Das Weiße Haus zündet eine Nebelkerze nach der anderen und die Lage wird immer unübersichtlicher. Aber Vorstände eines der weltweit herausragendsten Unternehmen festnehmen zu lassen, um China gefügig zu machen? Es ist eine unfassbare Provokation zu einem äußerst heiklen Zeitpunkt. Kein Wunder, dass die Meldung Schockwellen an den Weltbörsen auslöste.

Man muss sich jetzt natürlich fragen, wo das US-Regime noch haltmachen wird, nachdem Appeasementpolitik von allen Seiten wirkungslos bleibt.

Die deutschen Autobosse haben sich bereits in die Zange nehmen lassen müssen. Ihr recht peinliches Stelldichein im Weißen Haus war vermutlich eher kontraproduktiv, weil sie dort ihre Schwachstellen entblößt haben. Als Nächstes könnten Konzerne wie Siemens (WKN:723610) und SAP (WKN:716460) drangsaliert werden. Aber der Reihe nach.

Wir sind Huawei

Auf den ersten Blick kann es uns egal sein, wenn die USA und China sich gegenseitig verkloppen – von wegen „wenn zwei sich streiten …“. Aber auf den zweiten Blick steckt in Huawei ganz schön viel Deutschland, wie ich bereits vor knapp zwei Jahren für einen Artikel recherchierte.

Das Unternehmen ist die Nummer 1, wenn es um die Zahl angemeldeter Patente in Europa geht, unterhält dort Partnerschaften mit zahlreichen Universitäten und beschäftigt fast 2.000 Forscher und Entwickler, viele davon in Deutschland. Huawei füllt hier die Lücke, die frühere Handyhersteller und Netzwerktechniker hinterlassen haben. Dazu gehört auch Siemens, die vor rund 15 Jahren entscheidende Starthilfe für Huawei leistete.

In dem bis heute existierenden Joint-Venture TD Tech wurde damals gemeinsam mit Huawei und anderen chinesischen Partnern ein eigener Mobilfunkstandard der dritten Generation namens TD-SCDMA entwickelt, mit dem sich das Land unabhängig von den horrenden Lizenzgebühren machte, die etwa die amerikanische Qualcomm (WKN:883121) verlangte. Seither hat sich der Aufstieg von Huawei extrem beschleunigt, sodass der Konzern heute ein dominierender Mobilfunknetzausrüster ist.

Was die Smartphones angeht, haben Partnerschaften mit Porsche Design, Leica und anderen deutschen Partnern dazu beigetragen, die Marke zu einem echten Herausforderer für Apple (WKN:865985) selbst in den obersten Segmenten aufzubauen.

Darüber hinaus sind Dutzende deutscher Konzerne Entwicklungsallianzen mit dem Konzern eingegangen. Ausgewählte Beispiele: Bei Bosch geht es um den intelligent vernetzten Verkehr, bei Audi um selbst fahrende Autos, bei SAP um integrierte Rechenzentren, bei Siemens um das Ausrollen der MindSpere-Industriecloud und bei der Deutschen Telekom (WKN:555750) unter anderem um 5G-Netze.

Die deutsch-chinesische Kooperation geht viele Jahre zurück und kann zweifellos auf viele gemeinsame Erfolge verweisen.

Worum es dem US-Regime wirklich geht

Es erscheint unlogisch, was die USA Huawei vorwerfen. Es muss nur einmal herauskommen, dass die kommunistische Partei Huawei als Spionagevehikel benutzt, und der gesamte Konzern wäre erledigt. Bei der Telekom ist man ebenfalls irritiert wegen der unbelegten Anschuldigungen gegenüber einem ihrer strategischen Lieferanten. Hier scheint man im Weißen Haus von sich auf andere zu schließen – schließlich waren es die das Internet dominierenden Amerikaner, welche per Totalüberwachung ihre Fühler bis ins Bundeskanzleramt ausgestreckt hatten.

Für mich ist klar: Deutschland wird drangsaliert, weil es bessere Autos baut, und Huawei, weil es auf bestem Weg ist, amerikanische Aushängeschilder wie Cisco (WKN:878841), Qualcomm und Apple auszustechen. Denkt man das aggressive Agieren der Amerikaner weiter, dann könnte es gut sein, dass beispielsweise Siemens und SAP als Nächstes ins Visier geraten.

Darum sind Siemens und SAP jetzt in Gefahr

Siemens gegen General Electric (WKN:851144) und SAP gegen Oracle (WKN:871460), das sind zwei der ganz großen transatlantischen Rivalitäten der letzten Jahrzehnte. In beiden Fällen scheint sich das Blatt zugunsten der deutschen Seite zu wenden.

GE löst sich gerade in seine Einzelteile auf. Zum Teil wird schon spekuliert, ob der Abwärtsstrudel überhaupt noch aufgehalten werden kann. Was liegt da näher, als eine Breitseite gegen Siemens abzufeuern, um GE wieder in eine bessere Wettbewerbsposition zu bringen? Die Interventionen in Iran und Irak sowie das falsche Spiel mit Saudi-Arabien könnten sogar schon die ersten Schritte einer solchen Kampagne darstellen.

Oracle ist zwar noch wertvoller als SAP, aber was Innovationen angeht, haben die Walldorfer wahrscheinlich die besseren Karten. Im früher stark umkämpften Bereich der Warenwirtschaft ist SAP sowieso längst weggezogen. Dass SAP nun auch noch dabei ist, im Cloudgeschäft zu einer bedeutenden Größe zu werden und damit riesige Datenmengen auch von US-Unternehmen zentral verarbeiten würde, könnte dem Regime ein Dorn im Auge sein.

Im Weißen Haus mag man keine Champions, die in ausländischer Hand sind. Es hat mittlerweile deutlich gemacht, dass man auch vor grenzwertigen Maßnahmen nicht zurückschreckt und etablierte Regeln nicht mehr respektiert. Als Anleger werden wir sehr genau beobachten müssen, wie sich das alles weiterentwickelt. Möglicherweise sind harte Einschnitte notwendig, um sich aus der Schlinge zu befreien, die sich langsam zuzuziehen droht.

Auch wenn es sicherlich an der kommunistischen Führung einiges zu kritisieren gibt, erscheint die deutsch-chinesische Partnerschaft derzeit fruchtbarer. Oder wie es Bundespräsident Steinmeier am 7. Dezember an der Sichuan-Universität mit Bezug auf die zunehmende Distanz der USA gegenüber der internationalen Ordnung ausdrückte: „… dann müssen wir – Deutschland und China – umso mehr für die Erhaltung dieser Ordnung eintreten, vom Handel bis zum Klimaschutz und darüber hinaus.“

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Ralf Anders partizipiert über ein von ihm betreutes Indexzertifikat an der Aktienentwicklung von Siemens. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Apple. The Motley Fool besitzt Aktien von Oracle und Qualcomm und besitzt die folgenden Optionen: Long Januar 2020 $150 Calls auf Apple, Short Januar 2020 $155 Calls auf Apple, Short Dezember 2018 $52 Calls auf Oracle und Long Januar 2020 $30 Calls auf Oracle.