FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat am Donnerstag seine
Jahresauftaktrally fortgesetzt und ist auf den höchsten Stand seit
einem Jahr geklettert. Zahlreiche starke Quartalsberichte samt
angehobener Jahresziele stützten. Die Inflationsdaten für
Deutschland fielen ebenfalls etwas besser als prognostiziert aus,
auch wenn der Preisauftrieb nach wie vor sehr hoch ist. Hinzu kommt,
dass auch in den USA zum Handelsstart Gewinne erwartet werden.
Am Nachmittag stieg der deutsche Leitindex um 1,26 Prozent auf 15
606,35 Punkte. Der MDax der mittelgroßen Werte legte
um moderatere 0,21 Prozent auf 29 281,18 Punkte zu. Europaweit ging
es ebenfalls aufwärts. "Die Hoffnungsrally geht weiter, obwohl
fundamental große Zweifel bestehen", konstatierte Salah-Eddine
Bouhmidi, Head of Markets bei IG.
In Deutschland bleibt die Inflation hoch, stieg aber im Januar nicht
ganz so stark wie von Fachleuten prognostiziert. "Der Scheitelpunkt
des großen Inflationsschubs ist erreicht", schrieb Friedrich
Heinemann, Ökonom beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.
Trotzdem wird die Europäische Zentralbank (EZB) laut Thomas Gitzel,
Volkswirt bei der Liechtensteiner VP Bank, zunächst an ihrem
geldpolitischen Straffungskurs festhalten müssen, da die
Teuerungsraten noch immer weit über den Zielen der Währungshüter
liegen.
Unternehmensseitig standen zahlreiche Quartalsberichte und Ausblicke
im Fokus der Anleger, die überwiegend überzeugten. So startete der
Technologiekonzern Siemens stark in sein neues
Geschäftsjahr 2022/23 und wurde optimistischer für das Gesamtjahr.
Dabei konnten die Digitalisierungsgeschäfte Schwächen in der
Zugsparte sowie bei der Medizintechniktochter Siemens Healthineers
mehr als ausgleichen. Die Aktien sprangen mit plus
7,4 Prozent an die Dax-Spitze.
Die Aktien von Fresenius setzten sich nach einem
Bericht der "Wirtschaftswoche" auf den zweiten Platz im Dax. Sie
zogen um 5,3 Prozent hoch und erreichten den höchsten Stand seit
Juli. Laut dem Magazin verhandelt der neue Konzernchef Michael Sen
mit der Großaktionärin Else-Kröner-Fresenius-Stiftung über die
komplette Entflechtung von Fresenius und deren Dialyse-Tochter FMC
. Sens Ziel ist laut Insidern, dass Fresenius die
Kontrolle über FMC abgibt, damit die Tochter nicht mehr voll in die
eigenen Geschäftszahlen eingerechnet werden müsse.
Um 2,5 Prozent ging es für die Anteile der Deutschen Börse
nach oben. Ein reger Handel an den Finanzmärkten, die
Kapriolen beim Gaspreis, höhere Zinsen und Zukäufe hielten das
Dax-Unternehmen auf Rekordkurs. Der Betreiber von Handelsplattformen
verdiente im vergangenen Jahr so viel wie noch nie, wobei in allen
wichtigen Bereichen die Geschäfte besser liefen.
Die Bayer -Aktien gaben nach frühen Gewinnen als
Dax-Schlusslicht um 1,9 Prozent nach. Allerdings: Allein in der
vergangenen Woche waren sie um etwas mehr als 15 Prozent gestiegen.
Im Blick stand nun, dass sich der Pharma- und Agrarchemiekonzern
früher als vorgesehen vom umstrittenen Noch-Chef Werner Baumann (60)
trennt. Zugleich wurde am Mittwochnachmittag bereits der Nachfolger
vorstellt: Der ehemalige Pharmachef des Rivalen Roche
, Bill Anderson (56), soll das Ruder ab Anfang Juni
übernehmen.
Im MDax zählten die Papiere des Biokraftstoff-Herstellers Verbio
mit plus 3,1 Prozent zu den Favoriten, während die
des Essenslieferanten Delivery Hero mit minus 6,5
Prozent an das Ende sackten. Verbio steigerte den Umsatz im ersten
Geschäftshalbjahr, konnte aber seine Kosten nicht voll an die Kunden
weitergegeben. Analysten sprachen dennoch von einem besser als
befürchtetem Zahlenwerk. Delivery Hero enttäuschte dagegen deutlich.
Unter anderem wegen negativer Währungseffekte sei der
Bruttowarenwert des Essenslieferdienstes hinter den Erwartungen
zurückgeblieben, schrieb Analystin Sherri Malek von der kanadischen
Bank RBC.
Im SDax stachen die Papiere der Shop Apotheke
mit einem Minus von 7,5 Prozent heraus. Die Schweizer
Bank Credit Suisse hatte die Aktie gleich doppelt von "Outperform"
auf "Underperform" abgestuft. Das Kursziel wurde von 75 auf 42 Euro
gekappt. Unter den zwei börsennotierten Online-Apotheken Shop und
Zur Rose bleibe erstere zwar das klar besser
aufgestellte Unternehmen, den Vorzug bekomme nun aber die Aktie der
Konkurrentin, schrieb Analyst Olivier Calvet. Die Bewertung der
Shop-Apotheke-Aktie sei sehr hoch und das Selbsthilfepotenzial
deutlich geringer als bei dem Schweizer Unternehmen.
Der Euro wurde am Nachmittag mit 1,0770 US-Dollar
gehandelt. Die EZB hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,0735
Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,35
Prozent am Vortag auf 2,28 Prozent. Der Rentenindex Rex
stieg um 0,21 Prozent auf 125,99 Punkte. Der
Bund-Future legte um 0,61 Prozent auf 137,14 Punkte
zu./ck/jha/
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
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