Nachdem mit Wirecard ein DAX30-Wert innerhalb weniger Tage implodiert ist, gelobt der Indexanbieter Deutsche Börse AG Besserung und hat neue Regeln verfasst, die vollumfänglich ab September 2021 umgesetzt werden. Entscheidend wird sein, dass DAX-Mitglieder zum Aufnahmezeitpunkt eine Profitabilität (auf Basis des EBITDA) über zwei Jahre nachweisen müssen und auch in Bezug auf Jahresabschlüsse und Quartalsmitteilungen schärfer kontrolliert werden.

Wichtig wird auch sein, dass in den DAX tatsächlich nur noch die größten börsennotierten Unternehmen eine reelle Chance haben aufgenommen zu werden, zumindest bezogen auf die freie Marktkapitalisierung. Dies bedeutet zum Beispiel, dass bei BMW die Aktienanteile der Familien Quandt und Klatten herausgerechnet werden. Ohne Einfluss ist in Zukunft, wieviel eine Aktie an der Börse gehandelt wird.

Augenfälligste Neuerung ist die Vergrößerung von 30 auf 40 Werte. Hier werden voraussichtlich MDAX-Werte wie Brenntag, Symrise, Airbus oder Zalando den DAX bereichern. Insgesamt sollte dies der Sektorenaufteilung des DAX guttun, mit der die bisherigen Schwerpunkte Finanzen und Automobil ergänzt werden.

Wahrscheinlich werden aber auch Siemens Energy und Siemens Healthineers aufsteigen, womit das Gewicht auf den Siemens-Clan sehr hoch bleiben sollte. Auch Volkswagen wird wohl stärker gewichtet werden, wenn Porsche in den DAX aufsteigt. Was viele nicht (mehr) wissen. Nach der gescheiterten Übernahmeschlacht um Volkswagen ist Porsche nur noch eine Holding, die keinen Anteil an dem Autobauer Porsche mehr hält, sondern nur noch Aktionär der Volkswagen AG ist.

Insgesamt kann es interessant sein, potenzielle Aufsteiger schon vor der Aufnahme in den DAX zu erwerben. Denn im September müssen die DAX-ETF quasi blind die neuen Werte hinzukaufen, so dass taktische Investoren diese Anteile dann, wenn die Nachfrage sehr hoch sein wird, zu einem guten Preis veräußern können.

Nur zum Vergleich: Die drei größten DAX-ETF haben ein Volumen von rund 11 Milliarden Euro, die drei größten MDAX-ETF aber nur von rund 2,7 Milliarden Euro. Der Kaufdruck dürfte also erheblich werden.

Weniger gut dürfte dies für die bisher größten Unternehmen im DAX sein, also SAP (bisher gut 10 Prozent Anteil am DAX30) , Linde (bisher gut zehn Prozent ) und Allianz (bisher rund acht Prozent), deren Anteil im DAX sinken wird. Siemens ist die oben beschriebene Ausnahme.

Eine weltweite Ausnahme bleibt die DAX-Berechnung dennoch, denn anders als bei den gängigen Indizes, wie S&P 500, Nasdaq100 oder Stoxx600 bleibt der DAX ein Performance-Index. Dies bedeutet, dass im DAX nicht nur die Kursgewinne – wohl vornehmlich aufgrund thesaurierter Gewinne – verrechnet werden, sondern auch die Dividenden, also die ausgeschütteten Gewinne, berücksichtigt werden.

Während es der DAX mit Berücksichtigung der Dividenden gerade einmal geschafft hat seit April 2015 um 2.000 Punkte, circa 17 Prozent zuzulegen, hat der S&P 500 im selben Zeitraum ohne Dividenden sich nahezu verdoppelt. Noch trauriger steht der DAX da, wenn man nur den Kursindex, also ohne Dividenden betrachtet. Hier kämpft der deutsche Leitindex immer noch mit dem Hoch aus dem Jahre 2000 bei etwas über 6000 Punkten.

Eine Reform war also mehr als von Nöten. Ob es allerdings ausreicht, den DAX um zehn weitere Werte zu ergänzen, damit auch der deutsche Leitindex den internationalen Vergleich nicht mehr scheuen muss, bleibt fraglich. Es scheinen eine Vielzahl von Strukturproblemen zu sein, beginnend mit einer schwachen Frühphasenfinanzierung, über regulatorische Hemmnisse, hohe Steuern und einen äußerst schwachen Markt für Börsengänge, die das frische Blut am Aktienmarkt in Form von dynamischen Unternehmen vermissen lassen.

Anleger und Anlegerinnen sind gut beraten auch in Zukunft das internationale Parkett nicht zu scheuen. Es spricht viel dafür, dass Unternehmen, die die Zukunft maßgeblich mitgestalten zunehmend aus Asien kommen werden. Ein DAX-ETF, egal ob mit 30 oder 40 Werten, ist da wohl zu kurz gegriffen.

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Aus dem Börse Express-PDF vom 26. März - hier zum kostenlosen Download

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