Börsen-Zeitung: Große Fallhöhe /Kommentar zum Absturz der SAP-Aktie

von Heidi Rohde

Frankfurt (ots) - Um 15 Mrd. Euro war der Börsenwert von SAP in

die Höhe geschossen an dem Tag, als der aktivistische Investor

Elliott eine Beteiligung von knapp 1% offenlegte und seiner

Einschätzung Ausdruck verlieh, dass der Konzern über ein derart

enormes Wertsteigerungspotenzial verfüge, dass sich das Ergebnis je

Aktie binnen fünf Jahren verdoppeln lassen sollte. Konzernchef Bill

McDermott nutzte die Erwartungen des mitunter für ruppiges Vorgehen

bekannten Hedgefonds in gewohnt sportlicher Manier als Steilvorlage

und verkündete vollmundig mehr Wachstum und mehr Effizienz im

Parallelschwung sowie einen stärkeren Fokus auf die

Aktionärsvergütung, gegebenenfalls mit einem Aktienrückkauf.

Gestern sind in der Spitze rund 13 Mrd. Euro SAP-Marktwert

verdampft, denn die Entwicklungen im zweiten Quartal ernüchterten

die Investoren derart, dass sie fürchten, der stets "bullish"

gestimmte McDermott habe den Mund doch zu voll genommen. Der erhoffte

Renditezuwachs bleibt zumindest für dieses Jahr aus, und das heißt,

SAP muss in den kommenden Jahren umso stärker vorankommen, wenn der

versprochene Sprung bei der operativen Marge bis 2023 gelingen soll.

Ursache für den Druck auf den Pausenknopf bei der Gewinnsteigerung

sind indes nicht nur die höher als erwartet ausfallenden

Abfindungsaufwendungen für den Konzernumbau, sondern auch die

erweiterten finanziellen Folgen der milliardenschweren Firmenzukäufe,

mit denen SAP das Wachstumstempo in der Cloud spürbar erhöhen will:

Fast 2 Mrd. Euro für anteilsbasierte Vergütungen dürften dieses Jahr

fällig werden - wegen des bisherigen Kursanstiegs der SAP-Aktie und

der im Januar abgeschlossenen Übernahme von Qualtrics.

Hinzu kommt, dass das operative Geschäft im zweiten Quartal den

Schwung vom Jahresbeginn nicht halten konnte. Zwar bleibt der

Wachstumstreiber Cloud insgesamt intakt, jedoch schwächelt hier der

Auftragseingang im Vergleich zum Vorquartal deutlich. Außerdem waren

die hochprofitablen Softwarelizenzverkäufe rückläufig. Ursache für

den geschäftlichen Dämpfer waren Auswirkungen des globalen

Handelsstreits, vor allem in Asien, wie SAP selbst sagt. Dass diese

Ursache bald verschwindet, ist kaum anzunehmen.

Das Unternehmen begegnet den Schwächetendenzen mit einer

Vertriebsoffensive und "Produkt-Roadshow" - auf globaler Ebene. Hier

heißt es also nicht kleckern, sondern klotzen. Die von Elliott

gewünschten Effizienzmaßnahmen werden da zurückstehen müssen,

vielleicht auch der Aktienrückkauf.

(Börsen-Zeitung, 19.07.2019)

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