Vor noch gar nicht allzu langer Zeit schworen viele Anleger auf das Dividendendiskontierungsmodell. Es basiert auf der Idee, dass die Aktien eines Unternehmens die Summe seiner zukünftigen Dividendenzahlungen wert sein sollten, abgezinst auf ihren Barwert. Wenn von einem Unternehmen nie erwartet wird, Dividenden auszuschütten, erhalten Aktionäre, die ihre Aktien kaufen und halten letztendlich nie Bargeld. Und wenn diese düstere Zukunftsaussicht heute richtig eingepreist ist, sollten ihre Aktien bereits jetzt nichts wert sein.

Heutzutage mag das alles ein wenig altmodisch klingen, besonders an der Wall Street. Die US-Dividendenrenditen, beispielsweise die des S&P 500, sind seit vielen Jahrzehnten rückläufig und erfordern nun ziemlich heroische Annahmen, um sie mit einem traditionellen Dividendenmodell zu rechtfertigen. Um fair zu sein, kommen auch die meisten anderen Bewertungsansätze zu ähnlichen Ergebnissen. Außerdem haben regulatorische und steuerrechtliche Änderungen Aktienrückkäufe in den vergangenen Jahrzehnten begünstigt.

Trotzdem bleibt es dabei, dass Dividenden bei den meisten Indizes historisch gesehen den Löwenanteil der Gesamtrenditen ausgemacht haben. Der „Chart der Woche“ veranschaulicht dies für den deutschen Dax Index seit seiner Auflegung im Jahr 1988. Er zeigt sowohl die bekannte Total-Return-Version als auch den Kursindex, der reinvestierte Dividenden ausklammert. In diesem Zeitraum trugen reinvestierte Dividenden weit über 50 Prozent zu den Erträgen bei. Hierbei ist der Dax nicht allzu ungewöhnlich – ähnlich wäre das Bild beispielsweise für den FTSE 100 oder den Nikkei 225.

Aus dem Börse Express-PDF vom 10. Jänner - hier zum kostenlosen Download. 

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