Der weltgrößte Gasekonzern Linde ist gut durch die Corona-Pandemie gekommen und zeigt sich auch für 2021 optimistisch. Beim Gewinn will der Dax -Konzern erneut deutlich zulegen. Dabei setzt Linde vor allem auf gut laufende Geschäfte rund um das Gesundheitswesen, Elektronik und saubere Energie. Bei letzteren sieht das Unternehmen großes Potenzial im Geschäft mit so genanntem grünen Wasserstoff. Die gute Geschäftsentwicklung und die Hoffnung auf mehr spiegelt sich auch im Aktienkurs wider - die Aktie erklimmt ein Rekordhoch nach dem anderen. Die wichtigsten Punkte für den Konzern, was Experten sagen und wie es für die Aktie läuft.

DAS IST LOS BEI LINDE:

Linde ist seit der Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair 2018 der weltgrößte Anbieter von Industriegasen. Der Konkurrent der französischen Air Liquide und der US-amerikanischen Air Products beliefert die Auto-, Öl-, Chemie- und Metallindustrie genauso wie Lebensmittelhersteller und Krankenhäuser. Den Löwenanteil der Umsätze und Gewinne erwirtschaftet Linde in der Region Amerika, jeweils gut 20 Prozent der Erlöse kommen aus Europa und Asien. Weltweit beschäftigt Linde 80 000 Mitarbeiter. Hauptaktionäre sind angelsächsische Investoren.

Durch die Corona-Krise kommt Linde bislang besser als erwartet. 2020 machte der Konzern mehr Gewinn und zeigte sich zuletzt auch zuversichtlich für 2021. Linde habe sich "außerordentlich gut" geschlagen, sagte Vorstandschef Steve Angel, der den Konzern in Danbury in den USA leitet, bei Vorlage der Jahreszahlen im Februar.

"Mit Blick auf die Zukunft bleiben die kurzfristigen wirtschaftlichen Aussichten zwar unsicher", so Angel. Dennoch sei er zuversichtlich, dass Linde unabhängig vom wirtschaftlichen Umfeld ein zweistelliges Wachstum des Gewinns pro Aktie erzielen und eine etwaige Konjunkturerholung auch noch nutzen könne. Für 2021 peilt Linde einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn je Aktie von 9,10 bis 9,30 US-Dollar an. Für das erste Quartal kalkuliert das Management mit 2,20 bis 2,25 Dollar. Dabei sollen sich Wechselkurseffekte eher positiv auswirken.

Der ehemalige Praxair-Chef Angel führt den Konzern nach US-Stil: Linde schüttet jedes Quartal eine Dividende aus und bilanziert in Dollar. Zudem startete der Konzern Anfang des Jahres ein neues Aktienrückkaufprogramm. Der Konzern will bis Mitte 2023 Aktien für bis zu fünf Milliarden Dollar erwerben.

Seit dem Zusammenschluss trimmt Angel den Konzern auf Profitabilität. Dies kam Linde auch 2020 zugute. Künftig will der Linde-Chef das Geschäft mit Wasserstoff stark ausbauen. Linde erzielt laut Angel schon heute mehr als zwei Milliarden Dollar Umsatz mit Produktion, Vertrieb, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff. "Und angesichts der erwarteten Investitionsvorhaben von mehr als 100 Milliarden Dollar denke ich, dass sich unser Wasserstoffgeschäft in Zukunft vervierfachen könnte", sagte er vor wenigen Monaten. Gerade bei großen Transportmitteln wie Lastwagen, Zügen, Fähren und Bussen werde sich Wasserstoff zuerst durchsetzen.

