Showdown im Advent, Kommentar zu den Dividendenzahlungen der Banken

von Bernd Neubacher

Frankfurt (ots) - Wie passt das zusammen? Bundeskanzlerin Angela Merkel raunt

von Unheil, das in der Corona-Pandemie drohe, Spaniens Regierung ruft den

Notstand gleich bis Mai kommenden Jahres aus - Europas Großbanken aber zeigen

sich bei Präsentation ihrer Quartalszahlen bestens aufgelegt und scheinen es

kaum abwarten zu können, wieder Dividenden zu zahlen. So stellte

Santander-Chairwoman Ana Botín am Dienstag eine Ausschüttung in Aussicht, und

auch HSBC kündigte eine "konservative" Dividende an, sofern die Aufsicht dies

erlaube.

Beide Institute haben fürs Erste nicht viel zu verlieren, wenn sie auf diese

Weise bei den Investoren gut Wetter machen. Am Management beider Banken

jedenfalls, so die Botschaft, wird es nicht gelegen haben, sollten die

Europäische Zentralbank bzw. die Bank of England ihren Appell zum Verzicht auf

Dividendenzahlungen jeweils im Dezember über den Jahreswechsel hinaus verlängern

- allenfalls an Problembanken andernorts.

Die Lage der Aufseher macht dies noch prekärer als ohnehin schon. Denn falls

sich die Pandemie in Europa nicht bald merklich abschwächt, wofür momentan rein

gar nichts spricht, steuern der Single Supervisory Mechanism bzw. die Prudential

Regulation Authority auf ein Dilemma zu: Heben sie den Dividendenbann auf,

müssen sie sich dafür verantworten, nicht alles für die Stabilität der Institute

in der Krise zu tun. Dehnen sie aber das Moratorium ein weiteres Mal aus, wird

es strategisch, nicht zuletzt aber auch rechtlich haarig. Auf glasklare

Rechtsgrundlagen stützen sich die Aufseher generell nicht so gerne, wie immer

wieder zu hören ist: Die Kontrolleure setzen lieber auf Empfehlungen und auf die

Einsicht derer, denen sie im Zweifel das Leben schwer machen können. Je länger

die Aufseher einen Verzicht auf Ausschüttungen fordern, umso eher dürften die

Banken überprüfen wollen, wie rechtssicher die Empfehlung diesmal ist.

Denn auf Sicht haben auch die Institute sehr wohl etwas zu verlieren: ihre

Eigenkapitalgeber. Wenn schon Negativzinsen den Banken das Massengeschäft

erschweren und die Kurse weit unter Buchwert dümpeln, wollen Anleger wenigstens

auf Dividenden zählen können. Das Risiko eines Investorenstreiks dürfte auch den

Aufsehern bewusst sein. Doch wiegt es schwerer als die Verheerungen der

Pandemie? Vor dem Showdown im Advent wissen alle Streitparteien: Covid-19 wird

die Qualität der Aktiva in den Banken kontinuierlich verschlechtern, und noch

weiß niemand, wie lange.

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