Mit Kapsch hat diese Woche ein Wiener Unternehmen diese leidvolle Erfahrung machen müssen. Gehen wir chronologisch vor: Am Mittwochnachmittag veröffentlichte man eine Gewinnwarnung in der man bekannt gab, dass der Betriebsgewinn (EBIT) innerhalb der ersten 3 Quartalen des laufenden Geschäftsjahres 2019/20 nur bei rund 7,7 Mio. Euro liegt, ein Rückgang von 77% im Jahresvergleich. Aufgrund dieses schwachen Ergebnisses musste man sich auch von der bisherigen Guidance für das Gesamtjahr verabschieden (EBIT von 35 Mio. Euro). Dann eine weitere Hiobsbotschaft für das Unternehmen: Das nächste Kapitel in der Farce der deutschen Autobahnmaut wurde aufgeschlagen. Wie deutsche Medien unter Berufung auf das deutsche Verkehrsministerium berichteten, konnte in einer im Jänner initiierten Streitbeilegung keine Einigung erzielt werden. Die potenziellen Betreiber - neben dem österreichischen Maut-Kontrolleur sind dies die Firmen Autoticket und CTS Eventim stellen Schadenersatzforderungen wegen entgangener Gewinne in Höhe von 560 Mio. Euro. Während der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer jede Schadenersatzansprüche der Betreiber bestreitet, ging man nun sogar selbst in die Offensive und reichte seinerseits Klage ein. Der deutsche Bund wirft den Unternehmen Vertragsverletzungen wie etwa nicht erbrachte Leistungen vor, wobei man über die Höhe der Forderungen noch keine Angaben machen wollte. Diese Klage der deutschen Bundesrepublik wird wohl bei Kapsch in etwa auf so viel Verständnis stoßen, wie die Einführung der diskriminierenden Maut in Deutschland bei vielen EU Rechtsexperten. Oder wie es Giovanni Trapattoni wohl drastischer formulieren würde: „Was erlauben Scheuer?!“ Die Konsequenzen fielen deutlich aus: Bis gestern ließ der Aktienkurs seit der Gewinnwarnung um rund 11% nach.

Jedoch bringt der österreichische Wochenrückblick auch positive Überraschungen mit sich, wie jene der von UNIQA getätigten Akquisition des CEE Portfolios von AXA. Am Freitagabend in der vergangenen Woche gab das Versicherungsunternehmen bekannt, dass man für rund 1 Mrd. Euro die AXA Tochtergesellschaften in Polen, Tschechien und der Slowakei erwirbt. Kaufgegenstand sind Versicherungsunternehmen in den Bereichen Leben und Nicht-Leben sowie Wertpapierfirmen, Pensionskassen und Servicegesellschaften, welche die Marktstellung von UNIQA in der Region weiter stärken. Insgesamt steigt das Unternehmen nun zum 5. größten Versicherungsunternehmen im CEE Raum auf (zuvor auf Platz 7). Der Kaufpreis soll dabei ohne Kapitalerhöhung, nur durch Fremdkapital und bestehende Eigenmittel gestemmt werden. Die Akquisition, die von vielen Marktteilnehmer als strategisch kluger Schritt betrachtet wird, ließ den Aktienkurs bis Dienstag um mehr als 12% ansteigen.

Zudem sorgte vergangene Woche eine weitere Akquisition mit österreichischer Beteiligung für Schlagzeilen. Am Montag gab ams weitere Ziele zur OSRAM Übernahme bekannt. Demnach will man ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit OSRAM abschließen, wofür man eine Zustimmung von 75% der OSRAM Aktionäre im Zuge einer außerordentlichen Hauptversammlung benötigt. Das Management ließ dabei die Absicht erkennen durch weitere Aktienzukäufe über den Markt, selber über die 75% Hürde an OSRAM Aktien zu springen, um somit nicht mehr auf die Zustimmung anderer Aktionäre angewiesen zu sein. Dies wäre ein wichtiger Meilenstein, da man somit der Kontrolle über die Finanzen von OSRAM erhalten würde und somit die Entschuldung nach der teuren Akquisition vorantreiben könnte.

