Vor dem Wochenende sind die Anleger am deutschen Aktienmarkt nach der jüngsten Erholung vom Corona-Crash wieder vorsichtiger geworden. Vor dem Wochenende scheuten sie das Risiko. Die 10 000-Punkte-Marke, die der Dax am Vortag noch hinter sich gelassen hatte, rückte am Freitag wieder in die Ferne.

Der deutsche Leitindex weitete am Nachmittag seine Verluste aus und notierte zuletzt 3,18 Prozent tiefer bei 9683,20 Punkten. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 3,62 Prozent auf 20 651,19 Zähler nach unten. Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone verlor 3,6 Prozent.

Die Marktteilnehmer seien weiter sehr nervös, sagte Experte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. In den USA befinde sich die Coronavirus-Pandemie noch in der Beschleunigungsphase und führe zu hohen Infektionszahlen. Die schwachen Eröffnungskurse an der Wall Street spiegelten dies wider und diesem Trend könne sich auch der deutsche Finanzmarkt nicht entziehen.

Der US-Leitindex Dow Jones Industrial hatte allerdings am Vortag angesichts eines billionenschweren US-Konjunkturpakets und positiv interpretierter Aussagen der US-Währungshüter um mehr als 6 Prozent zugelegt und damit binnen drei Tagen knapp 4000 Punkte zurückerobert, womit er allein in dieser Woche schon wieder um fast 18 Prozent zugelegt hatte.

Auch für den Dax sieht es auf Wochensicht noch recht gut aus; es zeichnet sich aktuell ein Zuwachs von mehr als 8 Prozent ab. Seit dem Krisentief aus der Vorwoche beläuft sich die Erholung sogar auf mehr als 17 Prozent.

Die Profiteure der Virus-Krise hatten am letzten Handelstag der Woche wieder die Nase vorn. So gewannen im SDax die Anteile von Drägerwerk fast 8 Prozent. Die Lübecker stellen Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung her. Hier sieht das Unternehmen eine weltweit deutlich gesteigerte Nachfrage. Teamviewer notierten unter den besten Werten im MDax unverändert.

Vorne im Dax mit sehr geringen Abschlägen fanden sich Werte defensiver Natur wie jene des Versorgers Eon und des Dialyseanbieters FMC . Auto- und Finanzwerte waren dagegen auf der Verliererseite. Deutsche Bank und Daimler waren sehr schwach mit Abschlägen von jeweils um die 8 Prozent. Die Aktien der Norma Group hoben sich im SDax indes mit plus 11 Prozent nach einer positiven Analystenstimme positiv vom schwachen Autosektor ab.

Weiter unter Druck geriet der Immobiliensektor . Experten befürchten, dass eine Rezession den Boom am Häusermarkt beenden könnte. So gaben denn auch Branchenwerte wie Vonovia , Aroundtown , Instone oder Deutsche Euroshop um teils bis 9 Prozent nach. Beim Einkaufszentren-Betreiber Deutsche Euroshop setzten Einzelhändler Mietzahlungen aus.

Nach einer Reihe von Jahresbilanzen in den vergangenen Tagen war am Freitag diesbezüglich kaum etwas zu erwarten. Allerdings nehmen immer mehr Konzerne ihre Ausblicke zurück und äußern sich zur Dividende. So will der Gabelstaplerhersteller Kion seinen Aktionären für 2019 so gut wie nichts ausschütten. Zusammen mit einer zurückgenommenen Unternehmensprognose und einem Produktionsstopp belastete dies die Aktien, sie verloren gut 6 Prozent. Die Anteile des Konkurrenten Jungheinrich sackten um 7 Prozent ab.

Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 ändert Strategie und Unternehmensführung. Man werde das operative Geschäft wieder stärker auf den Unterhaltungssektor in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausrichten, teilte der Konzern mit. Im Zuge dessen scheidet der bisherige Vorstandschef Max Conze aus dem Unternehmen aus. Finanzvorstand Rainer Beaujean übernimmt zusätzlich das Amt des Vorstandssprechers. Darauf zogen die ProSieben-Papiere stark an, zuletzt notierten sie aber nur nich 1 Prozent fester.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,32 Prozent am Vortag auf minus 0,44 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,67 Prozent auf 145,04 Punkte. Der Bund-Future gewann 1,06 Prozent auf 172,83 Zähler.

Der Euro kostete am Nachmittag 1,0957 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuletzt am Donnerstag auf 1,0981 Dollar festgesetzt./ajx/jha/

--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---

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