Linde baut auch schon für eine Zeit ohne Angel als Chef vor. Wenn alles gut läuft, könnte Vorstandsmitglied Sanjiv Lamba in rund einem Jahr den Chefsessel übernehmen, schrieb das "Handelsblatt" jüngst unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Lamba, der bereits vor der Fusion mit Praxair bei Linde im Vorstand saß, leitet seit Januar das operative Geschäft. "Das nächste Jahr wird für Lamba das entscheidende sein", sagte Linde-Verwaltungsratschef Wolfgang Reitzle dem Blatt. Bestätigen wollte er die Spekulationen um die Neubesetzung des Chefsessels nicht. Der Verwaltungsrat werde rechtzeitig entscheiden, sagte er. Wenn Lamba in den kommenden ein bis zwei Jahren Linde-Chef wird, dann dürfte Angel Verwaltungsratschef werden.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die meisten Branchenexperten sind mit Blick auf die Linde-Aktie positiv gestimmt. Von den zehn im dpa-AFX-Analyser seit Februar gelisteten Experten empfehlen acht die Anteilsscheine zum Kauf. Zwei Analysten sprechen sich dafür aus, die Papiere zu halten. Kein Experte rät zum Verkauf.

Die jüngsten Gewinnkennziffern des Konzerns fielen nach Ansicht von Analyst Jeffrey Zekauskas von der US-Bank JPMorgan stark aus. Kostensenkungen im Nachgang des Zusammenschlusses hätten dazu entscheidend beigetragen. Auch Analyst Jonas Oxgaard vom US-Analysehaus Bernstein Research sprach von einem großartigen vierten Quartal des Konzerns, das dessen Erfolgsstory untermauere. Analyst Martin Rödiger vom Analysehaus Kepler Cheuvreux verwies zudem auf den Ausblick, der ermutigend sei.

Beim Ausbau des Wasserstoff-Geschäfts kommt Linde Analysten zufolge gut voran. Linde hat laut Bernstein-Analyst Oxgaard mittlerweile eine ganze Reihe von Abkommen mit Unternehmen weltweit zum Thema grüner Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, abgeschlossen. Dieser sei mittlerweile ins Zentrum der Lösungsansätze zum Erreichen klimaneutraler Ziele gerückt.

Nach Ansicht von Analyst Sebastian Growe von der Commerzbank reflektiere der Linde-Aktienkurs die mit dem Wasserstoff verbundenen Chancen nur teilweise. Das Kursziel steige konservativ gedacht um 23 Euro und zusätzlich wegen dessen guter operativer Entwicklung. Im besten Falle könnte das Wasserstoffthema aber ein Kurszuwachs um bis zu 132 Euro rechtfertigen.

SO LIEF DIE AKTIE ZULETZT:

Im Zuge des Corona-Crashes musste die Linde-Aktie 2020 bis Mitte März kräftig Federn lassen. Innerhalb weniger Wochen knickte ihr Kurs um gut 37 Prozent auf 130,45 Euro ein. Doch der Einbruch ist schon längst Geschichte. Nachdem sich vor allem die Industrieunternehmen schneller als erwartet von den Folgen der Pandemie erholt haben, legte die Linde-Aktie wieder mit kleinen Rückschlägen kräftig zu und kletterte zuletzt von einem Rekordhoch zum nächsten. Zuletzt kostete die Aktie rund 238 Euro und damit gut 80 Prozent mehr als beim Corona-Tief 2020

Die Anteile der Linde Plc knüpften mit ihrer Entwicklung bisher nahtlos an die Gewinne der Anteile an der Linde AG an. Diese hatten sich seit dem Sommer 2016, als die beiden Unternehmen zum ersten Mal über einen Zusammenschluss gesprochen hatten, um fast 40 Prozent verteuert.

Linde ist mit einem Börsenwert von derzeit rund 124 Milliarden Euro nach dem Autokonzern VW (rund 130) und Softwarekonzern SAP (127) die Nummer drei im Dax, vor Siemens (117) und Allianz (88).

Mitte August 2016 - also vor den ersten Berichten über eine Fusion mit Praxair - kam Linde gerade mal auf etwas mehr als 25 Milliarden Euro Börsenwert und lag damit noch in der unteren Hälfte des deutschen Leitindex./mne/eas/jha/

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