Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Noch in der Pandemie-Krise bricht ein Krieg in der Ukraine los. Vor allem durch verantwortungslose Schuldenpolitik geht die losgetretene Inflation jetzt durch die Decke. Der Export von Arbeitsplätzen verstärkt die Unterbrechung von Lieferketten. Die Manipulation der Zinsen verbunden mit der Schuldenexplosion verhindert ein adäquates Eingreifen der Notenbanken. Die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen (vor allem Deutschland) bringt die Regierung in die Zwickmühle von moralischen Sanktionen und der Schädigung der eigenen Wirtschaft. Hinzu kommt bei uns die unflexible Klimapolitik, die das nächste Damoklesschwert schaffen wird: Den Strompreis.

Relativ wahrscheinlich dürften die exorbitanten Preissteigerungen die Kaufkraft der Verbraucher schwinden lassen. Allen Ankündigungen und Prognosen der Regierungen und der Notenbanken zum Trotz werden die monetären Eingriffe überschaubar bleiben. Die Notenbanken müssen gerade bei dem erhöhten Kreditbedarf der Staaten die Märkte liquide halten und zu hohe Zinsen könnten eine Kreditkrise auslösen. Auf jeden Fall würden sie die Wirtschaft zusätzlich belasten.

Der Anleger ist nun in der Bredouille, in diesem eher negativen Umfeld sein Geld anzulegen. Die Gefahren von wirtschaftlicher Schwäche und leicht steigenden Zinsen sind Gift für die Aktienmärkte. Hier ist den dividendenstarken Qualitätsaktien den Vorzug vor Wachstumswerten zu geben. Außerdem sollte der Aktienanteil nicht voll investiert sein bzw. ein Teil davon als Tradingposition angesehen werden. Kauf in Schwäche- und Angstphasen und Verkauf nach gestiegenen Kursen.

Bei fortlaufender Geldentwertung bleiben Edelmetalle ein 20prozentiger Vermögensanteil. Sollte Gold sein bisheriges Hoch überspringen, dürfte der Preis weiter in Richtung 2500 Dollar - und dann (über Jahre) auch die 3000 Dollar - anvisieren. Während die Industriemetalle derzeit eine Konsolidierung durchlaufen, hat Silber eine große Zukunft vor sich. Es ist einerseits das „Gold des kleinen Mannes“, der meist in Edelmetalle unterinvestiert ist. Andererseits aber auch ein Rohstoff mit einzigartigen Eigenschaften, der zu 50 bis 75 Prozent industriell verarbeitet (unter anderen Schmuck, Medizin, Telefon, Chips, Auto, Fotovoltaik) wird und deshalb dem Kapitalmarkt erst gar nicht zur Verfügung steht.

Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung des Silberpreises in den letzten 12 Monaten enttäuschend. Der Preis notiert noch auf dem gleichen Niveau, während Industriemetalle zwischen 15 bis 100 Prozent gestiegen sind. Als Begründung wird ein „altes“ Gerücht vorgeholt, dass der Preis nicht am physischen Markt, sondern am „Papiermarkt“, mit Futures und Co „gemacht“ wird. Besonders die amerikanischen Großbanken beherrschen diesen Markt, weil sie fast 90 Prozent Marktanteil haben. Michael Lynch hat eine ausführliche Studie veröffentlicht, die die Vorgänge an der Comex durchleuchtet. JPMorgan habe in den letzten Jahren über 100 Millionen Silber eingesammelt. So konnten sie die Märkte liquide halten. Besonders bei Short-Spekulationen, denn da müssen ein Teil der Short-Position physisch hinterlegt sein. So konnte der Kurs unter bestimmten Basispreisen zu den Fälligkeitsterminen (zum Beispiel 26. April 2022 unter 24 Dollar) „gehalten oder gedrückt“ werden.

Er hebt allerdings hervor, dass sich das Verhalten der Marktteilnehmer in den letzten Monaten verändert hat. Die hohe Inflation habe dazu geführt, dass die Marktteilnehmer nicht mehr in „Papier“ angelegt haben, sondern sich Silber physisch ausliefern lassen. Dadurch habe JPM eine Menge Material verloren. Zudem kam eine Fehlspekulation „short“ der Bank of America, bei der JPM der BoA hilfreich eingesprungen ist. Insgesamt habe JPM 60 Prozent effektives Silber verloren. Sollte JPM durch das Anlegerverhalten gezwungen sein, Silber physisch weiter abzugeben, wird der Silbermarkt weniger liquide werden (besonders für Short-Spekulationen). Bei weiter steigender Nachfrage nach physischem Material könnte dadurch ein Short-Squeeze ausgelöst werden. Wer dann nicht in Silber investiert ist, dürfte den Preisen nur hinterher schauen. Kursziele von 30 bis 50 Dollar sind dann keine Utopie mehr. Russland spielt hier mal keine Rolle. Sie sind zwar der fünftgrößte Produzent, dies bedeutet aber nur 5,4 Prozent Marktanteil.

Im Vergleich zu Gold erscheint der „kleine“ Bruder billig. Das Gold/Silber-Verhältnis liegt aktuell bei 76. Beim Hoch im Jahre 2011 (Silber 50 Dollar, Gold 1920 Dollar) lag die Spitze bei 34. Wäre dieses Verhältnis (wie viele Unzen Silber erhalte ich für 1 Unze Gold) irgendwann wieder dort, läge der Silberpreis bei etwa 58 Dollar, aber nur dann, wenn sich der Goldpreis nicht bewegt. Steigt Gold dabei aber auf 2500 Dollar, errechnet sich ein Silberkurs von 73 Dollar, bei einem Goldpreis von 3000 Dollar, läge das Silber bei 88 Dollar. Dies sind zwar nur rechnerische Spielereien, aber der Faktor 34 wäre nicht neu. Und der Silberpreis hätte nur die Preissteigerungen der anderen Metalle nachgeholt.

Solange die Geldentwertung weiter fortschreitet, bleiben die Edelmetalle ein wichtiger Baustein der Vermögensaufteilung. Nach wie vor halte ich einen 20 prozentigen Anteil am liquiden Vermögen für richtig. Der hohe Gold/Silber-Index ist ein Argument, innerhalb der Edelmetalle auch in Silber zu diversifizieren. Kurzzeitige Kursrückgänge sind daher Kaufkurse. Auf Xetra gibt es den ETC Silber (A2T0VS), in Zürich das Silber hinterlegte Zertifikat der ZKB (CH0183135992), und zwar in den Währungen US-Dollar und Schweizer Franken und Euro. Reine Silberaktien sind dünn gesät, Marktführer ist Pan American Silver. Diese werden auch in Deutschland gehandelt, deren Umsätze sind aber gefährlich klein. In New York geht deutlich mehr um.

Edelmetalle sind nach wie vor eine denkbare Versicherung für das Vermögen. Man kauft sie und lässt sie liegen. Geduld gehört dazu. Sie wird sich am Ende auszahlen. Erst wenn sich das Börsenumfeld ändert, muss über eine Änderung der Vermögensdiversifikation nachgedacht werden. Eine solche Änderung ist allerdings vorerst nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die Angst vor Geldwertverlusten ist noch nicht im Markt.

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