Auf die Beliebtheit seiner Fotobücher konnte sich der Fotodienstleister Cewe im ersten Quartal trotz der Coronavirus-Pandemie verlassen. Doch erste Spuren der Krise machten sich beim SDax -Unternehmen aus dem niedersächsischen Oldenburg bereits bemerkbar. Auch wenn Konzernchef Christian Friege sich zuletzt zuversichtlich zeigte, dass Cewe die schwierige Situation gut meistern werde, sind die konkreten Auswirkungen der Krise auf das Unternehmen derzeit schwer vorherzusagen. Was beim Fotodienstleister los ist, wie Analysten die weiteren Perspektiven einschätzen und wie sich die Aktie entwickelt hat.

DAS IST LOS BEI CEWE:

Unternehmenschef Friege setzt darauf, dass die per Post lieferbaren Fotoprodukte Cewe durch die Pandemie tragen, bis auch der stationäre Einzelhandel zur Normalität zurückfindet. Er sieht das Unternehmen stabil aufgestellt. Dennoch bekam auch Cewe die Corona-Folgen im Auftaktquartal zu spüren. Denn während es im Kerngeschäft Fotofinishing - also dem Geschäft mit Fotodienstleistungen für Privatpersonen - weiter rund lief und Cewe Zuwächse verzeichnete, war der kommerzielle Online-Druck von der Krise stark betroffen.

Wie Friege informierte, seien Plakate und Einladungsflyer wie etwa zu Ladeneröffnungen, Flohmärkten und Konzerten nicht benötigt worden. Die Folge war ein klarer Umsatzrückgang. Noch deutlicher wirkte sich das Virus allerdings auf den kleineren Unternehmensbereich Einzelhandel aus, der sogar einen Erlösrückgang von fast 30 Prozent hinnehmen musste.

Bereits Ende März hatte Cewe mitgeteilt, dass der Konzern aufgrund der hohen Unsicherheiten im Markt keine Prognose für den weiteren Jahresverlauf wagt. Allerdings seien die negativen Effekte noch nicht zu beziffern, hieß es damals. In Anbetracht der Krise hatte Cewe zudem Kurzarbeit für alle drei Geschäftsbereiche ab Anfang April angekündigt. Der Anteil der Kurzarbeit könne in den einzelnen Segmenten Einzelhandel, Fotofinishing und Online-Druck jedoch sehr deutlich variieren.

Im vergangenen Jahr lief es dagegen noch rund für den Fotodienstleister, der dabei unter anderem von einem traditionell guten Weihnachtsgeschäft und seinem stark nachgefragten Fotobuch profitiert hatte. Beim Umsatz und auch beim operativen Ergebnis hatte Cewe ein deutliches Plus verzeichnet. Das Cewe Fotobuch als zentrales Produkt des Unternehmens schnitt 2019 besonders gut ab: 6,6 Millionen Exemplare konnte der Fotodienstleister verkaufen, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Auch Übernahmen spielten Cewe in die Karten: Sowohl der französische Foto-App-Spezialist Cheerz als auch der Wandbild-Spezialist White Wall entwickelten sich gut. Sie machten die Hälfte des Wachstumszuwachses aus.

Cewe ist mit seinen eher höherpreisigen Produkten zwar aktuell der Platzhirsch. Doch ungeachtet dessen könnte die günstigere Konkurrenz aus der Discounter- und Drogeriebranche dem Unternehmen perspektivisch gefährlich werden. Auch losgelöst von der Corona-Krise. Cewe bietet neben den klassischen Fotoabzügen auch verwandte Produkte wie Poster oder Grußkarten an, ist aber vor allem für seine Fotobücher bekannt. Auf diesem Gebiet ist das Unternehmen in Deutschland gegenwärtig Marktführer. Laut Unternehmensangaben hat Cewe über 4200 Mitarbeiter in mehr als 20 Ländern.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Seit der Vorlage der Quartalszahlen im Mai haben sich drei der im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten näher mit Cewe beschäftigt. Zwei davon sprechen sich für den Kauf der Titel aus, einmal lautet die Empfehlung, die Papiere zu halten und die weiteren Entwicklungen genau im Auge zu behalten. Alle drei Analysten sind der Aktie gegenüber positiv eingestellt und attestieren ihr Aufwärtspotenzial.

Die größte Zuversicht zeigt dabei Warburg-Experte Thilo Kleibauer, der mit 113 Euro das höchste Kursziel notiert hat. Die positive Geschäftsdynamik im Bereich Bildbearbeitung- und Fertigstellung habe sich auch im ersten Quartal fortgesetzt, urteilt Kleibauer. Aus seiner Sicht sind zudem die Wachstumsaussichten des Barmittel erwirtschaftenden Geschäftsmodells von Cewe stark.

Auch Volker Bosse von der Baader Bank teilt Kleibauers Optimismus. Das Fotofinishing-Geschäft sollte seiner Einschätzung nach relativ stabil bleiben. Cewe sei außerdem ein grundsolides Unternehmen. Obwohl Charles Bordes vom Analysehaus Kepler Cheuvreux mit 99 Euro das geringste Kursziel hat, fällt auch sein Urteil positiv aus: Der Fotodienstleister habe dank des widerstandsfähigen Fotofinishing-Geschäfts die Erwartungen getoppt, urteilt Bordes.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Corona-Krise hat auch den Kurs der Cewe-Aktie in Mitleidenschaft gezogen. Seit Jahresbeginn steht für die Titel ein Minus von rund neun Prozent zu Buche. Kosteten die Papiere noch Anfang Januar zwischenzeitlich rund 110 Euro, setzte ab dem 20. Februar eine rasante Talfahrt ein. Trotz einer kurzen Erholung ging es bis zum 19. März auf phasenweise unter 75 Euro nach unten. Der Kurs rauschte somit binnen eines Monats um rund ein Drittel in den Keller.

Danach setzte aber trotz kleinerer Rücksetzer wieder eine Erholung ein. Derzeit notiert die Aktie bei etwas mehr als 96 Euro und hat somit seit ihrem Krisentief wieder rund 30 Prozent an Wert hinzugewonnen. Abseits des Knicks im Zuge der Marktturbulenzen ist die Entwicklung der Anteilsscheine für Anleger ohnehin recht erfreulich.

Auf längere Sicht hat sich ein Investment bezahlt gemacht: Während die Titel in den zurückliegenden drei Jahren ein Plus von rund einem Viertel verzeichnen, sieht es mit Blick auf die letzten fünf Jahre sogar noch bedeutend besser aus: In diesem Zeitraum beläuft sich der Zuwachs auf mehr als 90 Prozent - seit dem Börsengang im Jahr 1993 stieg der Kurs um rund 450 Prozent.

In Sachen Börsenwert ist Cewe aber im Vergleich trotzdem noch klar steigerungsfähig: Mit einer Marktkapitalisierung von derzeit knapp 716 Millionen Euro gehört der Fotodienstleister, der zu 27 Prozent der Erbengemeinschaft des Firmengründers Heinz Neumüller gehört, zu den kleineren Titeln im Kleinwerteindex SDax./eas/mne/zb

 ISIN  DE0005403901

AXC0068 2020-06-10/08:35

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