Am Anfang standen 30.000 Militärfahrzeuge - so zumindest will es die Geschichte. Zur Förderung des Wiederaufbaus wollten die britische – und später auch die amerikanische und französische – Besatzungsmacht der österreichischen Regierung erhebliche Bestände an verschiedenen Gütern zur Verwertung gegen spätere Verrechnung überlassen, darunter nahezu 30.000 Militärfahrzeuge. Die Regierung beauftragte die Großbanken, diese konnten den Auftrag aber nicht „nebenbei“ erledigen. Das gab den unmittelbaren Anstoß zur Gründung der OeKB. OeKB-Vorstandsmitglied Angelika Sommer-Hemetsberger über die vielen Rollen der OeKB in der Gegenwart.

Börse Express: Die OeKB ist einer breiten Öffentlichkeit vor allem für die Unterstützung bei Exportgeschäften bekannt. Wie funktioniert diese und welche Unternehmen nehmen in diesem Bereich ihre Dienste in Anspruch - KMU’s oder eher Großbetriebe?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Der rechtliche Rahmen für unsere Tätigkeit ist im Ausfuhrförderungsgesetz bzw. im Ausfuhrfinanzierungsgesetz der Republik definiert. Als Bevollmächtigte der Republik stellt die OeKB Exporthaftungen für österreichische Exporte und Direktinvestitionen im Ausland aus. Wir fungieren dabei quasi als Kreditversicherung mit einer Garantie der Republik Österreich im Hintergrund. Darüber hinaus bieten wir den Exporteuren – über eine Refinanzierung ihrer Hausbank – günstige Finanzierungen von Exporten und Beteiligungen an. Im Grunde funktioniert dies so, dass sich das Unternehmen, das einen Export oder eine Investition vornehmen will, zuerst an seine Hausbank wendet. Von der Kundenanzahl überwiegt das KMU-Portfolio bei uns, das liegt auch an der generell großen Bedeutung der KMU für die österreichische Wirtschaft. Diesen Bereich deckt in unserer Gruppe vor allem der Exportfonds ab, der seit dem Vorjahr zu 100% zur OeKB gehört. (Anm. d. A.: Bis zum Vorjahr war noch die Österreichische Wirtschaftskammer am Exportfonds beteiligt).

 

Börse Express: Ich gehe davon aus, dass die Republik ihre Garantieübernahme nicht unentgeltlich zur Verfügung stellt.

Angelika Sommer-Hemetsberger: Natürlich hat der Staat auch Einnahmen aus den Garantien. Es werden Haftungsentgelte entrichtet und in manchen Jahren fallen diese Einnahmen sehr schön aus.

 

Börse Express: Zu den OeKB-Töchtern gehört auch ein eigenes Kreditversicherungsunternehmen, welches im In- und Ausland auftritt. Wie kam es dazu, dass die OeKB direkt in den Kreditversicherungsmarkt eingestiegen ist?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Normalerweise ist die OeKB dann gefragt, wenn es sich um Exporte in Länder mit einem sogenannten „nicht marktfähigen Risiko“ handelt. Also Länder, die zum Beispiel politisch nicht unbedingt als stabil gelten, oder wo es andere Umfeldrisiken gibt.

Wir waren schon immer in den Oststaaten tätig, auch im kurzfristigen Bereich. Mit der EU-Erweiterung 2004 wäre dieses Geschäft weggefallen, weil es sich nach dem Beitritt um Länder mit einem „marktfähigen Risiko“ handelte. So haben wir 2004 die OeKB-Versicherung als privates Kreditversicherungsunternehmen gegründet. 2014 wurde sie mit der Prisma Kreditversicherungs AG zusammengeschlossen und daraus die ACREDIA geformt. Wir halten derzeit 51% an der ACREDIA, die Euler-Hermes AG hält die restlichen 49%.

 

Börse Express: Neben den beiden bereits genannten Bereichen und ihren Kapitalmarkt-Services hat die OeKB eine Tochter, die der breiten Öffentlichkeit eher wenig bekannt ist, heuer aber bereits ihr zehnjähriges Jubiläum feiert. Können Sie uns ein wenig über die Tätigkeit der OeEB, der Oesterreichischen Entwicklungsbank erzählen?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Die OeEB stellt Finanzierungslösungen für wirtschaftlich tragfähige und entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte aus dem Privatsektor in Entwicklungsländern bereit. Sie engagiert sich im Bereich der Mikrofinanzierungen und ist stark im Sektor der Erneuerbaren Energien verankert. Insgesamt stellte die OeEB seit ihrer Gründung Finanzierungen in der Höhe von 590 Mio. Euro für klimarelevante Projekte zur Verfügung. Gegründet wurde sie 2008 weil es im Bereich der Privatsektorfinanzierung in der österreichischen Entwicklungszusammen-arbeit noch eine Lücke gab.

 

Börse Express: Und wie hat sich die OeEB in den zehn Jahren entwickelt?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Sehr erfolgreich. Die Bank hat mit fünf Mitarbeitern begonnen, heute sind es bereits über 60. Als 100%-Tochter arbeitet die OeEB natürlich auch sehr eng mit der OeKB zusammen. Im Jahr 2017 belief sich das Gesamtportfolio auf mehr als eine Milliarde Euro.

 

Börse Express: Von der OeEB möchte ich einen Sprung zum Thema Innovationen machen. Sie sind ja beim Wiener Start-up-Hub weXelerate einer der führenden Firmenpartner. Wie entwickelt sich dieses Engagement und was erwarten Sie sich davon?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Der Hub entwickelt sich wirklich toll. Wir schätzen das unkonventionelle Umfeld und erwarten uns vor allem neue Ideen, die durch das „Out of the Box-Denken“ vorangetrieben werden. Eine Bank ist stark reguliert, weshalb es im Tagesgeschäft wenig Raum für Neues gibt. Der Zugang zur Denkweise der Start-ups erweitert deshalb auf alle Fälle den Horizont. Wir versuchen mit Hilfe der Start-ups beispielsweise unsere Prozesse zu optimieren und zu automatisieren. Davon sollen letztlich unsere Kunden profitieren. Dazu kommt das Netzwerk unterschiedlicher Firmen, die bei weXelerate mit an Bord sind. Auch in diesem Netzwerk können wir Ideen austauschen.

 

Börse Express: Wie sehen Sie die Zukunft im Finanzgeschäft? Werden Technologien wie Blockchain tatsächlich die Finanzwelt revolutionieren wie vielerorts zu hören ist?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Blockchain ist sicher eine sehr interessante Technologie, allerdings stecken noch viele Aspekte davon in der Experimentierphase. Von der Idee her ist Blockchain spannend und wird die Branche wohl weiter begleiten.

 

Börse Express: Werden Kryptowährungen wie Bitcoin unsere jetzt bekannten Währungen ablösen?

Angelika Sommer-Hemetsberger: Daran glaube ich eher nicht. 

 

Teil 1 des Interviews mit Angelika Sommer-Hemetsberger finden sie zum Nachlesen hier

 

Aus dem Börse Express PDF vom 5. Mai