Eigentlich gehört die Aktie des Verbindungstechnikers Norma Group zu den Erfolgsgeschichten am deutschen Markt. Im Juni 2018 stand der Wert sechs Mal höher als zu den Tiefstkursen im Herbst 2011 - dem Jahr, als die Gesellschaft das Licht der Börse erblickte. Doch wie gewonnen, so - teilweise - zerronnen: Nach dem Rückschlag an den Aktienmärkten im vierten Quartal letzten Jahres und einem enttäuschenden Unternehmensausblick notiert die Aktie wieder da, wo der letzte Hausse-Schub Ende 2016 startete. Ist die Erfolgsgeschichte damit zu Ende oder bietet der Rücksetzer eine Einstiegsgelegenheit?

DAS IST LOS BEI NORMA:

Das Unternehmen besteht in seiner heutigen Form zwar erst seit dem Jahr 2006, als die deutsche Norma und die schwedischen Aba Group fusionierten, doch die Wurzeln des Herstellers von Verbindungslösungen reichen viel weiter zurück: Der deutsche Firmenteil wurde 1949 als Rasmussen GmbH gegründet, der schwedische Arm schon 1896.

Der im südhessischen Maintal bei Offenbach gelegene Konzern verfügt über ein Sortiment von 40 000 Bauteilen, das weltweit Abnehmer findet. Die unscheinbaren Bauteile - am bekanntesten dürften die mit einer Schraube versehenen Schellenverbindungen sein - kommen in Fahrzeugen, Schiffen, Zügen, Flugzeugen, Hausgeräten, Motoren, Rohrleitungen sowie pharmazeutischen und biotechnologischen Anwendungen zum Einsatz.

Lange galt das Geschäft als wachstumsstark und hoch profitabel. Doch mit der Gewinnwarnung im Juli vergangenen Jahres bekam die Erfolgsstory erste Risse. Wegen höherer Rohstoffkosten musste Norma die Prognose für die Umsatzrendite zurückschrauben. Im März diesen Jahres folgte dann ein vorsichtiger Ausblick. 2019 werde ein Umsatzplus ohne die Effekte von Übernahmen und Wechselkursen zwischen einem und drei Prozent erwartet, teilte da das Unternehmen mit. Eine deutliche Verlangsamung, denn im vergangenen Jahr hatte der Erlös organisch noch um fast acht Prozent zugelegt.

Im April kam die nächste Hiobsbotschaft für die Anleger. Bei der operativen Marge rechnet Norma nur noch damit, das untere Ende der Spanne von 15 bis 17 Prozent zu erreichen. Damit zeigte sich, dass das Unternehmen trotz der breiten Aufstellung nicht vor den Umwälzungen in der Autoindustrie gefeit ist. Norma-Chef Bernd Kleinhens sprach in diesem Zusammenhang von einer weltweit unsichere Marktsituation und einem schwankenden Marktumfeld.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Dem missglückten Jahresstart zum Trotz sind viele Analysten zuversichtlich für Norma gestimmt - zumindest, was die mittelfristigen Perspektiven angeht. An der Nachfragesituation und den Margen habe sich auf längere Sicht nichts geändert, betont Omid Vaziri vom Analysehaus Jefferies. Das Wachstum hält der Analyst für überdurchschnittlich und rechnet mit deutlichen jährlichen Zuwächsen beim Gewinn bis 2022. Norma sollte dann auch wieder zu alter Stärke zurückfinden und die Marge über 17 Prozent steigern. Dass Vaziri der Aktie mit einem Kursziel von 53 Euro hohes Kurspotenzial beimisst, überrascht daher nicht.

Den Blick in die Ferne schweifen lässt auch Franz Schall von Warburg. "Wir sind der Meinung, dass Anleger über das zweite Quartal (niedrige Marge) hinaus auf das zweite Halbjahr schauen sollten, da wir dann eine Verbesserung antizipieren", schrieb der Analyst in einer Studie von Anfang Mai. Norma mit den reinen Autozulieferern in einen Topf zu werfen, hält Schall für einen Fehler. "Die breitere Aufstellung und das Engagement des Unternehmens in schnell wachsenden Endmärkten", sind für ihn Grund genug, den Kurseinbruch für übertrieben zu halten. Gerade im Zukunftsgeschäft Wassermanagement sieht Schall Perspektiven. "Da das Wassergeschäft solide wächst, reduziert Norma kontinuierlich seine Abhängigkeit von der Automobilindustrie, was die Margen stabilisieren sollte", so der Analyst. Mit einem Ziel von 62 Euro gesteht er der Aktie fast eine Verdoppelung im Vergleich zum aktuellen Kurs zu.

Ungeteilt ist die Zuversicht aber nicht. Die Unsicherheit spiegelt sich in den acht Halte- und zwei Verkaufsempfehlungen von insgesamt 18 Analysteneinschätzungen beim Datenanbieter Bloomberg wider. So rät etwa Christian Glowa von Hauck & Aufhäuser, die Entwicklung zunächst abzuwarten. Ob das Unternehmen seine Ziele für dieses Jahr erreicht, hängt seiner Ansicht nach von einer Erholung des weltweiten Automarktes ab. Und hier stehe das "wie" und "wann" angesichts der Umwälzungen in der Automobilbranche in Frage. Immerhin hält Glowa eine bessere Gewinnentwicklung in den kommenden Quartalen für wahrscheinlich. Dafür spreche alleine schon die Normalisierung der Kosten für die Grundstoffe, die Norma verarbeitet. Das Kursziel von Glowa liegt mit 47 Euro auch deutlich über dem aktuellen Kurs, selbst wenn seine Empfehlung lediglich "Hold" lautet.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Der Kurs von Norma fiel in den vergangenen Monaten durch ausgeprägte Schwäche auf. Die breit angelegte Markterholung seit Jahresbeginn ging an der Aktie vorbei. Im April brach der Aktienkurs dann nach unten aus. Der aktuelle Kurs von rund 37 Euro liegt zwar noch klar über dem Ausgabepreis von 21 Euro beim Börsengang vor acht Jahren. Von den Höchstwerten bei rund 70 Euro ist er allerdings noch weiter entfernt.

Nach dem Absturz muss die Aktie zunächst einen Boden zu finden. Immerhin hat Norma sich mittlerweile vom Jahrestief Anfang Juni von 33,70 Euro ein wenig erholt und konnte zuletzt mit dem Gesamtmarkt anziehen. Vieles hängt nun davon ab, ob das Unternehmen mit seinen anstehenden Quartalszahlen die Erwartungen erfüllen kann./mf/elm/mis

 ISIN  DE000A1H8BV3

AXC0169 2019-06-19/15:07

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