Inflation steigt deutlich, Zinsen ziehen nicht mit (Alexander Eberan)
05.03.2021 | 09:17
Die kommende Inflation oder sogar eine drohende Hyperinflation sind aktuell dominierende Themen in der Finanzberichterstattung. Hintergrund der Befürchtungen sind die exorbitanten Hilfsprogramme im Zuge der Corona-Krise, durch die Regierungen und Notenbanken enorme Mengen an Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Tatsächlich erwarten auch die Experten der Steiermärkischen Sparkasse Private Banking für 2021 und 2022 einen deutlichen Anstieg der Inflation in Richtung 3 % (Durchschnitt 2020 1,4 %) und begründen dies mit dem Basiseffekt der Ölpreisentwicklung und dem vermutlich demnächst anspringenden privaten Konsum.
Abweichend von bisherigen Gesetzmäßigkeiten werden aber die Zinsen angesichts der allerorts hohen Staatsschulden nicht steigen, so die Anlageexperten der Steiermärkischen Sparkasse Private Banking. Sie empfehlen demzufolge, in Sachwerte wie Aktien oder in Einzelfällen auch in Rohstoffe zu investieren.
Ölpreis und Konsum pushen Inflation
In den nächsten Monaten werden voraussichtlich zwei wichtige Komponenten für steigende Inflationsraten zusammenkommen, welche die Verbraucherpreise kurzfristig sogar über den genannten Prognosewert von 3 % steigen lassen könnten. Erstens spricht die Entwicklung des Ölpreises für solch ein Szenario: Mit dem Lockdown des letzten Jahres sind die Ölpreise förmlich in sich zusammengebrochen, haben sich inzwischen aber wieder deutlich erholt. Vergleicht man den aktuellen Ölpreis (Brent in Euro) mit den Werten zum jeweiligen Monatsende des letzten Jahres, so zeigt sich ein gewaltiger Basiseffekt. Per Ende Februar 2021 liegt der Ölpreis um fast 20 % über dem Vorjahreswert, per Ende März laut Prognose sogar um mehr als 160 % (siehe Tabelle). Es ist daher zu erwarten, dass die Verbraucherpreise bedingt durch diesen Basiseffekt im Ölpreis auch entsprechend deutlich anziehen werden. Zweitens wird ein vermutliches Ende des Lockdowns spätestens im Juni einen zusätzlichen starken positiven Effekt aus dem privaten Konsum auf die Inflation auslösen, wenn sich endlich das gesellschaftliche Leben wiedereinstellt.
Monat |
Änderung des |
29.01.2021 |
-12,17% |
28.02.2021 |
19,55% |
31.03.2021 |
165,69% |
30.04.2021 |
137,48% |
30.05.2021 |
72,06% |
30.06.2021 |
49,51% |
Datenquelle: investing.com, eigene Berechnungen
Zinsniveau bleibt tief
Laut Lehrbuch müssten diese höheren Inflationsraten für steigende Zinsen sorgen. Die Steiermärkische Sparkasse geht aber in ihrer Analyse davon aus, dass die kurzfristigen Zinsen, deren Entwicklung quasi ausschließlich in der Hand der Notenbankpolitik liegt, angesichts der hohen Staatsverschuldungen kaum steigen werden. Inflation einerseits und niedrige Zinsen andererseits verheißen für den klassischen Sparbuchsparer nichts Gutes: Die Kaufkraft seiner Ersparnisse schmilzt wie Butter in der Sonne.
Immobilien als safe haven?
Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 haben private und institutionelle Investoren ihr Kapital in hohem Ausmaß in Immobilien umgeschichtet. Waren die Immobilienpreissteigerungen von 2001 bis 2010 stets etwa in der Höhe der Inflation gelegen, so sieht man bei ihnen ab 2010 bis heute einen deutlich über der Inflation liegenden Preisauftrieb. Man spricht dabei auch von einer „asset price inflation“. Da sich der Anstieg von Löhnen und Gehältern in der Regel an den Verbraucherpreisen orientiert, ist der Erwerb von Eigenheimen für junge Familien inzwischen zu einem Kraftakt geworden.
Aktien und Rohstoffe
Immobilien werden daher künftig nicht mehr dieselbe Rolle wie in der vergangenen Dekade spielen. Will man also verhindern, dass das Vermögen durch Inflation und niedrige Zinsen real immer kleiner wird, sollte man als Alternativen Rohstoffe und Aktien in Betracht ziehen, wobei der Kauf von Rohstoffen – außer bei Gold – spezielle Kenntnisse über die Funktionsweise der Märkte erfordert. Für Aktien sprechen zwei Faktoren. Erstens ist diese Assetklasse im Gegensatz zu Immobilien bei den meisten privaten und institutionellen Investoren bezogen auf das Gesamtvermögen noch unterrepräsentiert, Verschiebungen sind daher nicht unwahrscheinlich. Zweitens sollten vor allem börsennotierte Unternehmen von der wiederkehrenden Normalität und dem damit verbundenen Kaufboom profitieren. Inflation bedeutet höhere Preise und höhere Preise bedeuten höhere Gewinne. Die sicherste Variante an den Unternehmensgewinnen zu partizipieren, ist eine breite Streuung in Investmentfonds. Mit einem langfristigen Veranlagungshorizont sind Aktienfonds eine gute Wahl.
Für die kürzere Investmentdauer empfehlen die Experten der Steiermärkischen Sparkasse die Beimischung von Anleihen, die die Volatilität in einem Portfolio reduzieren. Eine Rendite bringen sie aber kaum, denn selbst das in den USA inzwischen wieder deutlich gestiegene Renditeniveau ist noch weit von seinen Höchstständen der jüngeren Vergangenheit entfernt.