Fondsmanager Roger Peeters geht dem Performance-Unterschied zwischen MDAX und DAX auf den Grund. Und findet gute Gründe, in den Midcap-Index zu investieren.

26. Januar 2021. FRANKFURT (pfp Advisory). Die erste Handelswoche 2021 dürfte für viele Aktionäre erfolgreich verlaufen sein. Immerhin erreichte der deutsche Aktienindex DAX ein schönes Wochenplus von mehr als 2 Prozent nebst neuem Allzeithoch.

Ich halte zwar grundsätzlich wenig davon, sich allzu lange mit Aktienrenditen auf Wochensicht zu beschäftigen, weil mein Anlagehorizont eher Jahre und Jahrzehnte umfasst. Es gibt jedoch ein paar Ausnahmen, und eine davon ist eine "Handelsregel", die in Expertenkreisen unter verschiedenen Namen kursiert. Ich nenne sie seit jeher die "Jahresstart-Regel", aber vermutlich gibt es bessere Bezeichnungen.

Sie haben es sicherlich mitbekommen: Vergangene Woche ist der mutmaßlich am zweitmeisten beachtete deutsche Aktienindex, der MDAX, respektable 25 Jahre alt geworden. Da das Börsenbarometer für mittelgroße Werte in diesem Vierteljahrhundert eine spürbar bessere Performance hinbekommen hat als der prominente "große Bruder" DAX, verwundert es nicht, dass praktisch jeder Bericht über dieses Jubiläum einer Laudatio gleichkam. Vor dem Hintergrund der langfristig gezeigten Entwicklung aus meiner Sicht durchaus berechtigt.

Interessant dabei natürlich die Ursachenforschung, warum sich auch über solch einen längeren Zeitraum eine große Lücke zum DAX aufgetan hat, obwohl beide Indizes den gleichen volkswirtschaftlichen Raum abbilden.

Zweifelsohne gereichte es dem DAX in dieser langen Phase zum Nachteil, dass hier einige Industrien einst hoch gewichtet waren, die auch langfristig vor sehr großen Herausforderungen standen, namentlich Banken und Versorger.

Andere valide Argumente, die gerne thematisiert werden, sind die für Aufkäufer attraktiveren Durchschnitts-Größe der Unternehmen (gemessen an der Kapitalisierung), die häufiger zu Übernahmen samt Prämien führt, der höhere Anteil von Familienunternehmen und der positive Einfluss der sehr hoch gewichteten Luft- und Raumfahrtaktie Airbus, die durch eine Sonderregelung ob ihres nicht deutschen Haupt-Handelsplatzes für den MDAX statt für den DAX qualifiziert wurde.

Von all diesen Faktoren verdient der "Sweet Spot" der Größe die vielleicht meiste Aufmerksamkeit, kann man doch hier die vielleicht deutlichste Nachhaltigkeit des Vorteils erwarten. Und in der Tat gab es in der Historie nicht nur viele Übernahmen, sondern auch wirklich oft die vielleicht noch interessantere Situation, dass der MDAX als eine Form von "Durchlauferhitzer" gewirkt hat. Viele prosperierende Aktien hatten hier ihre Blütezeit und kamen mit den ersten Erscheinungen von Verwelkungen im Leitindex an, wo sich die Performance nicht mehr fortschreiben ließ. Aus der Historie sehr populäre Beispiele sind etwa die heutige K+S oder MLP. Aber das Muster wiederholte sich oft auch im Kleinen und auch in jüngerer Vergangenheit etwa bei MTU, die im MDAX eine gänzlich andere Performancekontribution hatten als später im DAX.

MDAX bietet "bunte Mischung"

Daran möchte ich einen weiteren Erfolgsfaktor anknüpfen, der vielleicht nicht ganz so sehr zur Abgrenzung vom DAX geeignet ist, aber meiner Ansicht nach gerade für eine nachhaltige Rendite durchaus von Relevanz ist: Die vergleichsweise offene Architektur des MDAX in Hinsicht auf vertretene Unternehmen und Geschäftsmodelle.

Denn während es gerade international viele Indizes gibt, die thematisch zugespitzt oder fokussiert sind, bietet der MDAX seit jeher eine wirklich bunte Mischung von Industriekonzernen, Finanzunternehmen, Dienstleistern und vielem anderen. Lediglich der "Tech-Sektor", der eine längere Zeit parallel in einem eigenen Universum geführt wurde, war eine längere Zeit lang wenig vertreten. Seit vor gut zwei Jahren die Unternehmen aus dem TecDAX indes auch in DAX, SDAX und eben MDAX geführt werden, ist auch dieser Teil der Volkswirtschaft abgebildet.

Ich persönlich halte diese gerade in der Gesamthistorie zu sehende große Spannbreite der enthaltenen Unternehmen und die dies ermöglichende offene Architektur für eine wirklich wichtige und wie ich meine nachhaltige Abgrenzung von bestimmten gerade "hippen" Themenindizes, die immer alternierend die jeweils höchste Aufmerksamkeit genießen wie momentan etwa Digitalisierungsgewinner oder noch exotischer Wasserstoff-fokussierte Indizes. Gegen manche dieser zugespitzten Barometer wird ein Index wie der MDAX immer den Sprint verlieren, aber er überzeugt dafür im Marathon. Eine Fähigkeit, die ich persönlich in der Geldanlage als wichtiger erachte.

von Roger Peeters,

Januar 2021, © pfp Adivisory

Über den Autor

Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 20 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow Fonds (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds. Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V.. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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