FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nach dem Fall von DAX und Dow Jones auf den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren sieht es auch in der neuen Woche nicht nach kräftiger Erholung aus. Das Umfeld bleibt zu schwierig. Höhepunkt der Börsenwoche: Der Porsche-Börsengang am Donnerstag.

26. September 2022 Frankfurt (Börse Frankfurt). Zinserhöhungen, Energiekrise, Rezession - angesichts vieler Belastungsfaktoren bleiben die Börsen im Krisenmodus. "Mit einer ähnlichen Geschwindigkeit wie beim gestrigen neuen Marathon-Weltrekord in Berlin rauschen aktuell die Notierungen für einige Assets in den Keller", erklären die Analysten der Deutschen Bank. "Die Ölpreise fielen, Gold handelte zeitweise auf dem tiefsten Stand seit April 2020, die Aktienindizes auf dem Niveau von November 2020, der Euro purzelte zum US-Dollar weiter."

Am Montagmorgen geht es erstmal leicht aufwärts: Der DAX steht bei 12.330 Punkten nach 12.284 am Freitagabend.

"Märkte kommen nicht aus Defensive"

Jüngster Auslöser war die US-Zinserhöhung vergangene Woche: Die US-Notenbank hatte die Zinsen um weitere 75 Basispunkte angehoben auf 3 bis 3,25 Prozent. Das gilt als Beleg dafür, dass die Fed zur Bekämpfung der Inflation auch eine Rezession in Kauf nehmen will. Die EZB hatte zuletzt ebenfalls deutlich gemacht, zur Eindämmung der Inflation im Zweifel auch rezessive Tendenzen hinzunehmen.

Im Ukraine-Krieg sieht es unterdessen nicht nach Entspannung aus: "Mit der Ankündigung von ‚Referenden‘ in den besetzten Gebieten und einer Teilmobilmachung hat Putin den Einsatz im Ukraine-Krieg weiter erhöht", bemerkt Ulf Krauss von der Helaba. Bei uns zeige sich der Ernst der Lage auch an der kostspieligen Verstaatlichung von Uniper. "Die Energiepreise werden zu einer immer größeren Bürde für die Bevölkerung und die Wirtschaft."

Ungemach kommt zusätzlich aus Italien: Bei den gestrigen Parlamentswahlen ging - wie erwartet - das Bündnis um die rechtsradikale Partei Fratelli d'Italia als Sieger hervor. Dieses stand zumindest in der Vergangenheit für eine EU-feindliche Haltung. "Die Schockeffekte für die europäischen Finanzmärkte dürften sich im Vergleich zu 2011 und 2018 jedoch zunächst in Grenzen halten", meint Robert Halver von der Baader Bank. Schließlich wolle sich Rom nicht den Zugang zu 69 Milliarden Euro an Zuschüssen und 123 Milliarden Euro an Darlehen aus dem NextGenerationEU-Konjunkturpaket verbauen.

TINA gilt nicht mehr

Halver bezeichnet die Marktlage insgesamt als "angeknockt". "Da sich mittlerweile rund 85 Prozent der weltweiten Notenbanken im geldpolitischen Straffungsmodus befinden, wird eine nachhaltige Erholung der Aktienmärkte behindert." Der Renditeanstieg bei US-Anleihen habe zudem zu einem deutlichen Abschmelzen des jahrelangen Bewertungsnachteils von Bonds gegenüber amerikanischen Technologieaktien geführt. "Staats- und Unternehmensanleihen sind wieder in, und TINA ("There is no alternative") verliert in Bezug auf die Aktienmärkte an Wirkung."

"Keine schnelle Trendwende zu erwarten"

Laut Andreas Hürkamp von der Commerzbank ist der Bärenmarkt wahrscheinlich noch nicht vorbei. "Weiter steigende US-Leitzinsen, zu ambitionierte Erwartungen für die Gewinnmargen der DAX-Unternehmen und eine zu hohe DAX-Kurs-Buchwert-Bewertung sprechen gegen eine schnelle Trendwende am Aktienmarkt", erklärt der Analyst. Die Schwäche werde sich fortsetzen, bis zumindest die US-Notenbank das Ende Leitzinserhöhungszyklus‘ ankündige. "Mit einem Strategiewechsel der Fed ist aber wohl erst im Frühjahr 2023 zu rechnen."

Aufwärtstrend verlassen

Auch charttechnisch sieht es derzeit nicht gut aus: "Der DAX musste im Monats-Chart den aus dem Jahr 2011 stammenden Aufwärtstrend den Bären überlassen", erklärt Christian Henke von IG Markets. Nun gelte es, eine weitere wichtige Unterstützungszone zu verteidigen, ansonsten könne es in Richtung 11.800 Punkten gehen. Überverkauft sei der deutsche Leitindex noch nicht. "Ab Anfang Oktober beginnt allerdings eine starke saisonale Phase, die bis Ende November andauern könnte. In diesem Zeitraum könnte eine Erholung gestartet werden."

Porsche: Größter Börsengang seit 1996

Es ist somit alles andere als ein leichtes Börsenumfeld für den Börsengang von Porsche. Der Mutterkonzern Volkswagen hatte die Preisspanne von 76,50 bis 82,50 Euro festgelegt, gezeichnet werden kann die Aktie noch bis Mittwoch. Am Donnerstag startet der reguläre Börsenhandel. Hierzulande ist es der größte Börsengang seit dem IPO der Deutschen Telekom 1996.

Das Event zum Handelsstart wird live übertragen auf youtube.com/boersefrankfurt.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche

Montag, 26. September

10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Geschäftsklimaindex September.

Donnerstag, 29. September

14.00 Uhr. Deutschland: Verbraucherpreise September. Wegen der stark gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreise sowie zusätzlich des Wegfalls von Neun-Euro-Ticket und Tankrabatt wird die Inflation der Commerzbank zufolge höher ausfallen als im Euroraum. Die Analysten rechnen mit 10,3 Prozent im Jahresvergleich.

Freitag, 30. September

3.30 Uhr. China: Einkaufsmanagerindex September. Die Wirtschaft Chinas hat laut DekaBank weiterhin mit den Belastungen durch die Immobilienkrise und die strikte Null-Covid-Strategie zu kämpfen. Die Einkaufsmanagerindizes dürften daher im September gesunken sein.

11.00 Uhr. Eurozone: Verbraucherpreise September. Die Verbraucherpreise dürften auch im September nochmals weiter zugelegt haben, meint die DekaBank. Zwar habe es bei den Energiepreisen zumindest einen kleinen Rückgang im Monats- und Jahresvergleich gegeben. Der Preisauftrieb vor allem bei Lebensmitteln, Dienstleistungen und in vielen anderen Bereichen habe sich aber weiter fortgesetzt. Die Analysten erwarten einen erneuten Anstieg der Inflation auf 9,6 Prozent.

14.30 Uhr. USA: Deflator der privaten Verbrauchsausgaben August. Für das von der Fed bevorzugte Inflationsmaßstab erwartet die Commerzbank einen unverändert starken Preisdruck. Ohne Nahrung und Energie habe der Deflator wohl um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat zugelegt

von: Anna-Maria Borse, 26. September 2022, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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