Keine Ansichtssache sind dagegen Zinsen, keine Ansichtssache ist auch die durch die Notenbanken gesteuerte Liquidität. Geldanlage ist immer eine relative Welt und Nullzinsen lassen viele Bewertungsmodelle in einem anderen Licht erscheinen. Und Liquidität sucht sich ohnehin ihren Weg.

Das Gewinnwachstum der Unternehmen ist wie immer unterschiedlich nach Region und Branche. Global bewegt es sich im Jahr 2019 in etwa um die Null-Linie. Die Aktienanstiege des Jahres 2019 sind aber deutlich. Ein Teil ist sicherlich der Aufholprozess nach dem sehr schwachen vierten Quartal 2018, ein weiterer Teil ergibt sich aber logischerweise aus einer Bewertungsausdehnung. Ist dies beunruhigend? Nein. Es ist angesichts des Zinsumfeldes und der Beträge, die Veranlagung suchen, sogar logisch.

Wir haben an dieser Stelle in diesem Jahr wiederholt darauf hingewiesen. Man muss nur wissen warum die Kurse steigen: Sind es die prosperierenden Unternehmensgewinne oder ist es die Mischung aus Nullzins und Liquidität? Mein Jahresausblick 2020 mit den Leitplanken wird Ihnen Anfang Jänner 2020 zugehen – und ich will nicht vorgreifen. Aber einen Hinweis werden wir sicherlich auch in das Jahr 2020 übertragen. „Don´t fight the FED.“ Gleiches gilt für die EZB. Die EZB wird unter Christine Lagarde politischer werden und die Staaten wohl zu mehr Investments animieren. Ob man sich - wie angekündigt - auch dem Klimathema widmen soll, ist zweifelhaft. So wichtig es auch ist, es ist nicht Aufgabe der Notenbank. Hatten wir die Notenbanken nicht mal „Währungshüter“ genannt? Wie weit wollen wir das Mandat noch ausweiten?

Der Blick fürs Wesentliche.

Wir haben 2019 gelernt, dass wir akzeptieren müssen, dass Donald Trump & Co die Weltpolitik prägen – und auch die Finanzmärkte. Wir haben gelernt, dass eine Antizipation des nächsten Schachzuges schwierig ist. Dies ist zu akzeptieren, da lamentieren keinen Mehrwert bringt. Der Blick fürs Wesentliche bleibt daher angesagt. Für die finalen Wochen des Anlagejahres möchten wir Ihnen einige Gedanken mitgeben:

Die Wirtschaft.

„Die Konjunkturerwartungen sind zu hoch“ – diese Kernthese unseres Jahresausblickes 2019 hat sich eindrucksvoll bestätigt. Heute ist dies jedem klar. Viele Anleger und Entscheider sind aber in der Tagesaktualität verfangen. Die Frühindikatoren haben sich allerdings in den letzten Wochen doch eindeutig stabilisiert. Die Rezessionswahrscheinlichkeit hat deutlich abgenommen. Sollten in den kommenden Wochen keine geopolitischen Unfälle passieren, dann wechseln wir auf die Gegenposition. Die Konjunkturerwartungen 2020 erscheinen uns derzeit eher zu negativ. Das wird viele Crash-Propheten und Dauerpessimisten auf dem falschen Fuß erwischen und die Aktienmärkte vorerst wohl weiter stützen.

Was ist dann das größte Risiko für die Aktienmärkte? Die Antwort wird Sie womöglich überraschen, weil es nicht Ihr erster Gedanke sein wird. Es ist aber die logische Fortschreibung der eingangs geschilderten Erkenntnisse. Das größte Risiko wäre eine deutliche Konjunkturbelebung mit steigenden Zinsen und sinkender Notenbankliquidität.

Ist dies unmittelbar zu erwarten? Nein. Unsere Kernthese ist: Keine Rezession, aber auch kein Wachstumsschub. Keine Zinswende durch die Notenbanken, die wohl noch unter dem Eindruck stehen, wie kläglich die Wende und Normalisierung in der zweiten Jahreshälfte 2018 gescheitert ist.

Damit haben sich unsere Anlagegedanken, mit denen wir Sie durch das Jahr 2019 begleitet haben, auch kurz vor dem Jahresende nicht verändert. Dividendentitel bleiben im Nullzinsumfeld logisch. Digitalisierung und Umwelttechnologien bringen Geschäftsmodelle, die wenig vom aktuellen Wirtschaftswachstum abhängig sind. Schwarz-Weiß-Denken ist immer ein schlechter Ratgeber. Nur Aktien und dann keine Aktien ist keine Strategie.

Legen Sie Ihre persönliche Aktienhöchstquote fest. Wir empfehlen derzeit einen Ausnützungsgrad von 75%. Und bewahren Sie sich den Blick auf die Depotstruktur. Die Beimischung von Gold macht portfoliotechnisch Sinn. Und wenn wieder über die Gefahren des US-Dollars oder des Pfund geschrieben wird, dann sehen sie dies nicht als Risiko, sondern auch als Chance. Die Wahrscheinlichkeit, dass der EURO im bald beginnenden neuen Jahrzehnt sich zur stärksten Währung der Welt aufschwingt, ist gering.