Trotz zahlreicher Berichterstattung über Millenials wurde bisher einer Entwicklung kaum Beachtung geschenkt: den gegensätzlichen Schicksalen der Millenials in Industriestaaten und Schwellenländern. Während Millenials in den Industriestaaten in den letzten Jahren aufgrund stagnierender Löhne, steigender Immobilienpreise und wachsender Studentenverschuldung unter Druck geraten sind, vollzieht sich ein völlig anderer Trend in vielen Schwellenländern.

Indien und die schnell wachsenden ostasiatischen Länder wie Indonesien verfügen über große Kohorten junger Menschen, denen eine vielversprechende Zukunft bevorsteht. Dies kann in den nächsten Jahren zu einem wichtigen Anlagethema werden. Wer diese Chancen nutzen will, muss jedoch die Eigenheiten der demografischen Struktur und die Verbraucherpräferenzen in den einzelnen Ländern kennen.

Wie in vielen Schwellenländern ist das öffentliche Verkehrsnetz in Indien schlecht ausgebaut. Mit dem Wohlstand steigt auch die Anzahl von Privatfahrzeugen, insbesondere von Motorrädern. In städtischen Gebieten und in den wohlhabenderen ländlichen Regionen Indiens werden Fahrzeuge nachgefragt, die sich von der Masse abheben. Die Hersteller sind bestrebt, von diesem Trend zu profitieren. So übernahm der Automobilhersteller Eicher Motors die britische Motorradmarke Royal Enfield, die für Qualität und Stil steht. Das Unternehmen findet großen Anklang bei jungen Verbrauchern.

Die Smartphone-Generation
Millenials in den Schwellenländern bevorzugen Smartphone-Marken aus dem eigenen Land oder aus anderen Schwellenländern gegenüber westlichen Marken. Smartphones von Huawei, Xiaomi und Lenovo verzeichnen in Indien einen rasanten Umsatzanstieg. Neue Telekommunikationsunternehmen bieten dieser Bevölkerungsgruppe mobile Datenpauschalen an, die ihren Anforderungen besser entsprechen als Pakete der etablierten Betreiber. Unternehmen wie Reliance Jo mit Sitz in Mumbai ködern Millenials mit unglaublich günstigen Datenpaketen. Wir werden sehen, ob der Erfolg in diesem starken Wettbewerbsumfeld anhält. Sicher ist, dass Telekommunikationsanbieter, die nicht auf die Erwartungen der jüngeren Generationen eingehen, zurückbleiben werden. Diese Entwicklung ist in allen Schwellenländern zu beobachten.

Die hohe Marktdurchdringung der Smartphones hat auch Auswirkungen auf die Bereiche Bildung, Gesundheit und Konsumgüter. Ein wohlhabender Millenial in Indien weiß, dass die Gesundheitsleistungen vor Ort nach internationalen Maßstäben schlecht sind. So kann es sein, dass er sich im Ausland von einer ausgezeichneten, privaten Krankenhauskette wie Bumrungrad in Thailand behandeln lässt. Grenzüberschreitende Leistungen werden in den Schwellenländern immer beliebter. Das ist ein interessanter Trend.

Chinesische Millenials
In den übrigen Schwellenländern ist das Bild der Millenials gemischter. Nehmen wir zum Beispiel China, wo Millenials vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie die im Westen. Als Ergebnis der Ein-Kind-Politik (1979-2015) müssen sie eine viel größere Kohorte von Rentnern finanzieren. Immobilien in Städten wie Beijing, Schanghai und Guangzhou sind ähnlich teuer wie in New York und London. Trotzdem sind die chinesischen Millenials eine sehr einflussreiche Verbrauchergruppe: Immerhin zählt diese Generation 415 Millionen Menschen, d. h. mehr als die gesamte Erwerbsbevölkerung der USA und Westeuropas zusammen. In den nächsten zehn Jahren dürfte ihr Einkommen laut Credit Suisse um 3 Billionen USD steigen. Sie fördern das Wachstum neuer Konzerngiganten, die sogenannten BAT (Baidu, Alibaba, Tencent), die hochmoderne Internetplattformen und Smartphone-Apps anbieten.

Alibaba ist aufgrund der wachsenden Nachfrage im Online-Handel eines der größten Unternehmen der Welt. Die jüngere Generation interessiert sich sehr für Spiele, das kommt Unternehmen wie Tencent und NetEase zugute. Die WeChat-App von Tencent hat 800 Millionen Nutzer.

Politik und Polizeistaat   
Mit den Daten der chinesischen Millenials, die sich in der Regel weniger um Datenschutz und Privatsphäre sorgen als ihre Pendants im Westen, entwickeln diese Technologieunternehmen Innovationen auf Basis von künstlicher Intelligenz und Fintech-Plattformen wie Peer-to-Peer-Lending. Auch der Staat hat Zugriff auf diese Datenmassen, die eine lückenlose Kontrolle ermöglichen. Die chinesischen Millenials sind jedoch keine passiven Opfer der staatlichen Kontrolle, sondern tragen entscheidend zur politischen Debatte im Land bei. Die jüngere Generation schätzt Lebensqualität, nicht nur stetig steigendes BIP. Der 19. Parteikongress hat uns gezeigt, dass die Regierung sich dieser Tatsache bewusst ist. Beispielsweise sorgen sich die Einwohner von Beijing um die Luftverschmutzung. Daher beschränkten die Behörden die Kohleverbrennung. In der Stahlindustrie wurden die Kapazitäten konsolidiert, um Werke mit schlechter Umweltbilanz und hohem Ausstoß stillzulegen. Diese Ergebnisse beweisen, dass die Millenials auch in einem Einparteienstaat die Politik prägen können.

Reformimpulse
In anderen Ländern haben die Millenials einen noch deutlicheren Einfluss auf die Politik. Massendemonstrationen, die von jungen Menschen in den sozialen Medien organisiert wurden, leisteten in Brasilien einen wesentlichen Beitrag zum Sturz von Dilma Rousseff. Die Amtsenthebung der ehemaligen Präsidentin erweckte Hoffnungen auf wirtschaftliche und politische Reformen. Der MSCI Brazil stieg 2016 um erstaunliche 66,2 Prozent, während der allgemeine MSCI Emerging Markets nur 11 Prozent zulegte. Indonesien, wo das Durchschnittalter unter 30 Jahren liegt, ist ebenfalls ein interessanter Fall. Ein Drittel der Wähler wählte bei der Präsidentschaftswahl 2014 zum ersten Mal und setzte auf den Reformkandidaten. Damit verhalf die junge Generation Joko Widodo zum Erfolg.

Auch die junge, wachsende Bevölkerung südlich der Sahara könnte mit der Zeit ähnliche politische und wirtschaftliche Vorteile durchsetzen, obwohl die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten darauf deuten, dass eine große Anzahl junger Menschen im erwerbsfähigen Alter ein gemischter Segen für Volkswirtschaften sein kann. Länder wie Saudi-Arabien könnten Schwierigkeiten bekommen, wenn sie der jüngeren Generation keine Arbeitsmöglichkeiten bieten. Der Arabische Frühling wurde von vielen jungen Menschen getragen, die keine Perspektive sehen. Wenn jedoch die Voraussetzungen stimmen, können Millenials ein massiver Motor für Wirtschaftswachstum und die Entwicklung in den Schwellenländern sein.