From Austria to the USA. Nein, Sie werden jetzt nicht die millionste Abhandlung darüber lesen wie Arnold in die große weite Welt auszog um Mister Universe und Gouverneur von Kalifornien zu werden. Vielmehr wollen wir heute auf andere Glücksritter und Leidklagende auf der anderen Seite des großen Teiches blicken. Wir richten die Scheinwerfer erstmals auf die Abenteuer von Pete, Bernie, Elizabeth, Amy, Joe und Michael. Das klingt im ersten Moment zwar wie eine neue Ausgabe von 5 Freunde für die ältere Generation bzw. der Knickerbocker Bande für die jüngere Generation, in Wahrheit handelt es sich aber um die Vorwahlen der Demokraten. Die ersten kleinen Etappenziele wurden bereits erreicht und lieferten einige Überraschungen. Über die größte durfte sich dabei wohl der laut Umfragewerten bisherige Spitzenkandidat Joe Biden „freuen“. Der liberal-konservative Kandidat, der sich bisher auch dank Rückhalt des innerparteilichen Establishments vielleicht zu sehr in Sicherheit wog, konnte nämlich sowohl in Iowa, als auch in New Hampshire entgegen der meisten Erwartungen keinen Spitzenplatz einfahren. Tatsächlich landete er in Iowa auf dem 4., in New Hampshire sogar bloß auf dem 5. Platz. Die Stimmung im Biden-Lager dürfte angesichts dieser Ergebnisse entsprechend angespannt sein, anders lassen sich die jüngsten verbalen Entgleisungen gegenüber einer jungen Gesprächspartnerin („lying, dog-faced pony soldier“) kaum erklären. Umso größer fällt dafür die Freude seiner Mitbewerber Sanders (siegte knapp vor Buttigieg in New Hampshire) und Buttigieg (siegte knapp vor Biden in Iowa) aus, die bisher den Großteil der schon vergebenen (von insgesamt 1991 benötigten) Delegierten hinter sich vereinen konnten. Aktuell sieht die Verteilung wie folgt aus: Buttigieg 22, Sanders 21, Warren 8, Klobuchar 7, Biden 6. Das ist insbesondere aus Sicht Pete Buttigiegs, welcher in seiner klaren Rolle als Underdog bei vielen Beobachtern diesseits des Atlantiks wohl jetzt erst auf dem Radarschirm aufgetaucht ist, bemerkenswert. Während die Kampagne des ehemaligen Bürgermeisters von South Bend (Indiana) von einigen amerikanischen Pressevertreten im Vorfeld zwar immerhin als Achtungserfolg gewürdigt wurde, machen seine jüngsten Erfolge ihn zu einem ernstzunehmenden Widersacher im Rennen um das Amt des Präsidentschaftskandidaten.

Doch auch Bernie Sanders konnte mit seiner sozialistischen Einstellung scheinbar mehr als nur seine historisch starke Kernwählerschaft überzeugen. Umfragewerten zufolge, versteht es der Senator aus Vermont dabei wie kein anderer Demokrat insbesondere die junge Wählerschaft von unter 30-Jährigen zu mobilisieren, was sicherlich nicht zuletzt mit der dynamischen und markanten Art des 78-Jährigen zusammenhängt. Inhaltlich unterscheiden sich alle Kandidaten bei genauerer Betrachtung ohnehin nur marginal, weshalb auch dieser politische Schlagabtausch wohl eher auf persönlicher als sachlicher Ebene entschieden wird. Doch auch trotz all dieser anfänglichen Aufregung sollte man eines nicht vergessen: Feststeht bis jetzt, dass noch nichts feststeht. Eine solide Aussagekraft der Ergebnisse aus Iowa und New Hampshire ist aufgrund des Mangels an demographischer Diversität faktisch nicht existent und ein Wildcard-Kandidat, der sich momentan erst richtig warmläuft, hat bisher an noch gar keiner Vorwahl teilgenommen. Der Milliardär Michael Bloomberg setzt die aus seiner Sicht irrelevanten ersten Staaten aus und wird sich den Wählerinnen und Wählern zum ersten Mal am sogenannten Super-Tuesday stellen (3.3.2020), dem Dienstag, an dem in einer Vielzahl der Bundesstaaten Vorwahlen stattfinden und somit auch die meisten Delegierten gewählt werden. Das dann allerdings, wie sich aus seiner aktuellen Medienoffensive schließen lässt, mit aller Macht. Und auch wenn der ehemalige Bürgermeister von New York erst spät in das Rennen einstieg, attestieren ihm die Buchmacher in Las Vegas bereits die zweithöchsten Gewinnchancen. 

Aus dem Börse Express-PDF vom 17. Februar - die Analystenempfehlungen und den Chart im Vergleich gibt's hier.

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