Bestehende Wettbewerbsverzerrung kostet österreichische Volkswirtschaft Millionen und gefährdet Konkurrenzfähigkeit der heimischen Onlinehändler.

Wien (OTS) - Der Handelsverband hat heute im Rahmen einer Pressekonferenz der freien Wirtschaftsverbände (Handelsverband, Österreichische Hoteliervereinigung, Gewerbeverein, Senat der Wirtschaft und Forum EPU) die Senkung der regulären Mehrwertsteuer von 20 auf 16% empfohlen.

4% Differenz bei Mehrwertsteuer zwischen Österreich und
Deutschland

Hintergrund: Mit 1. Juli 2020 wurde in Deutschland der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16% gesenkt. Damit soll der Konsum in der Bundesrepublik gestärkt und die Konjunktur während der Corona-Krise angekurbelt werden.

Gleichzeitig hat sich damit jedoch eine neue Problematik für das Steueraufkommen in Österreich ergeben: Durch die Mehrwertsteuersenkung in Deutschland sind nun viele österreichische eCommerce Händler, welche die bestehende Lieferschwelle von 100.000 Euro Umsatz pro Jahr nicht überschreiten, im Wettbewerb stark benachteiligt. Sie haben bisher die österreichische MwSt. auch an deutsche Kunden verrechnet.

"Um die mit 1. Juli entstandene Wettbewerbsverzerrung auszugleichen, verzichten nun immer mehr österreichische Onlinehändler freiwillig auf die Anwendung der Lieferschwelle, um den niedrigeren deutschen Umsatzsteuersatz verrechnen zu können. Das bedeutet einerseits ein Mehraufwand für die Händler, andererseits entgehen der österreichischen Volkswirtschaft auf einen Schlag Steuereinnahmen in Millionenhöhe. Daher empfehlen wir eine unbürokratische Angleichung an Deutschland im Sinne eines harmonisierten Binnenmarktes", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Zufriedenheit der Betriebe mit Corona-Hilfen der
Bundesregierung steigt

Besser als noch vor einem Monat bewerten die Unternehmen laut einer aktuellen Studie der freien Wirtschaftsverbände die Bemühungen der Bundesregierung, den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie entgegenzutreten. Bewerteten bei der ersten Befragungswelle noch 67% der Betriebe die Maßnahmen als praxisfremd, wird etwa die neue degressive AfA von mehr als 40% der Unternehmen begrüßt, auch die Investitionsprämie wird von 35% der Betriebe sehr positiv angenommen.

"Hier gilt es, der österreichischen Bundesregierung Dank auszusprechen. Wir haben die Gesundheitskrise bislang viel besser gemeistert als fast alle anderen Staaten. Aber auch was die Bekämpfung der aktuellen Wirtschaftskrise betrifft, wurde in den letzten Wochen an den richtigen Stellschrauben gedreht. Es freut uns, dass viele Forderungen der Freien Verbände umgesetzt wurden", sagt Rainer Will im Namen des Handelsverband-Präsidiums.

Zuletzt wurde beispielsweise auf Empfehlung der freien Wirtschaftsverbände der einmalige 450-Euro-Bonus für arbeitslose Menschen, die Möglichkeit des Verlustrücktrags, die Investitionsprämie in Höhe von 7% sowie das Vorziehen der Einkommenssteuersenkung für die unterste Tarifstufe von 25% auf 20% rückwirkend ab 1.1.2020 beschlossen. Im Sinne der Konsumsteigerung wäre es wichtig, die dadurch erhöhten Netto-Gehälter - und damit das "Mehr" im Börserl - den ArbeitnehmerInnen zeitnah transparent zu machen. So würden die entsprechenden Konsumausgaben bereits jetzt getätigt werden.

Senkung der Lohnnebenkosten essenziell

Vieles bleibt aber noch zu tun. Ein Dauerbrenner ist die Senkung der Lohnnebenkosten, um den Faktor Arbeit doppelt zu entlasten. Jenen, die einen Arbeitsplatz haben, muss mehr "netto" vom "brutto" bleiben, damit erstens der Konsum angekurbelt wird und es zweitens attraktiv ist, im Job zu bleiben.

"Wir sind bei den Lohnnebenkosten derzeit EU-weit Nachzügler. Nirgendwo in Europa zahlen Unternehmen so viel für ihre Beschäftigten, ohne dass es den Angestellten selbst bleibt. Daher sagen wir: Runter mit den Lohnnebenkosten, damit die angeschlagenen Firmen die Arbeitsplätze absichern können. Nur so bekommen wir die Arbeitslosen und die Kurzarbeiter wieder in die Firmen. Das ist ein Investment in die künftige Wettbewerbsfähigkeit und in den Arbeitsplatz Österreich", so Rainer Will.

"Zweite Chance" jetzt verankern, um wirtschaftliches Comeback
zu ermöglichen

Generell gilt: Die Coronakrise war bislang keine Werbung, sich in Selbständigkeit zu begeben, Mitarbeiter anzustellen und damit Verantwortung zu übernehmen. Mit einer stärkeren Verankerung der "zweiten Chance" in staatlichen Corona-Maßnahmen und einer entsprechenden Dotierung könnten wir jetzt ein wichtiges Signal setzen, das auch zeitgerecht wirken muss – wenn die Insolvenzregelungen wieder in Kraft gesetzt werden.

Förderungen sollten hierbei auch jene betroffenen Betriebe erhalten, die ihren Zahlungsplan im Rahmen einer Insolvenz noch nicht vollständig erfüllt haben – wenn zumindest die Anstrengung nachweisbar ist. Ansonsten gefährden wir den ganzen Unternehmerstand. Jetzt fixieren, 2021 davon profitieren.