber
eine Neubewertung der zuletzt von Investoren oft übersehenen Aktien.
Der Euro erholte sich etwas von seinem am Vortag
markierten halbjährigen Tiefstand und notierte zuletzt bei 1,0649
US-Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs zuletzt am Donnerstag auf
1,0730 Dollar festgesetzt.
Die Kurse deutscher Bundesanleihen veränderten sich vor dem
Wochenende kaum. Im Rentenhandel verharrte die Umlaufrendite bei
2,68 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,04
Prozent auf 123,40 Punkte. Der Bund-Future verlor
0,53 Prozent auf 130,40 Zähler./tav/jha/
--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008 EU0009658145 DE0008467416
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