„Die USA drücken der Weltwirtschaft derzeit ihren Stempel auf und das wird auch 2019 und 2020 so bleiben“, ist UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer überzeugt und ergänzt: „Drei Gründe sind für den bestimmenden Einfluss der USA auf die globale Wirtschaftsentwicklung ausschlaggebend: Die bereits laufende geldpolitische Verschärfung, der sich abzeichnende Konjunkturabschwung in den USA und die zunehmend protektionistische US-Wirtschaftspolitik.“

Niederschlag folgt erst. Die Unsicherheiten durch die Kehrtwende der USA zu einer protektionistischen Handelspolitik haben zwar bisher kaum zählbaren Niederschlag in realen Wirtschaftsdaten gefunden, allerdings haben die atmosphärischen Störungen die Konjunkturstimmung weltweit negativ beeinflusst. Die aktuellen Einkaufsmanagerindizes zeigen eine stagnierende Auftragsentwicklung im globalen Handel. Das wird sich in weiterer Folge auf die Investitionsbereitschaft ungünstig auswirken. In Kombination mit der seit 2015 laufenden geldpolitischen Wende in den USA mit höheren Zinsen und niedrigerer Liquidität kommen insbesondere die Schwellenländer unter Druck. Die US-Notenbank Fed wird die Bilanzverkürzung weiter vorantreiben und den Zinsanhebungszyklus vorerst noch fortsetzen. Bis Mitte 2019 werden die Leitzinsen voraussichtlich in drei weiteren Trippelschritten von 25 Basispunkten auf bis zu 3 Prozent angehoben werden. Danach allerdings könnte sich mit dem Ende des längsten Konjunkturaufschwungs der amerikanischen Geschichte die US-Notenbank zu einer erneuten Wende in der Geldpolitik gezwungen sehen und der US-Leitzinssatz könnte 2020 das Jahr wieder bei 2,25 Prozent beenden.

US-Rezession 2020. Die US-Wirtschaft wird 2019 an Schwung verlieren und voraussichtlich sogar in eine – wenngleich auch nur milde und kurze – Rezession zur Jahresmitte 2020 abrutschen, meint Bruckbauer. Die Erwartung ist, dass das Wirtschaftswachstum in den USA im Jahresdurchschnitt 2020 auf nur 0,7 Prozent zurückgehen wird, nach 2,4 Prozent 2019.

Die Folgen sind in einem geringeren Weltwirtschaftswachstum zu sehen, das sich vorerst insbesondere in den Schwellenländern zeigen wird und einen Rückgang des globalen Wachstums von 3,4 Prozent 2019 auf nur noch 2,7 Prozent 2020 bringen dürfte. Der Euroraum wird dem globalen Abschwung dank einer robusten Inlandsnachfrage vorerst noch standhalten können. Die nachlassende Unterstützung durch die lockere Geldpolitik und der Rückgang im globalen Handel können durch niedrigere Ölpreise und den günstigeren Kurs des Euros teilweise aufgefangen werden.

„Das Jahr 2019 wird im Euroraum von einer weiterhin guten Konjunkturentwicklung gekennzeichnet sein, wenn auch das Wirtschaftswachstum von 2 Prozent 2018 auf 1,7 Prozent 2019 abnehmen wird. Der Rückgang im Jahresdurchschnitt ist aber hauptsächlich einem statistischen Überhang geschuldet, während das Wachstumstempo in den einzelnen Quartalen weitgehend unverändert zu 2018 sein wird. Erst 2020 wird die globale Abschwächung auf die europäische Wirtschaft spürbar durchschlagen und nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent im Euroraum zulassen“, erwartet Bruckbauer.

Kein Zinsdruck in Europa. Infolge der Abschwächung der Konjunkturerholung wird sich im Euroraum kaum Inflationsdruck aufbauen, zumal der Euroraum auch 2020 sein Wachstumspotenzial nicht erreichen wird. Die Inflation ist im Euroraum in den vergangenen Monaten nur bedingt durch den höheren Ölpreis auf 2 Prozent im Jahresvergleich gestiegen.

Die Phase niedriger Zinsen wird somit in Europa voraussichtlich noch längere Zeit bestehen bleiben. Die Geldmarktzinsen werden nur langsam im Jahresverlauf 2020 aus dem negativen Bereich kommen und der Aufwind bei den langfristigen Kapitalmarktzinsen wird mit der Konjunkturabschwächung ab Mitte 2019 abflauen.

Die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa hat den Wechselkurs des Euros gegenüber dem US-Dollar 2018 unter Druck gebracht. Erst ab Mitte 2019 wird sich der Trend zu einem stärkeren US-Dollar bei 1,08 für einen Euro umkehren. Die Konjunkturabschwächung in den USA und das abnehmende Zinsdifferenzial bietet dann wieder Unterstützung für den Euro in Richtung 1,20 US-Dollar für einen Euro zum Jahresende 2020.