Ende des Honeymoons / Kommentar zu den handelspolitischen Folgen des

amerikanischen U-Boot-Deals von Andreas Heitker.

Brüssel (ots) - Aukus, die neue Indopazifik-Allianz der USA mit Großbritannien

und Australien, und damit einhergehend der geplatzte französische U-Boot-Deal

schlagen in der EU weiterhin hohe Wellen. Denn es geht hier ja nicht um die

vielen Milliarden, die der Reederei Naval und den anderen beteiligten

Unternehmen - wie etwa der Thyssenkrupp-Tochter Atlas Elektronik - durch die

Lappen gehen. Es geht um die Handelspolitik der Europäischen Union insgesamt und

um die globalen Ambitionen Europas, die Kommissionspräsidentin Ursula von der

Leyen erst in der vergangenen Woche in ihrer Rede zur Lage der EU formuliert

hat. Dass die Aukus-Partnerschaft in der vergangenen Woche die nahezu zeitgleich

in Brüssel verkündete neue Indopazifik-Strategie der EU ad absurdum führte, hat

viel Porzellan zerschlagen. Für die völlig überrumpelte EU-Kommission war dies

ein Desaster.

Die ersten Auswirkungen sind jetzt schon zu sehen: Frankreich fordert eine

Aussetzung der Handelsgespräche mit Australien. Dazu wird es wohl nicht kommen,

aber komplizierter wird das angestrebte Freihandelsabkommen allemal - obwohl

Australien eigentlich ähnliche Interessen und Werte wie die EU hat und damit als

idealer Partner gilt. Aber andererseits: Was heißt das schon? Über Kanada hatte

man Ähnliches gesagt. Trotzdem ist Ceta - das "Goldstandard-Abkommen" - bis

heute nicht fertig ratifiziert. Auch Deutschland hat diesen Schritt noch nicht

geschafft.

Australien steht auf der EU-Liste­ der Handelspartner nur auf Platz 18. Das

Volumen der Ex- und Importe ist begrenzt. Anders sieht es natürlich mit den USA

aus. Der Amtsantritt von Joe Biden als Präsident hatte bei vielen in Europa

Hoffnung auf eine Neubelebung der transatlantischen Beziehungen ausgelöst. Bei

den Debatten über Stahlzölle, dann beim Abzug aus Afghanistan und jetzt bei der

Aukus-Allianz zeigt aber auch Biden, dass er im Zweifelsfall wenig Rücksicht auf

den Partner EU nimmt und knallharte Interessenspolitik betreibt.

Handelspolitiker in Brüssel stellen in diesen Tagen ernüchtert fest: "Der

Honeymoon ist vorbei."

Eine wichtige Chance, den Gesprächsfaden nicht schon wieder abreißen zu lassen,

ist der im Juni von der EU und den USA beschlossene gemeinsame Handels- und

Technologierat, der am 29. September erstmals in Pittsburgh tagen soll. In

Brüssel wird mittlerweile aus Ärger offen darüber diskutiert, den Termin platzen

zu lassen. Dies wäre aber dumm: Verlorenes Vertrauen lässt sich so sicher nicht

zurückholen.

(Börsen-Zeitung, 22.09.2021)

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