Von der Einigung auf das gigantische EU-Corona-Konjunkturpaket zeigt sich der

Anleihemarkt eher unbeeindruckt, nur Peripherie-Anleihen legen etwas zu. Im

Handel mit Unternehmensanleihen macht sich Ferienzeit bemerkbar.

24. Juli 2020. Frankfurt (Börse Frankfurt). Dass sich die EU-Staaten am

Dienstagmorgen auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte

geeinigt haben, hinterließ am Anleihemarkt kaum Spuren. Es war ein Kompromiss

erwartet worden. "Anleihen europäischer Peripherieländer konnten etwas

profitieren, vor allem die von Italien, aber auch von Spanien und Portugal",

berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank.

Die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen rutschte zeitweise sogar

wieder unter 1 Prozent. Das war der niedrigste Stand seit Februar dieses

Jahres. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren am Freitagmorgen mit minus 0,48

Prozent, die seit einigen Wochen anhaltende Seitwärtsbewegung setzt sich damit

fort. Zum Wochenschluss ist die Nervosität an den Kapitalmärkten etwas

gestiegen. Grund ist der sich wieder verschärfende US-chinesische Konflikt,

außerdem bleiben die Sorgen rund um die Corona-Pandemie.

EU-Anleihen: Historischer Einschnitt

Das EU-Paket beinhaltet auch, dass die EU nun erstmals selbst Anleihen begeben

wird, und zwar im Volumen von bis zu 750 Milliarden Euro innerhalb weniger

Jahre. Zur Rückzahlung sollen neue Steuern erhoben werden, etwa eine

Plastiksteuer, eine Digitalsteuer und eine CO2-Grenzsteuer. Wie das

Handelsblatt bemerkt, ist noch unsicher, wie viele Anleihen die EU ausgeben

wird. Viele Experten erwarteten, dass es pro Jahr weit über 200 Milliarden Euro

werden könnten. Damit steige die EU zum größten supranationalen Emittenten der

Euro-Zone auf.

Kritiker sehen in dem Paket einen weiteren Schritt zur Transferunion,

überwiegend stieß die Einigung aber auf viel Beifall. Nach Ansicht von Chris-

Oliver Schickentanz von der Commerzbank ist der Deal mittel- bis langfristig

ein starkes Signal für Europa. Ein Auseinanderbrechen der EU und des Euro

würden unwahrscheinlicher. "In Summe sind dies also positive Vorzeichen für

europäische Aktien, Staatsanleihen und den Euro."

Ruhiger Handel mit Unternehmensanleihen

Im Handel mit Unternehmensanleihen dominieren derzeit Abgaben, berichtet Gregor

Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. "Wir sehen fast nur

Verkäufe, allerdings ist insgesamt nicht viel los." Anleger trennten sich zum

Beispiel von der UBM Development-Anleihe mit Kupon von 2,75 Prozent und

Fälligkeit 2025 (WKN A2R9CX) und der mit Kupon von 3,125 Prozent und Fälligkeit

2023 (WKN A2RS14).

Gewinnmitnahmen bei Gamigo

Auch Brunner meldet allgemein dünne Umsätze. Anleger kauften zum Beispiel

NordLB-Nachranganleihen (WKN NLB8K6), kauften und verkauften Sixt Leasing-

Papiere (WKN A2LQKV) nach den Geschäftszahlen diese Woche und trennten sich von

Bonds des Gaming-Anbieters Gamigo (WKN A2NBH2). "Die Gamigo-Anleihen sind gut

durch die Krise gekommen, jetzt gibt es Abgeber auf hohem Niveau."

Gute Umsätze beobachtet Brunner bei der neuen Eyemaxx Real Estate-Anleihe (WKN

A289PZ), die seit Dienstag notiert ist. Das Papier läuft bis Juli 2025 und

bietet 5,50 Prozent im Jahr.

Was die Unternehmensberichterstattung über das zweite Quartal angeht,

überwiegen positive Überraschungen, wie Cem Keltek von der Commerzbank

feststellt. "Allerdings waren die Erwartungen zuvor auch deutlich gesenkt

worden." Der Ausblick sei auch ohne die Gefahr erneuter Corona-Beschränkungen

unsicher und die jüngste Eskalation der Spannungen zwischen den USA und China

erhöhten die Abwärtsrisiken nochmal. "Somit erscheint ein deutliches Aufleben

der Risikofreude zumindest kurzfristig unwahrscheinlich."

von: Anna-Maria Borse

24. Juli 2020, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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