Für manch einen gehört ein weiterer Streamingdienst wohl nicht zu den Dingen, die die Welt am allerdringlichsten benötigt. Wenn der Anbieter dahinter aber einen Großteil der weltweit beliebtesten Film- und Fernsehproduktionen auf sich vereint - und zwar exklusiv und vergleichsweise günstig - kann die Sache eine andere sein. Für Walt Disney und seine Streaming-Pläne regnete es zuletzt jedenfalls reichlich Vorschusslorbeeren. Nun muss der Unterhaltungsriese liefern. Was bei Disney los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht:

DAS IST LOS BEI DISNEY:

Fast hundert Jahre hat der Traditionskonzern nun schon auf dem Buckel und an der Börse schwingt sich Disney aktuell zu immer neuen Höhen auf. Denn die Pläne um einen eigenen Videostreaming-Dienst in den USA sind eine Kampfansage an etablierte Streaming-Anbieter wie Netflix, Amazon und Co: Disney-Inhalte künftig nur noch auf "Disney+". So soll das neue Angebot heißen, das laut Konzernchef Robert Iger ab dem 11. Dezember in den USA und innerhalb von zwei Jahre auch in vielen anderen Teilen der Welt an den Start gehen soll. In früheren Plänen war zwar noch vom 12. November als Starttermin die Rede. Dem Zuspruch von Beobachtern tut das aber keinen Abbruch.

Das liegt vor allem an dem starken Inhalte-Angebot, mit dem der Konzern auftrumpfen kann. So wird es unter anderem neben den vielen Disney-Klassikern auch neue Spin-Off-Serien aus dem "Pixar"-, "Star Wars"- und dem "Marvel"-Universum geben. Aus Letzterem steht der vierte Avengers-Film "Endgame" derzeit kurz davor, James Camerons "Avatar" als bislang kommerziell erfolgreichster Film aller Zeiten abzulösen. Dazu werden auch Inhalte des zu Disney gehörenden Doku-Senders National Geographic zu sehen sein. Insgesamt sollen allein im ersten Jahr mehr als 25 neue Original-Serien und mehr als 10 Original-Exklusiv-Filme zum Angebot von Disney+ gehören. Und nicht zuletzt werden auch die "Simpsons" dort ein neues Zuhause finden - dank der jüngst abgeschlossenen Milliardenübernahme großer Teile des Rivalen 21st Century Fox.

Fans dieser Inhalte müssten also in jedem Fall wechseln, um weiterhin ihre Lieblings-Figuren verfolgen zu können. Bei einem Kampfpreis von 6,99 Dollar im Monat würde das finanziell wenig schmerzen: Das günstigste Netflix-Abo liegt preislich deutlich darüber - vor allem seit das Unternehmen zuletzt die Preise angezogen hat. Disney selbst muss dagegen erst mal viel Geld in die Hand nehmen. Im Jahr 2020 soll zunächst etwas über eine Milliarde Dollar investiert werden, 2024 dürfte die Summe dann bei ungefähr zweieinhalb Milliarden liegen. Bis zu dem Zeitpunkt erhofft sich der Konzern eine Nutzerbasis zwischen 60 und 90 Millionen Kunden weltweit - und darüber hinaus erste Gewinne verbuchen zu können.

Was das aktuelle Geschäftsjahr angeht, so hatte Disney sein zweites Quartal zuletzt positiv abgeschlossen. In den drei Monaten bis Ende März stiegen die Erlöse, verglichen mit dem Vorjahreswert, um knapp drei Prozent auf rund 15 Milliarden Dollar. Dabei profitierte der Umsatz bereits von der Fox-Übernahme sowie vom weiterhin florierenden Geschäft mit den Themenparks und Resorts. Die Kabelsparte mit dem angeschlagenen Sportsender ESPN und die Filmstudios warfen dagegen deutlich weniger Geld ab.

Je nachdem, in welches Jahresviertel Disneys große Kinohits fallen, schwanken die Ergebnisse traditionell aber recht stark. Analysten erwarten daher für das dritte Quartal wieder gute Zahlen dank des Erfolgs von "Avengers Endgame". Die Eröffnung der Star Wars-Themenparks in den Disney-Resorts dürften ebenfalls Schub gebracht haben. Disney veröffentlicht seine Zahlen am 3. August.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die Schweizer Großbank UBS hatte zuletzt die Frage aufgeworfen, ob die zahlreichen Streaming-Angebote nicht langsam zu einer gewissen "Abo-Müdigkeit" führen könnten. "Der Videomarkt ist in den vergangenen Jahren immer weiter zersplittert", schrieb Analyst John Hodulik in einer Studie Mitte Juni. Dieser Trend dürfte auch noch weitergehen, da fast jede Woche neue Dienste hinzukämen.

Allerdings: Eine jüngst von der Bank durchgeführte Studie unter 2000 US-Amerikanern über 18 Jahren hatte ergeben, dass 43 Prozent der Befragten stark oder zumindest etwas am neuen Disney-Angebot interessiert sind. Vor allem auf Jüngere sowie Menschen mit hohem Einkommen treffe das zu. "Wenn man bedenkt, dass Disney+ erst in einigen Monaten startet und bis dahin noch mehr Leute durch Werbung davon erfahren werden, dann ist das ein starkes Ergebnis", sagte Hodulik. Unter Disney-Investoren herrsche denn auch optimistische Stimmung.

Bei der US-Bank JPMorgan sieht man das ähnlich. "Auch wenn in der breiteren Medienlandschaft derzeit Unsicherheit herrscht, glauben wir, dass Disney mit seinem unschlagbaren Arsenal an Inhalten, seiner weltweiten Markenbekanntheit und den enormen Marketingmaßnahmen Erfolg haben wird", schrieb Analystin Alexia Quadrani Anfang Mai.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Fortschritte bei der Fox-Übernahme hatten den Disney-Papieren bereits Ende vergangenen Jahres immer wieder neuen Schwung verliehen. Richtig nach oben ging es dann allerdings in diesem Frühjahr, nachdem sich die Pläne zu Disney+ langsam herumsprachen. Von da an verzeichnete die Aktie regelmäßig neue Rekorde, wobei der letzte Höchststand etwa Mitte Juli bei 145,43 Dollar lag. Seit Jahresbeginn stieg der Kurs somit um mehr als 34 Prozent.

An der Börse bringt es Disney mittlerweile auf einen Wert von rund 260 Milliarden Dollar (231,5 Mrd Euro). Damit zählt der Konzern zu den Top 10 im US-Leitindex Dow Jones Industrial . Zum Vergleich: Disney bringt es fast auf die Marktkapitalisierung der beiden wertvollsten Dax -Konzerne SAP und Linde , die in Summe auf rund 247 Milliarden Euro kommen. Dabei ist die Walldorfer Software-Schmiede SAP mit 148 Milliarden Euro der wertvollste deutsche Konzern./kro/jsl/mis

 ISIN  US2546871060

AXC0060 2019-07-19/08:35

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