FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Schwung am deutschen Aktienmarkt ist nach
dem starken Vortag am Mittwoch erlahmt. Um die Mittagszeit
verzeichnete der Leitindex Dax ein Plus von 0,09
Prozent auf 14 198,80 Punkte, während es für den MDax
der mittelgroßen Unternehmen um 0,15 Prozent auf 29 415,32 Punkte
nach oben ging. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50
verlor 0,12 Prozent auf 3737,06 Zähler.
"Es ist noch nicht an der Zeit, den Gesamtmarkt zu kaufen, und so
kann sich die aktuelle Erholungsphase tatsächlich schnell als
Eintagsfliege erweisen", kommentierte Experte Andreas Lipkow. "Der
Dax befindet sich in einer sehr wichtigen Börsenphase in der es um
Sekt oder Selters für die Marktteilnehmer in den kommenden
Handelstagen geht."
Andere Marktteilnehmer thematisierten die Zweischneidigkeit guter
Konjunkturdaten für die Börsen. Während die Experten der Commerzbank
sie als Kurstreiber hervorhoben, erinnerte die niederländische Bank
ING daran, dass eine gute Wirtschaftsentwicklung auch den Spielraum
der Notenbanken für eine geldpolitische Straffung erweitert. Die
hohen Verbraucherpreise bleiben das große Problem. Steigende Zinsen
begünstigen tendenziell festverzinsliche Wertpapiere wie Anleihen
gegenüber Aktien.
Unternehmensseitig standen Übernahmen und Geschäftszahlen im Fokus.
Dass Siemens Energy Überlegungen über eine
Komplettübernahme der spanischen Windkrafttochter Siemens Gamesa
bestätigte, ließ die Aktien des
Energietechnikkonzerns im MDax um über zwei Prozent steigen. Man
erwäge ein Kaufangebot in bar, um die Tochter im Anschluss
potenziell von der Börse zu nehmen, teilte Siemens Energy mit. Es
sei aber noch keine Entscheidung getroffen worden. Zudem gebe es
keine Gewissheit, ob es zu einem Deal kommen werde oder nicht. Zuvor
hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über die Pläne berichtet.
Die Übernahme, über die schon lange spekuliert worden war, wäre laut
Händlern strategisch sinnvoll. Damit würde Siemens Energy seine
Anstrengungen verstärken, eine Trendwende bei der Problem-Tochter
herbeizuführen. Die Siemens-Gamesa-Aktien an der Börse in Madrid
waren zeitweise vom Handel ausgesetzt und gewannen zuletzt 13
Prozent.
Von der Nachricht profitierten auch andere Papiere aus dem Bereich
Erneuerbare Energien: Die Anteilsscheine der
Siemens-Gamesa-Konkurrentin Nordex gewannen im
Nebenwerte-Index SDax rund zwei Prozent und jene des
Windpark-Betreibers Encavis fast drei Prozent. Der
Dax-Spitzenreiter RWE verbuchte zuletzt ein Kursplus
von knapp drei Prozent. Dies reichte bei dem Energiekonzern für das
höchste Kursniveau seit 2011. Die Windkraft-Branche blickt zur
Wochenmitte auch gespannt auf einen in Dänemark anstehenden
europäischen Windenergie-Gipfel, auf dem es um den Ausbau der
Windenergie in der Nordsee gehen soll.
Bei der Commerzbank sorgte das Thema Übernahme
ebenfalls für etwas Rückenwind. Die Aktien gewannen 1,7 Prozent,
nachdem die "Financial Times" berichtet hatte, dass die italienische
Unicredit vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs einen Kauf
der Konkurrentin und die Zusammenlegung mit der deutschen Tochter
Hypo Vereinsbank erwogen habe. Einem Börsianer zufolge ist das Thema
zwar aufgeschoben, aber noch nicht vom Tisch: "Die Fusionsfantasie
ist zurück."
Dagegen büßten Dermapharm-Titel nach Zahlen gut sechs
Prozent auf 48,40 Euro ein. Bei 46,94 Euro hatten sie zeitweise
sogar den tiefsten Stand seit November 2020 markiert. Experte
Alexander Thiel vom Analysehaus Jefferies attestierte dem
Arzneimittelhersteller ein durchwachsenes erstes Quartal.
Außerhalb der deutschen Aktienindizes büßten Cropenergies-Titel
knapp viereinhalb Prozent ein, nachdem der
Biosprit-Hersteller seine Jahresbilanz vorgelegt hatte. Die Aktien
des SDax-notierten Wettbewerbers Verbio verbilligten
sich am SDax-Ende um fast sechseinhalb Prozent. Börsianer verwiesen
auf konkretisierte Pläne einer Abschaffung von Biokraftstoffen der
Bundesregierung./gl/jha/
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
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