Auch während des Jahres gab es immer wieder Störfeuer. Der lange andauernde Handelsstreit zwischen den USA und China, die von US-Präsident Trump fortwährend angedrohten Sanktionen gegen Europa sowie ein ungeklärter Brexit verunsicherten die Anleger. Außerdem herrschte große Sorge, ob es nicht doch zu einem Konjunktureinbruch kommen könnte. Es kam anders. Die amerikanische Notenbank FED senkte 2019 gleich drei Mal die Zinsen. EZB-Notenbankchef Mario Draghi reduzierte den Zins um 0,1 Prozent, vor seinem Ruhestand im September ein weiteres Mal auf minus 0,5 Prozent. Zudem brachte er neue Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank auf den Weg. Seine Nachfolgerin Christine Lagarde wird die ultralockere Geldpolitik ihres Vorgängers weiter verfolgen.

Kapitalmärkte 2019. In der Folge waren Aktien aufgrund fehlender Alternativen gefragt. Vereinzelt führte das an den wichtigsten Märkten zu stark anziehenden Notierungen. Einige Börsen verzeichneten zum Jahresende Rekordkurse. Deutschlands Leitindex DAX visierte trotz schwächelnder Konjunktur und Unsicherheiten in der gesamten Autobranche zuletzt die Rekordstände aus dem Jahr 2015 an. Der DAX feierte eine ausgelassene Party, aber nur wenige feierten mit. Immer noch sind nur etwa 16 Prozent der Deutschen Aktienbesitzer. Nach dem Ausverkauf Ende 2018 waren zahlreiche Anleger zudem ernüchtert. Durch ihr Hadern und Zögern verpassten sie den Sprung auf den stetig fahrenden Börsenzug und sahen zu, wie andere jeden Rücksetzer nutzten, um Bestände aufzustocken. Somit krönt das Anlagejahr 2019 ein goldenes Jahrzehnt mit außergewöhnlichen Renditemöglichkeiten bei Aktieninvestments und hervorragenden Renditen bei Anleihen.

Politische Themen. Die bisherigen politischen Hauptthemen – der ungeklärte Handelsstreit zwischen den USA und China und der sich zwar langsam abzeichnende, aber in seiner Ausgestaltung immer noch ungeklärte, Brexit – bleiben den Anlegern noch geraume Zeit erhalten. Dazu gesellt sich der anstehende Präsidenten-wahlkampf in den USA. Donald Trump will wiedergewählt werden. Diese Chance wird er nur bekommen, wenn die Konjunktur mitspielt. Im Vorfeld der Wahl sind daher stabilisierende Maßnahmen und versöhnliche Kommentare aus dem Weißen Haus nicht auszuschließen. Wie die momentane Kriegsrhetorik gegenüber dem Iran zeigt, bleibt Trump jedoch für die Konjunktur und die Börsen auch 2020 völlig unberechenbar.

Spannend wird die Entwicklung in Großbritannien. Nach dem wohl nun doch endgültigen Austritt des Königreiches aus der EU zum 31. Januar 2020 werden die Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien im Mittelpunkt stehen. Europas Firmen atmen auf, nun besteht wieder bessere Planungssicherheit.

Premier Boris Johnson und Brüssel beteuerten in einer politischen Erklärung, dass es bis Ende 2020 ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien geben soll. Angesichts anderer Abkommen, die teilweise über Jahrzehnte verhandelt wurden, stehen die Beteiligten mehr als unter einem ausgeprägten Zeitdruck. Immerhin stehen 10.000 Einzelverträge zur Verhandlung an. So schnell wird es nur gehen, wenn Johnson bereit ist, seine Versprechungen aus dem Brexit-Wahlkampf weitgehend zu kassieren und Großbritannien in vielen Dingen eng an die bestehenden EU-Regeln anzupassen.

Nachdem schon der Brexit zur jahrelangen Hängepartie mutierte, ist Skepsis angebracht. Diese ist jedoch aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit beim englischen Pfund, bei den Anleihe-Zinsen und bei den Aktienbewertungen bereits eingepreist. Hier könnte es in 2020 zu positiven Überraschungen kommen.

Rentenmarkt und Geldpolitik – Auslaufmodell Zins. Neben der Entwicklung der globalen Konjunktur spielt einmal mehr die zukünftige Entwicklung der Zinsen in 2020 die Hauptrolle. Die neue EZB-Präsidentin Lagarde wird beim Niedrigstzins keine Veränderung vornehmen. Im Gegenteil: 2020 sind neue geldpolitische Maßnahmen in Form von "Helikoptergeld" oder Aktienkäufe der EZB nicht auszuschließen. Optionen für eine effiziente Geldmarktpolitik gehen langsam aus. Andere Notenbanken wie zum Beispiel die Bank of Japan nutzten bereits vor Jahren ähnliche Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur. FED-Chef Powell, der schon 2019 unter Beschuss von US-Präsident Trump stand, die Zinsen signifikant zu senken, wird sich 2020 nur bei wesentlichen Veränderungen der Konjunktur oder der geopolitischen Lage zu geldpolitischen Maßnahmen entscheiden.

Analysten rechnen für die USA mit einem stabilen Zins zwischen 1,5 und 1,75 Prozent. Wir rechnen somit in diesem Jahr mit keiner wesentlichen Veränderung der internationalen Zinslandschaft. Mit Anleihen werden somit kaum akzeptable Renditen zu erzielen sein. Professionell gemanagte Fonds können hier mit Sondergeschäften wie Neuemissionen Zusatzerträge generieren. Generell gilt jedoch: Augen auf im Zinsgeschäft! Anleihen mit längerer Laufzeit und schlechterer Bonität sollten weiter abgebaut werden. Interessant erscheinen Anleihen aus Emerging Markets, den USA und Norwegen.

