Die Coronavirus-Pandemie setzt auch der Immobilienbranche extrem zu. "In einer ersten Reaktion haben wir unsere Projektpipeline halbiert - wir haben sehr rasch reagiert", sagte UBM-Chef Thomas Winkler zur APA. Die "Fokus-Pipeline" für 2020 bis 2023 umfasse nun 1,25 Mrd. statt der ursprünglich geplanten 2,5 Mrd. Euro. "Wir werden zwei bis drei Jahre kein neues Hotel-Development anfangen."

"Der Immobiliensektor ist durch Corona massiv beeinflusst - das ist eine Nebelbank und wir müssen die Fahrt auf ein Minimum reduzieren." Sehr viel weiter als sechs Monate könne keiner vorausschauen. "Wir fokussieren uns voll auf Green Building und Smart Office", umriss Winkler die aktuelle Unternehmensstrategie.

"Wir glauben an den Bereich Wohnen - daran glaubt jeder." Die Verkaufspreise der Wohnungen hätten in den vergangenen drei Monaten angezogen. Die UBM habe in Österreich 550 Wohnungen in der Verkaufs-Pipeline und 1.400 in Entwicklung. "Die Nachfrage ist so stark, dass wir uns Preiserhöhungen in dieser Zeit überlegt haben", berichtete der Konzernchef. "Es sind sich alle einig, dass Wohnen durch diese abrupte Abbremsung eher ein knapperes Gut geworden ist."

Den Hotelanteil wiederum fuhr der Immobilienentwickler bei den Projekten bis 2023 wegen der coronabedingten Flaute im Tourismus von 40 auf 30 Prozent zurück. Mehr war nicht möglich. "Der Anteil kann nicht unter 30 Prozent sinken", so der CEO. Denn von den geplanten 16 Hotels waren sieben bereits in Bau. Davon sind schon drei in "Forward Deals" verkauft worden, die restlichen vier im Volumen von rund 300 Mio. Euro werden nun auch noch fertiggestellt. "Die können wir nicht stoppen und umwandeln, die müssen wir fertigbauen", räumte Winkler im Gespräch mit der APA ein.

Für die neun Hotelprojekte, die noch nicht ausgerollt sind, soll nun eine andere Nutzung gefunden werden. "Wir überlegen uns hier eine Assetklasse", so der Konzernchef. Die Hotels der UBM verteilen sich auf zwölf europäische Metropolen, darunter etwa Düsseldorf, Potsdam und Prag. "Wir glauben, dass es ein langer und steiniger Weg für den Tourismus insgesamt und damit auch für die Hotelbranche sein wird, und das trifft auch auf die Stadthotellerie zu, beispielsweise auf Wien als Kongressstadt mit Vorlaufzeiten von drei bis vier Jahren", sagte Winkler. "Diese Unterbrechung wird sehr lange brauchen, um wieder zurück zur Normalität zu kommen."

Künftig setzt der Immobilienentwickler jedenfalls verstärkt auf Wohnbauprojekte - deren Anteil an der redimensionierten Projektpipeline wurde von bisher 40 auf 50 Prozent aufgestockt; die restlichen 20 Prozent entfallen auf Büros. "Wir haben uns ein Stück weit neu erfunden", betonte der UBM-Boss.

Der Fokus liege nun auf "Wohnen mit Grün-Aspekt". Weniger Garagenplätze und größere Fahrradräume "kostet mal nichts", Solarfassaden und Energieautarkheit hingegen belasteten die Kosten schon sehr stark - der Konzern will sich dazwischen positionieren, "ganz und gar nicht exaltiert". "Wir machen freifinanzierten Wohnbau, aber keinen Luxus", erklärte Winkler. Biogemüse sei heutzutage auch nur noch ein bisschen teurer als normal, früher war es einmal viel teurer. "So wird es auch beim Green Building sein."

Ein weiterer Trend, auf dem die UBM künftig verstärkt aufsetzen will, ist die neue Bürowelt. Großraumbüros hat das Coronavirus vorerst ins "Off" befördert. "Der neue Bürotyp muss anders aussehen - große Abstände, erhöhte Flexibilität, was die Umgestaltungsmöglichkeit eines Besprechungsraums betrifft, und außerdem steht man neuerdings in Konkurrenz zur Umgebung zuhause und man muss sich dem auch beim Büro der Zukunft stellen", sagte der CEO nicht nur mit Blick auf die Einrichtung, die nicht mehr so nüchtern ausfallen werde, sondern auch auf Konzentrations- und Begegnungszonen. Essen werde möglicherweise lieber von zuhause mitgenommen, weil die Kantine gemieden werde. Unter Smart Office sei auch "viel Technologie" zu verstehen, "nicht nur das Licht mit dem Handy aus- und einschalten".

"'Work from home' funktioniert - damit ist jetzt jeder, der aufgerufen ist, die Kosten wegen Corona zu überdenken, überzeugt, dass er sich 30 Prozent der Kosten ersparen kann, mit weniger Mitarbeitern vor Ort", so Winkler unter Verweis auf die neue Home-Office-Kultur. "Die Immobilienbranche ist natürlich stark erwischt worden und einige sagen, es werde überhaupt keine Rückkehr aus dem Home-Office mehr geben." Diese "Doomsday"-Sicht teile er nicht. "Ich bin überzeugt, dass ein Developer immer Geld verdienen kann - in Krisenphasen, weil er zu guten Preisen einkaufen kann, in Boomphasen, weil er zu gestiegenen Preisen verkaufen kann."

Der Ausblick auf 2020 gestaltet sich indes noch etwas nüchterner. Nach Rekordergebnissen im ersten Quartal, vor Corona, wird der Gewinn vor Steuern (EBT) im Gesamtjahr "signifikant unter dem Jahr davor" liegen, erwartet der CEO. Das darniederliegende Hotelgeschäft wird Wertpapieranalysten zufolge erheblich auf das EBT drücken. Der Konzern betreibt 13 Hotels in Pacht - sechs in Polen, fünf in Deutschland, eines in Österreich und eines in den Niederlanden. Diese sollen heuer einen Vorsteuerverlust von 10 Mio. Euro bescheren, nach einem Gewinn von 5 Mio. Euro im Vorjahr. Hinzu kommen Mietausfälle, die "maximal 2 bis 3 Mio. Euro" ausmachen dürften. Der Developer hat laut Winkler einen Immobilienbestand von über 300 Mio. Euro, dieser sei zur Hälfte ein Industriepark in Warschau.

2019 hatte UBM das Vorsteuerergebnis noch um 27 Prozent auf 70,5 Mio. Euro ausgebaut und unter dem Strich einen Gewinn von 50,1 Mio. Euro verbucht. Das börsennotierte Unternehmen beschäftigte 389 Mitarbeiter.

"Der Nebel lichtet sich, aber langsam, viel langsamer als viele geglaubt haben - und viele haben Sorge, dass es eine zweite Nebelbank geben könnte", gab der Konzernchef zu bedenken.

kre/sp

 ISIN  AT0000815402
 WEB   http://www.ubm.at

Copyright APA. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von APA ist nicht gestattet.