FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der rasante Kursanstieg in diesem Jahr ist vielen zu weit gegangen, nun deutet sich ein Dämpfer an. Letztlich dreht sich weiter alles um die Frage: Wie weit steigen die Zinsen noch?

6. Februar 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Für die neue Woche sind die Aussichten am Aktienmarkt eher mau. "Nach dem Ausbruch gen Norden sieht es beim DAX erst einmal nach Gewinnmitnahmen aus", erklärt Christian Henke von IG. "Die jüngste Outperformance des deutschen Leitindex gegenüber dem Weltaktien-Index MSCI World könnte vorbei sein."

Am Donnerstag war der DAX mit 15.520 Punkten noch auf den höchsten Stand seit fast einem Jahr geklettert. Zum Ausgang der Woche waren es dann nur noch 15.476, am Montagmorgen sind es 15.342 Punkte, knapp 1 Prozent im Minus.

Der Grund: Der starke US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag hatte wieder Zinssorgen hervorgerufen.Zuvor hatten US-Notenbank und EZB Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Zinserhöhungen genährt. "Die Märkte reagierten so, als hätte die EZB Zinssenkungen angekündigt", kommentierte Gareth Jandrell, Fondsmanager beim englischen Vermögenverwalter M&G, mit Blick auf die europäische Notenbank. Seine Einschätzung nach war die Erholung an den Märkten verfrüht: "Die Gesamtinflation ist noch weit von ihrem Ziel entfernt, und die Kerninflation muss noch deutlich gesenkt werden."

Optimismus auf Probe gestellt

"Der Aktienmarkt befindet sich in einer schwierigen Lage", meint Ralf Umlauf von der Helaba. Zum einen hätten die nachlassenden Zinserhöhungserwartungen die Kurse nach oben getrieben, was den DAX anfällig mache für Korrekturen. Zum anderen sei die Erwartung eines baldigen Endes der Zinserhöhungen wegen der schwächeren Konjunkturdaten angeheizt worden. "Eine schwache Wirtschaftsentwicklung oder gar Rezession ist aber in der Regel Gift für Margen und Gewinne." Der Optimismus der Akteure könne angesichts dessen auf die Probe gestellt werden. "Auch technisch gibt es Risiken, wenngleich der DMI auf Kauf steht und der ADX steigt", stellt Umlauf fest. Vor allem der Stochastic-Indikator mahne kurzfristig zur Vorsicht. Er zeige nicht nur eine überkaufte Marktlage an, sondern habe auch das jüngste Kurshoch nicht mehr begleitet. "Zudem lässt es der MACD an Aufwärtsdynamik missen." Haltemarken sieht Umlauf in der Zone um 15.000 Zähler sowie am 38,2 Prozent-Retracement bei 14.860 Punkten.

"DAX-Bewertung über langjährigem Durchschnitt"

Andreas Hürkamp von der Commerzbank geht zwar davon aus, dass das erste Quartal an den Aktienmärkten deutlich besser verlaufen wird als ursprünglich erwartet. "Dies ändert jedoch nichts an den Belastungsfaktoren, die mittelfristig für wieder stärkere Kursschwankungen sprechen." Hürkamp verweist auf die "sehr schwachen" deutschen Konjunkturdaten zu Auftragseingängen, Exporten und Einzelhandel.

"Zudem sind die Gewinnerwartungen für 2023 im vergangenen Quartal weiter stetig nach unten revidiert worden." Nicht zuletzt sei das Kurs-Buchwert-Verhältnis des DAX seit Anfang Oktober 2022 wieder von 1,2 auf 1,6 gestiegen und liege damit über dem langjährigen Durchschnittswert von 1,5. "Der DAX dürfte damit ein Rezessionsszenario bereits wieder ausgepreist haben, um sich wieder in die Richtung eines Konjunkturszenarios ‚kurzfristiger globaler Konjunkturabschwung‘ zu bewegen." Nach der Vorwoche voller wichtiger Termine geht es diese Woche datenseitig ruhiger zu. Die Berichtssaison ist allerdings weiter im vollen Gange, hierzulande legen etwa Siemens, Deutsche Börse, Linde und Siemens Energy ihre Bücher offen.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche

Montag, 6. Februar

8.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingänge Dezember.

Dienstag, 7. Februar

8.00 Uhr. Deutschland: Industrieproduktion Dezember. Laut DekaBank sieht sich das produzierende Gewerbe angesichts der hohen Energiekosten großen Herausforderungen gegenüber. Die Produktion sei wohl spürbar gesunken.

Mittwoch, 8. Februar

9.00 Uhr. Geplanter Handelsstart von IONOS SE an der Frankfurter Börse.

Donnerstag, 9. Februar

8.00 Uhr. Deutschland: Verbraucherpreise Januar. Für den eigentlich schon vergangene Woche erwarten Verbraucherpreisanstieg (wegen technischer Probleme verschoben) prognostiziert die Deutsche Bank einen Sprung auf 9 Prozent. Die Gründe: der weggefallene Einmaleffekt im Dezember (Gas- und Abschlagszahlung) sowie Preisanpassungen zum Jahreswechsel. In den nächsten Monaten werde die Inflation aber wohl wieder zurückgehen.

von: Anna-Maria Borse, 30. Januar 2023, © Deutsche Börse AG

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