Konjunktur 2020. Alles kann, nichts muss. Unsicherheit wird auch in diesem Jahr eine wesentliche Rolle spielen. Die globale Konjunktur könnte sich 2020 stabilisieren und im Verlauf des Jahres sogar an Schwung gewinnen. Entscheidend dafür wäre eine Entspannung im Handelsstreit zwischen den USA und China. Für Deutschland sieht Bundesbank-Chef Jens Weidmann ungeachtet dessen außenwirtschaftliche Gefahrenherde, die einen Abschwung in Deutschland verschärfen können. Allerdings ließen gute Exporte und der private Konsum die Konjunkturerwartungen von Experten deutlich steigen. Der ZEW-Index kletterte zuletzt auf den höchsten Stand seit Februar 2018.

Europas Wirtschaft kann unseres Erachtens um rund ein bis 1,5 Prozent wachsen. In Deutschland erscheinen knapp ein Prozent Wachstum möglich. Amerika sollte mit knapp zwei Prozent wachsen können. Das Wirtschaftswachstum Chinas sollte sich auf knapp unter sechs Prozent abschwächen. Jedoch wird der Staat die Wirtschaft mit geldpolitischen Maßnahmen weiterhin stimulieren. Unmittelbare Inflationsgefahr besteht derzeit weltweit nicht. Jedoch können anziehende Ölpreise, weiter anziehende Mieten und vor allem steigende Lohnabschlüsse zu einer inflationären Tendenz führen.

Aktien – das TINA-Modell. Aktien bleiben für uns auch 2020 die erste Wahl bei der Geldanlage. Kreative Analysten sprechen bereits von dem Modell TINA (There Is No Alternative). Trotz des vergangenen goldenen Jahrzehnts tun sich immer noch viele deutsche Anleger mit dem Kauf von Aktien sehr schwer. Viele Sparer warten seit Jahren darauf, dass die Zinsen bald wieder steigen. Sie schauen damit tatenlos ihrer schleichenden Enteignung zu. Der erzielte Zins für Festgeld und Sparbuch liegt seit Jahren unter der durchschnittlichen Inflationsrate. Somit verliert das Ersparte kontinuierlich an Kaufkraft. Hier gilt TINA: Mittel, die man längerfristig investieren kann, sollten in ausgewählte globale Aktien, ETF und/oder Fonds investiert werden. Die aktuellen Dividendenrenditen von über drei Prozent versüßen in Negativzins-Zeiten das Aktienengagement zusätzlich. Attraktiv erscheinen uns 2020 die Aktienmärkte in Europa und Japan. Jedoch werden sich vergleichbare Renditen wie 2019 nicht mehr erzielen lassen. US-Aktien sind zwar nicht mehr günstig, aber weiterhin interessant. Aktien aus den Emerging Markets, vor allem die Börsen in Asien, bieten mit einem vielversprechenden Gewinnwachstum bei moderater Bewertung attraktive Möglichkeiten. Allerdings gibt es auch 2020 Schwankungen inklusive. Diese lassen sich leider nicht vermeiden. Jedoch sollten Anleger die Vorteile einer Kursschwäche erkennen. Solche Zeiten sind oftmals günstig für den Einstieg.

Rohstoffe – Währungen. Der Ölmarkt bietet derzeit relativ wenig Potenzial, da die USA mit ihrem Schieferölvorkommen zum größten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen sind. Sie können jegliche globale Angebotsausfälle zügig überkompensieren. Bei einer Zuspitzung des Nah-Ost-Konflikts drohen allenfalls kurzfristig stärker anziehende Notierungen.

Gold gehörte zwar bereits 2019 zu den Gewinnern, es bietet jedoch auch 2020 eine attraktive Anlagemöglichkeit. Eine global eskalierende Staatsverschuldung und zunehmende Inflationstendenzen sind starke Argumente für Gold-Investoren. Das Edelmetall bietet bei drohenden Marktverwerfungen einfach größtmögliche Sicherheit.

Nach einer jahrelangen Aufwärtsentwicklung tendiert der US-Dollar bei abnehmenden Zinsvorteil gegenüber anderen Währungen zu einer kleinen Kurskorrektur. Außerdem könnte Europas Einheitswährung von einem konjunkturellen Aufwärtstrend profitieren.

Fazit für Anleger. Die Themen, die bereits 2019 die Kapitalmärkte beschäftigen, bleiben Anlegern 2020 voraussichtlich erhalten. Wenn auch in etwas abgemilderter Form. Die Beilegung des Handelsstreits zwischen den USA und China und die Klärung des Brexits könnten positive Impulse liefern. Der dynamische konjunkturelle Zyklus geht ins zwölfte Jahr. Unter anderem wegen der sehr expansiven Geldpolitik der Notenbanken zeigt er noch keine nachhaltigen Schwächetendenzen. Sollte sich weltweit eine Rezession abzeichnen, ist damit zu rechnen, dass global staatlich initiierte Riesensummen in Infrastrukturprogramme fließen werden. Bevorzugt dürfte es sich dabei um Investitionen in aktuell drängende Themen, wie Umweltprobleme und Klimawandel, handeln.

Unter dem Strich rechnen wir in diesem Jahr mit interessanten Renditepotenzialen. 2020 wird jedoch kein Ausnahmejahr wie 2019. Ob es der Auftakt zu einer weiteren goldenen Ära der 20er Jahre wird, werden wir in zehn Jahren wissen.

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