In den nächsten Wochen halten die Zehnjahresbetrachtungen eine spezielle Entwicklung bereit: Am 15. September jährt sich die Pleite von Lehman Brothers zum zehnten Mal. Die Wochen nach dem Zusammenbruch der damals viertgrößten Investmentbank der USA waren von heftigsten Marktschwankungen gekennzeichnet. Diese Tage werden nun sukzessive aus den Berechnungen von Kennzahlen herausfallen, die sich auf einen Zehnjahreszeitraum beziehen. Unser ‘Chart der Woche’ simuliert die Entwicklung der Zehnjahresvolatilität für amerikanische Aktien, basierend auf dem S&P 500. Unter der Annahme, dass uns eine Wiederholung der chaotischen Marktbewegungen vom Herbst 2007 erspart bleibt, wird die ex-post berechnete Volatilität förmlich kollabieren. Die extrem schwankungsarmen Phasen, wie sie etwa im Jahr 2017 auftraten, verstärken diesen Trend zusätzlich. Eine ähnliche Bewegung konnte im Herbst 1997 beobachtet werden, als der Crash von 1987 aus der Rechnung herausfiel.

Wenn die Volatilität sinkt können Investoren bei einem gegebenen maximalen Verlustrisiko höhere Positionen eingehen, also zum Beispiel den Anteil von Aktien in ihren Portfolios ausbauen. Eine erhöhte Nachfrage führt ceteris paribus zu höheren Bewertungen. Auch dieser Effekt kann in der Realität beobachtet werden: Niedrige Volatilität und damit (zumindest auf dem Papier) niedrige Verlustrisiken gingen in den letzten Jahrzehnten einher mit einem hohen Kurs-Buchwert-Verhältnis des S&P 500 und umgekehrt. Brechen jetzt, im zehnten Jahr des Bullenmarktes, nochmal rosige Zeiten an? Das ist nicht auszuschließen, wobei aber der Markt in den letzten Jahren schon einiges vorweg genommen hat, wie ein Blick auf die Bewertungen zeigt. Insofern bleiben wir konstruktiv, aber wachsam.