Das Biotechnologieunternehmen Morphosys aus der Nähe von München ist seit einigen Jahren im Umbruch, personell und auch inhaltlich: Mit Mitgründer und Ex-Chef Simon Moroney und dem früheren Finanzvorstand Jens Holstein, der ab Juli den gleichen Posten bei Biontech <US09075V1026> einnehmen wird, sind inzwischen zwei Führungsfiguren von Bord, die lange Jahre das Bild des Konzerns nach außen geprägt haben. Ihre Nachfolger, Konzernchef Jean-Paul Kress und sein Finanzchef Sung Lee verfolgen jedoch im Grundsatz wichtige Ansätze ihrer Vorgänger weiter.

Denn Morphosys - früher reiner Zulieferer - will sich mit eigenen Arzneien am Markt etablieren. Doch bislang ist erst das Blutkrebsmedikament Monjuvi in den USA zugelassen, dessen Verkaufszahlen jedoch zuletzt hinter den Erwartungen von Experten zurückblieben. Einige weitere interessante Medikamente befinden sich noch in der Forschung.

Wegen der Entwicklung bei Monjuvi hat Morphosys recht vorsichtige Jahresziele ausgerufen, zudem schrieben die Bayern zum Jahresauftakt wieder rote Zahlen. Um das eigene Wachstum und die Forschungspipeline zu beschleunigen, hatte sich Konzernchef Kress schon seit einiger Zeit wohl nach Optionen außerhalb des Konzerns umgeschaut. Als Möglichkeit war auch die Einlizensierung von Medikamenten in Betracht gezogen worden. Doch nun greift Morphosys mit Constellation Pharma gleich nach einem ganzen Unternehmen.

Morphosys bietet je Constellation-Aktie 34 Dollar in bar, womit der Eigenkapitalwert der US-Firma mit 1,7 Milliarden Dollar bewertet wird. Das Unternehmen gilt als Spezialist für Epigenetik; seine Forscher suchen also nach Wirkstoffen basierend auf bestimmten Genveränderungen, die nicht durch eine veränderte DNA-Sequenz hervorgerufen werden.

Das Morphosys-Management setzt große Hoffnungen vor allem auf zwei Produktkandidaten der Amerikaner: Pelabresib gegen Myelofibrose, einer seltenen Form von Knochenmarkkrebs, und CPI-0209 bei hämatologischen und soliden Tumoren. Beide hätten die Chance, die besten Mittel ihrer Klasse zu werden, verspricht Kress und spricht deshalb von einem "transformativen Deal" mit hohen Wachstumschancen.

Morphosys zeigt sich mit Blick auf die Zulassung für die Mittel sehr zuversichtlich, wann das grüne Licht kommen könnte, ist aber noch ungewiss. Für Pelabresib läuft die fortgeschrittene Studienphase 3, CPI-0209 befindet sich noch in einer früheren Entwicklungsstufe. Ab 2026 jedenfalls erhofft sich Morphosys durch die beiden wichtigsten Produktkandidaten von Constellation signifikante Umsatzbeiträge.

Das Unternehmen setzt zudem auf Synergien etwa bei der Medikamentenvermarktung in den USA. Überdies hofft Morphosys, auch durch die Kombination beider Technologien - Antikörper und Epigenetik - seine Forschung weiter beschleunigen zu können.

Um den Deal zu finanzieren, holt sich der MDax-Konzern einen neuen Aktionär ins Boot. Das US-Unternehmen Royalty Pharma lebt von Lizenzgebühren an Medikamenten, die es sich durch finanzielle Deals mit Unternehmen sichert. So auch bei Morphosys. Die Bayern haben Aussicht auf mehr als 2 Milliarden Dollar von Royalty, die sich in eine Vorauszahlung, Entwicklungsfinanzierungen und eventuelle Meilensteine aufgliedern.

Zudem steigt Royalty nach Abschluss der Constellation-Übernahme über eine 100 Millionen Dollar schwere Kapitalerhöhung beim deutschen Unternehmen ein. Im Gegenzug erhält der neue Aktionär künftig diverse Lizenzgebühren - unter anderem die vollständige Umsatzbeteiligung, die Morphosys von der dänischen Firma Janssen aus dem Schuppenflechtemittel Tremfya bezieht.

Nach aktuellem Stand soll die Übernahme im dritten Quartal abgeschlossen sein - danach will Morphosys auch einen überarbeiteten Ausblick für das kombinierte Unternehmen abgeben.

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