Am 141. Tag im Grasser-Prozess hat heute der Zeuge Eduard Zehetner, ehemaliger Finanzchef und später Chef der Immofinanz, die beiden Angeklagten Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger schwer belastet. Gleichzeitig entlastete er den Angeklagten Ex-Immo-Manager Christian Thornton. Zuvor hatte bereits ein Zeuge Argumente der Verteidigung entkräftet.

Laut Zehetner wurde von den beiden Lobbyisten ihre Nähe zu Finanzminister Karl-Heinz Grasser "verkauft". Den Bietern sei suggeriert worden, dass die guten Kontakte zu Grasser hilfreich sein könnten, mutmaßte Zehetner mit Verweis auf Aussagen von Managerkollegen, mit denen er über die Causa gesprochen habe. Die 9,6 Millionen Euro an Provision, die beide von der Immofinanz nach dem erfolgreichen Erwerb der Bundeswohnungen (Buwog und andere) erhalten haben, hätte er "nie, never ever" gezahlt.

Die zypriotische Gesellschaft Astropolis von Hochegger sei ein "Mantel zur Geldverteilung" gewesen, erklärte Zehetner. Stutzig gemacht habe ihn, dass die beiden Lobbyisten einen "Glücksspielvertrag" angeboten hätten. Sprich: Eine Zahlung hätte es nur bei einem Erfolg gegeben, bei derartigen Verträgen wäre aber eine zusätzliche Gebühr üblich, schließlich würde viel Arbeit in Lobbying fließen.

"Das ist so eindeutig wie nur, welchen Zweck dieser Vertrag hatte", so Zehetner zu Richterin Marion Hohenecker. Schon alleine der Umstand, dass der Vertrag über die Lobbyingtätigkeit erst kurz vor dem Verkauf der Buwog geschlossen wurde, sei "völlig unprofessionell". Für eine seriöse Arbeit sei das viel zu kurzfristig.

Das Hirn hinter der ganzen Causa sei Hochegger gewesen "weil er der Intelligenteste von allen ist", so Zehetner. Seinen Infos zufolge habe die Telekom Austria im Jahr 2001 ein PR-Budget von 130 Mio. Schilling (9,45 Mio. Euro) gehabt, das fast vollständig an die PR-Agentur von Hochegger gegangen sei. Dieser habe damit die öffentliche Meinung mitgestaltet. Bei diesen Summen seien die Zeitungsherausgeber "durch die Tür gekrochen", so der Zeuge.

Entscheidend sei jedenfalls, dass den Bietern bei Bundesimmobilien suggeriert worden sei, dass die beiden Lobbyisten mit ihrem guten Draht zum Finanzminister hilfreich sein könnten.

Während Zehetner Meischberger und Hochegger - und damit auch indirekt den Erstangeklagten Grasser - belastete, brach er eine Lanze für seinen ehemaligen Kollegen und nunmehr Angeklagten Christian Thornton. Dieser habe sich "extrem" für die Aufklärung der ganzen Vorfälle rund um die Buwog eingesetzt, ihm tue es persönlich leid dass dieser in diese Causa hineingezogen wurde.

In einem Punkt entlastete Zehetner auch weitere Angeklagte: Wie von der Verteidigung von Grasser und Meischberger mehrfach betont, könnte die Info über den zu zahlenden Betrag für die Buwog auch durch Indiskretionen zur Immofinanz gelangt sein - und nicht über das Trio Grasser, Hochegger und Meischberger, wie von der Anklagebehörde behauptet. Seine über 40-jährige Erfahrung in Führungsfunktionen zeige, dass das Bankgeheimnis nicht immer so geheim sei, wie vom Gesetzgeber gefordert, erläuterte Zehetner.

Der erste Zeuge des heutigen Tages hatte dies aber bestritten. Der ehemalige Aufsichtsrat der beim Buwog-Kauf unterlegenen CA-Immo meinte mehrfach, dass er sich eine Verletzung der Geheimhaltungspflichten, zumindest für die CA-Immo und die mitinvolvierte Bank Austria, nicht vorstellen könne.

Die Frage möglicher Indiskretionen ist deshalb wichtig, weil es den Vorwurf der Staatsanwaltschaft entkräften würde, dass Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser die Info über das erforderliche Kaufangebot über seinen Trauzeugen und Lobbyisten Walter Meischberger dem letztlichen Gewinner der Ausschreibung, der Immofinanz, mitgeteilt hat. Zur Erinnerung: Das Siegerkonsortium hatte lediglich um eine Mio. Euro mehr geboten als der Mitbewerber - bei einer Kaufsumme von 961 Mio. Euro. Der Prozess wird morgen mit weiteren Zeugen fortgesetzt.

stf/gru

 ISIN  AT00BUWOG001  AT0000A21KS2
 WEB   http://www.buwog.at
       http://www.immofinanz.com
       http://www.rlbooe.at

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