Nach der jüngsten Rally am Aktienmarkt haben
die Anleger am Donnerstag durchgeschnauft. Selbst die unerwartet
hohe neue Schützenhilfe der Europäischen Zentralbank (EZB) konnte
die Kauflaune der Investoren nur kurzzeitig beleben. Der zuvor
bereits unter Ermüdungserscheinungen leidende Dax
fiel nach einem kurzen Ausflug in die Gewinnzone bis auf ein
Tageshoch bei 12 558 Punkten wieder deutlich zurück. Zuletzt lag der
Leitindex mit 0,67 Prozent im Minus bei 12 403,17 Punkten. Zuvor
hatte bereits das Konjunkturpaket der Bundesregierung dem Markt
keine positiven Impulse mehr geben können.
Allerdings war der Dax auch in Erwartung neuer Milliardenspritzen
allein in den vergangenen beiden Tagen um rund 1000 Punkten
gestiegen. Antriebsfeder der Investoren bleibt die Wette auf eine
schnelle wirtschaftliche Erholung von der Krise. Die aktuelle
Aufholjagd sorgt dafür, dass der Corona-Crash immer mehr ausgebügelt
wird, wenngleich viele Marktbeobachter Besorgnis äußern. "Die Luft
wird zunehmend und die derzeitigen Bewertungsniveaus lassen sich
fundamental nicht mehr argumentieren", warnte etwa Andreas Likpow
von der Comdirect Bank.
Der MDax verlor zuletzt mit 0,19 Prozent auf 26
625,48 Zähler etwas weniger als der Dax. Der Eurozonen-Leitindex
EuroStoxx gab gut ein halbes Prozent nach.
Europas Währungshüter legen derweil im Kampf gegen die beispiellosen
wirtschaftlichen Folgen der Pandemie noch einmal nach und erhöhen
ihr Corona-Notkaufprogramm für Anleihe um 600 Milliarden auf nunmehr
1,35 Billionen Euro. Fachleute hatten zuvor mit weiteren 500
Milliarden Euro gerechnet. Die Mindestlaufzeit des Kaufprogramms
wird zudem um ein halbes Jahr bis Ende Juni 2021 verlängert.
Auf Unternehmensseite brachten die neuen EZB-Hilfen auch die Kurse
der Banken nur kurz in Fahrt. HeidelbergCement
schafften es am Tag der Hauptversammlung bis zum Mittag mit einem
Plus von dreieinhalb Prozent an die Dax-Spitze, damit setzten die
Papiere ihre Rally der vergangenen Tage weiter fort. Dabei ließ es
die Anleger kalt, dass der Baustoffekonzern weiterhin keinen
Ausblick für das Jahr geben will. Dagegen gab Adidas
positive Signale zum China-Geschäft, wo der Sportartikelhersteller
nach dem Lockdown wieder gut aus den Startlöchern kommt. Die Papiere
profitierten von diesen Aussagen mit knapp einem Prozent Plus.
Am anderen Index-Ende belastete die Enttäuschung über das geplanten
Konjunkturprogramm der Bundesregierung die zuletzt stark gelaufene
Autobranche. Die Koalition hatte sich gegen eine Kaufprämie für
Benziner und Dieselautos entschieden, aber für deutlich höhere
Prämien für Elektroautos. Die Autowerte erwischte es mit einem Minus
von bis zu dreieinhalb Prozent bei den Daimler
-Papieren, Reifenhersteller Contintal verlor
viereinhalb Prozent. Bei den Zulieferern drückte zudem eine
Verkaufsempfehlung von Oddo BHF für die Hella
-Papiere, die mit gut fünf Prozent Abschlag zu den
größten Verlierern im MDax gehörten.
Bayer -Aktien fanden sich mit einem Minus von rund
zweieinhalb Prozent ebenfalls unter den schwächsten Dax-Werten
wieder. Für die Verluste sorgten Nachrichten aus den USA, wo ein
Gericht eine unter Einschränkungen erteilte Zulassung des
Unkrautvernichters Dicamba des Konzerns wieder aufgehoben hatte.
Lufthansa zollten ihrem starken Vortag Tribut und
rutschten auch angesichts gemischt ausfallender Analystenkommentare
um zwei Prozent ab. Börsianer bereiten sich derweil auf ein
Ausscheiden der Airline aus dem Dax vor. Die Deutsche Börse
gibt die Ergebnisse der Index-Überprüfung am späten
Abend nachbörslich bekannt.
Im MDax gehörten die Papiere des Dax-Aspiranten Deutsche Wohnen
mit knapp eineinhalb Prozent zu den Bestläufern - es
wird erwartet, dass der Immobilienkonzern die Lufthansa in der
ersten Börsenliga ersetzen wird.
Auch der Euro war nach dem EZB-Entscheid nur kurz
angesprungen, zuletzt gab die europäische Einheitswährung wieder
leicht nach. Sie wurde wurde am Nachmittag mit 1,1230 US-Dollar
gehandelt. Am Vortag war der Euro noch bis auf 1,1257 Dollar
gestiegen, was den höchsten Stand seit Mitte März bedeutete. Die
Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf
1,1194 (Dienstag: 1,1174) Dollar festgesetzt.
Deutsche Bundesanleihen sind am Donnerstag im Kurs tendenziell
gefallen. Der Rentenindex Rex gab um 0,19 Prozent auf
144,14 Punkte nach, die Umlaufrendite jedoch stieg im Gegenzug von
minus 0,37 am Vortag auf minus 0,35 Prozent. Der Bund-Future
lag mit 0,06 Prozent im Minus bei 170,90
Punkten./tav/fba
--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---
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