
Banken lassen Kunden im Zinstief hängen (Gottfried Urban)
09.03.2023 | 11:17
Die europäische Zentralbank hat die Leitzinsen vom Zinstief um drei Prozentpunkte angehoben. Das gilt auch für den Einlagenzins, den Banken bei der Zentralbank für das Parken von Geld bekommen. Bei den Sparern ist von der Zinswende bisher wenig angekommen. Die Kreditinstitute können also wieder risikofrei Geld verdienen.
Die aktuelle Bundesbankstatistik und andere Auswertungen zeigen, dass Banken die Zinsanhebungen auf der Kreditseite unmittelbar und nahezu vollständig durchreichen. Doch beim Einlagenzins passierte für Bestandskunden noch sehr wenig – abgesehen von einigen Lockangeboten für Neugelder. Im Februar zahlten Sparkassen und Genossenschaftsbanken im Schnitt nur ca. 0,1 Prozent auf Tagesgeldeinlagen. Über alle Bankengruppen gesehen, wurde seit November 2022 von Null auf knapp 0,7 Prozent erhöht.
Die Kreditinstitute können also wieder risikofrei Geld verdienen. Für den Sparkassen- und Genossenschaftssektor ergibt sich aus der Differenz zwischen der durchschnittlichen Vergütung von Tagesgeldeinlagen der Kunden zum EZB-Bankeneinlagenzins eine risikofreie Marge von 2,4 Prozent.
Täglich fällige Gelder und Termingelder bis zu einem Jahr von Nichtbanken, summieren sich laut dem aktuellen Bundesbankbericht allein bei den Sparkassen und Volksbanken auf ca. 1500 Mrd. Euro. Ein Teil davon kann als Einlage bei der EZB oder im Interbankenmarkt mit der genannten Marge angelegt werden. Einfacher oder mehr können die Banken mit anderen Dienstleistungen kaum verdienen. Entsprechend gering ist ihre Motivation, Bestandskunden marktgerechte Einlagenzinsen oder lukrative Anleihen anzubieten. Kunden und Kundinnen sollten auf marktgerechte Zinsen für das geparkte Guthaben bestehen oder sich nach Alternativen umschauen.
Mit Floatern bleibt man nah’ am Marktzins.
Mindestens so sicher wie eine Bankeinlage sind deutsche Staatspapiere. Ohne betragsmäßige Beschränkung können Privatleute Deutschlandanleihen erwerben. Diese rentieren bei einjähriger Restlaufzeit mit drei Prozent - bei jederzeitiger Verfügbarkeit zu Marktpreisen. Eine weitere Option: Variabel verzinste Anleihen oder Floater mit regelmäßiger Marktzinsanpassung. Selbst nach Abzug von Spesen, sollte ein Mehrertrag zur Bankeinlage möglich sein.
Wer bereit ist, höhere Kursschwankungen in Kauf zu nehmen, kann Euro-Staatspapiere von Italien oder gute Unternehmensanleihen erwerben, die auch bei kürzeren Laufzeiten mehr als deutsche Staatsanleihen abwerfen.
Übrigens: Bankenunabhängige Vermögensverwalter bemühen sich als Interessenvertreter ihrer Mandanten um ein marktgerechtes Zinsangebot der Depotbank bzw. können aus einer Vielzahl von attraktiv verzinsten Einzelanleihen auswählen. Dem Erwerb von Unternehmensanleihen sollte immer eine gute Fundamental-Analyse voranstehen. Auch weil oftmals die kleinste handelbare Einheit bei 100.000 Euro liegt und bei Auslandsemittenten auf Quellensteuerfreiheit geachtet werden sollte, empfiehlt es sich, einen Profi zu mandatieren bzw. sich für einen gut verwalteten Rentenfonds zu entscheiden.
Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.
Aus dem Börse Express PDF vom 09.03.2023
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