Schaut man nur auf die Nachrichten, könnte man glauben, dass die abgelaufene Handelswoche sich nahtlos in die vorherigen, zumeist eher wenig erquicklichen Bewegungen einreihte: Der Handelskrieg dominierte wiedermal die Schlagzeilen (inklusive „Marktkommentatoren“, die neue Rezessionen oder vielleicht gleich Finanzkrisen prophezeiten), dazu kam noch die Selbstauflösung der britischen Innenpolitik und ein Verfall beim Ölpreis und schon haben wir einen perfekten Mix aus makroökonomischen Problemen, der eigentlich zu einem weiteren Rückgang führen müsste. Oder?

Nicht wirklich. Die Europäischen Indizes konnten zwar nur leicht zulegen (der DAX war mit +0,2% am unteren Ende, während der ATX mit knapp +0,4% im Mittelfeld lag), in den USA entwickelten sich die Börsen hingegen durchaus positiv: Der S&P 500 legte um 2,3% zu, der technologielastige NASDAQ konnte dank der Zugpferde Amazon und Netflix sogar um 3,7% steigen. Zwar gab es hier schon die eine oder andere kleine Nachricht (ein neues Tarifsystem bei Netflix, ein Zukauf bei Amazon), aber tendenziell waren hier wohl eher andere Mächte am Werken.

Vor allem die Geldflüsse der internationalen Investoren zeichnen hier ein recht deutliches Bild. Emerging Markets Fonds verzeichneten die 10. Woche hintereinander Geldausflüsse, insgesamt gab es hier einen Rückgang von 17 Mrd. US-Dollar seit Mai. Ganz offensichtlich versuchen hier größere Investoren, die vor allem aus den USA stammen, ihre Positionierung zu ändern. Die möglichen Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits könnte die Angst vor einer wirtschaftlichen Abkühlung (Stichwort Handelskrieg!) vor allem auf die rohstofflastigen Emerging Markets wie Brasilien drücken. Andererseits sorgen insbesondere US-Zinserhöhungen immer für Sorgen bei den Investoren, dass einige Länder ihre oftmals in US-Dollar aufgenommenen Schulden nicht mehr begleichen können (quasi Asienkrise 2.0). Gegen beide lassen sich zwar gute Argumente finden (die Rohstoffnachfrage, insbesondere aus China ist momentan sogar eher am Steigen und das aktuelle Zinsniveau kann wohl kaum als sonderlich dramatisch angesehen werden), aber sobald die Herde losläuft setzen oftmals die rationalen Gedanken aus. Besser das Geld frühzeitig heimbringen, als sich dann von seinen Kunden anhören müssen, wieso man das Investment in Südostasien nicht aufgelöst hat, wenn doch „eh klar war“, dass es da Probleme geben wird?

Aber was tun mit dem Geld? Zuerst mal wieder heim damit, in die USA. Der Markt ist zwar vergleichsweise teuer, aber zumindest gibt es aus Sicht eines Amerikaners hier keine politischen Risiken (worüber viele Europäer nur den Kopf schütteln können, aber gut; Standpunkte sind verschieden…). Bleibt nur die Frage: Was kaufen? Hier kommen dann Netflix und Amazon ins Spiel. Beide Aktien sind in den jüngsten Monaten gut gelaufen, da wird sich kein Kunde aufregen, wenn er die im Portfolio hat. Mit ein bisschen Fantasie und einer gehörigen Portion Optimismus kann man sogar die Bewertung rechtfertigen, immerhin können beide Firmen ja praktisch die Welt übernehmen in ihrer jeweiligen Branche (zumindest in der Theorie). Also rein mit dem Geld in Aktien, die seit Jahresbeginn über 50% (Amazon) beziehungsweise bereits über 100% (Netflix) gemacht haben. Was soll schon schiefgehen? Grundsätzlich wären zwar die Industriewerte und die Banken interessanter, aber da muss man dann erst wieder mit den Kunden diskutieren.

Ob diese Strategie langfristig erfolgreich ist, kann man durchaus hinterfragen, denn dieses „Buy high, sell higher“ funktioniert leider nur, solange man jemand findet, der immer noch ein bisschen mehr für die Firma zahlt, als man selbst. Die gegenteilige Strategie wäre sich Unternehmen anzusehen, die aufgrund der jüngsten Turbulenzen abgestraft wurden und dementsprechend deutlich unter ihrem Wert notieren. Dass die erfolgreichsten Investoren unserer Zeit alle Anhänger der letzteren Strategie sind, ist sicherlich nur Zufall.

Oftmals benötigt es aber einen Trigger, um das „Herdenverhalten“ an der Börse zu durchbrechen. Eine Möglichkeit dafür könnte die US-Berichtssaison bieten. Hier werden die Karten neu gemischt und die Firmen bekommen die Chance ihre „Sicht der Ereignisse“ darzustellen. Einen guten Anfang machte diese Woche der US Getränke- und Snackhersteller Pepsi, der die bearishen Analysten mit eindrucksvollen Zahlen zum Schweigen brachte. Heute Nachmittag liefern einige US-Großbanken ihre Ergebnisse ab. Vielleicht sehen wir da ja gleich weitere Schafe, die aus der Herde ausbrechen und schauen, ob das Gras auf der nächsten Wiese nicht vielleicht doch ein bisschen grüner ist…