Seriöses Arbeitgeberangebot lag in dritter Verhandlungsrunde bei insgesamt knapp 2,3 %; Betriebsversammlungen inmitten der ansteigenden Corona-Welle fragwürdig

Wien (OTS) - Auch die dritte Verhandlungsrunde für den Kollektivvertrag der Metalltechnischen Industrie wurde heute Abend erneut von den Gewerkschaften einseitig und vorzeitig abgebrochen. Das Verhandlungsangebot der Metalltechnischen Industrie beinhaltete zuletzt eine Erhöhung der Löhne und Gehälter, Zulagen sowie Lehrlingsentschädigungen um 2,1 %, das ist über der zugrundeliegenden Inflation, sowie eine Steigerung der Zulagen für die zweite Schicht um 44 %. Das ergibt zusammen ein Paket von knapp 2,3 % Lohn- und Gehaltserhöhung. Die Gewerkschaften hatten aber kein Interesse an echten, tiefergehenden Verhandlungen.

Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI), zeigt sich verärgert über die Verhandlungsstrategie der Gewerkschaften: „Es ist tatsächlich schade um die Zeit, wenn die Gewerkschaften bereits im Vorfeld der Gespräche Betriebsversammlungen und Betriebsrätekonferenzen organisieren. Nun werden sogar Warnstreiks angekündigt, auch in Branchen, für die wir gar nicht verhandeln. Es geht heuer offenbar nicht um vernünftige Ergebnisse, sondern Säbelrasseln und Propaganda. So können wir gleich auf die ersten Verhandlungsrunden verzichten, das ist schade und verantwortungslos.“

Knill verweist auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und verlangt mehr Realitätssinn: „Die Gewerkschaften argumentieren einäugig: Nach dem größten Einbruch der letzten Jahrzehnte verzeichnen wir zwar ein gutes Wachstum und gefüllte Auftragsbücher, aber das Produktionskonto ist immer noch im Minus. Dazu belasten internationale Liefer- und Logistikprobleme sowie explodierende Rohstoffpreise die Erholung. Gerade deshalb wäre ein rascher und machbarer Abschluss sinnvoll, der Sicherheit für die Betriebe und Beschäftigten bringen würde. Jetzt in der anschwellenden Corona-Welle aus rein politischen Motiven österreichweit Betriebsversammlungen durchzuführen, ist zwar gutes Recht, aber mehr als fragwürdig. Verhandlungen in schwierigen Zeiten verlangen Verantwortungsbewusstsein und echten Willen zur Kooperation. Beides ist bei den Gewerkschaften derzeit nicht vorhanden. Wir stehen weiterhin zu einem fairen Abschluss für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, leider werden deren Interessen aber von den Gewerkschaften politisch missbraucht.“

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der Kollektivvertrag immer einen Mindeststandard festlegt, der die Heterogenität der Betriebe zu berücksichtigen hat, nicht die Best-Performer sind der Maßstab, sondern der Durchschnittsbetrieb. „Es steht den Betriebsräten frei, mit den von ihnen immer wieder beispielhaft genannten erfolgreichen Betrieben über zusätzliche Erhöhungen zu verhandeln. Der Kollektivvertrag muss aber für alle Betriebe machbar sein“, so Knill abschließend.

Hintergrund-Informationen:

KV-Grundlagen: Wirtschaftliche Eckdaten in der MTI


  • Die Metalltechnischen Industrie gehört zu den bestzahlenden Branchen, das monatliche Durchschnittsgehalt beträgt 4.447 Euro, der Durchschnittslohn liegt bei 3.125 Euro. Die realen Löhne und Gehälter in der Branche liegen im Schnitt zwischen 11 % und 28 % über KV.

  • Im Jahr 2020 verzeichnete die Metalltechnische Industrie einen Rückgang in der Produktion von 10,6 %, das entspricht einem Produktionswert von rund 3,6 Milliarden Euro. Die Zahl der Beschäftigten verringerte sich weniger stark um rund 2 %. In den ersten fünf Monaten 2021 liegt die Produktion um rund 21 % im Plus, nach einem Minus von 18 % im Vergleichszeitraum 2020 ist das statistisch gesehen ein Ausgleich und in erster Linie durch Nachholeffekte begründet.

  • Laut einer aktuellen Umfrage unter den Mitgliedsbetrieben der Metalltechnischen Industrie rechnen diese für 2021 im Schnitt mit einem Wachstum von rund 9,3 %. Damit wäre noch immer nicht das Niveau von 2019, dem Jahr vor Beginn der Corona-Krise, erreicht. Gleichzeitig beurteilen 45 % der Betriebe ihre Margensituation als aktuell schwächer als im Durchschnitt der Vorkrisenjahre. Der Grund dafür liegt vor allem im schwierigen internationalen Marktumfeld. Die Rohstoffpreise, etwa für Stahl, sind in den letzten Monaten explodiert und viele Vormaterialien am Weltmarkt nur schwer und mit großen Verzögerungen lieferbar.

  • Mehr als 85 % der Betriebe sind Familienbetriebe und mittelständisch strukturiert. Entsprechend heterogen ist auch ihre wirtschaftliche Entwicklung.

  • Österreichs Gesamtwirtschaft verzeichnete 2020 einen historischen Einbruch beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 6,7 Prozent. Für 2021 erwarten die Wirtschaftsforscher ein Wachstum von rund 4,4 %, der Einbruch ist somit noch nicht aufgeholt. Die Inflation lag in den zurückliegenden 12 Monaten bei durchschnittlich 1,9 %.


Über die Metalltechnische Industrie

Die Metalltechnische Industrie ist Österreichs stärkste Branche. Über 1.200 Unternehmen aus den Industriezweigen Maschinenbau, Anlagenbau, Stahlbau, Metallwaren und Gießerei bilden das Rückgrat der heimischen Industrie. Die exportorientierte Branche ist mittelständisch strukturiert, besteht zu mehr als 85 % aus Familienbetrieben und ist für ein Viertel aller österreichischen Exporte verantwortlich. Zahlreiche Betriebe sind Weltmarktführer und „Hidden Champions“.

Die Metalltechnische Industrie beschäftigt direkt mehr als 134.000 Menschen, davon über 7.100 Lehrlinge, und sichert damit indirekt an die 250.000 Arbeitsplätze in Österreich. Sie erwirtschaftete 2020 einen Produktionswert von rund 36 Milliarden Euro. Der Fachverband Metalltechnische Industrie, ein Zusammenschluss der ehemaligen Fachverbände Maschinen- und Metallwarenindustrie sowie Gießereiindustrie, zählt zu den größten Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden Österreichs und ist eine eigenständige Organisation im Rahmen der Wirtschaftskammer Österreich.

Weitere Informationen: [www.metalltechnischeindustrie.at]
(http://www.metalltechnischeindustrie.at/news-presse/presse/)