Im Konflikt mit dem Iran will die US-Regierung eine weltweite Koalition gegen die Führung in Teheran aufbauen. US-Außenminister Mike Pompeo sprach am Sonntag (Ortszeit) von einer Koalition, die sich nicht nur über die Golfstaaten erstreckt, sondern auch über Asien und Europa. Dieses Bündnis solle bereit dazu sein, den "weltgrößten Sponsor des Terrors" zurückzudrängen, sagte Pompeo vor einer Reise nach Saudi Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Der Iran prognostizierte das Scheitern der US-Pläne für ein iranfeindliches Bündnis. "Das ist ja nichts Neues", sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi am Montag. "Aber wie die bisherigen fragilen Koalitionen wird auch diese ihre Ziele nicht erreichen und letztendlich scheitern."

Die USA forderten Deutschland zunächst nicht offiziell zur Beteiligung an der geplanten Allianz gegen den Iran auf. Man habe die Initiative lediglich über die Medien zur Kenntnis genommen, sagte der stellvertretende Sprecher des Auswärtigen Amts, Christopher Burger.

Bei seinem Besuch in Saudi-Arabien - einem engen Verbündeten der USA - sprach Pompeo am Montag mit König Salman und Thronfolger Mohammed bin Salman über die angespannte Lage. Das sunnitische Königreich ist ein Erzfeind des schiitischen Iran. Kronprinz Mohammed erklärte, sein Land stehe bei der Bekämpfung "feindlicher iranischer Aktivitäten" sowie des Terrors Seite an Seite mit den USA, wie die staatliche Agentur SPA meldete.

Mohammed bin Salman ist umstritten, weil er im Verdacht steht, in den heimtückisch geplanten Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi verwickelt zu sein. Ein UN-Menschenrechtsexperten hatte dafür bei ihren Ermittlungen glaubwürdige Hinweise gefunden.

US-Präsident Donald Trump hatte am Samstag mitgeteilt, dass am Montag neue US-Sanktionen gegen den Iran verkündet werden sollten. Einzelheiten nannte er nicht. In einem am Sonntag ausgestrahlten Interview des Senders NBC sagte Trump allerdings auch, er sei "ohne Vorbedingungen" zu Gesprächen mit dem Iran bereit.

Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem Wiener Atomabkommen von 2015 ausgestiegen. Mit harten Sanktionen gegen den iranischen Öl- und Bankensektor wollen sie die Führung in Teheran zwingen, einem neuen Atomabkommen mit härteren Auflagen zuzustimmen. Der Ölsektor ist die Haupteinnahmequelle des Landes. Nach Pompeos Angaben sind bereits mehr als 80 Prozent der iranischen Wirtschaft von US-Sanktionen betroffen.

Trump hatte dem Iran am Wochenende wirtschaftliche Entwicklung in Aussicht gestellt, sollte die Führung in Teheran dauerhaft auf Atomwaffen verzichten. Am Montag betonte er auf Twitter, ihm im Konflikt mit dem Iran nicht um Erdöl gehe. "Die US-Aufforderung an den Iran ist sehr einfach - keine Atomwaffen und keine weitere Förderung von Terror", schrieb er.

Russland kritisierte die angekündigten neuen US-Sanktionen gegen den Iran. "Wir halten diese Sanktionen für gesetzeswidrig", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Moskau warnt immer wieder vor einer Eskalation des Konflikts. Sollten die Amerikaner den Iran angreifen, hätte das katastrophale Folge, sagte Präsident Wladimir Putin unlängst.

Laut dem "Wall Street Journal" könnten die USA Strafmaßnahmen gegen ausländische Banken, Versicherungen und andere Firmen verhängen, um die Geldzufuhr in den Iran zu stoppen. Möglich wären auch Sanktionen gegen andere Wirtschaftssektoren wie die Hersteller von Konsumgütern oder industriellen Produkten sowie gegen Handelshäuser oder Schifffahrtsunternehmen, die Waren und Devisen ein- und ausführen.

Die seit Monaten andauernden Spannungen zwischen dem Iran und den USA hatten sich Ende vergangener Woche gefährlich zugespitzt. Der Iran schoss am Donnerstag eine Aufklärungsdrohne ab, die nach Angaben aus Teheran den Luftraum des Landes verletzt hatte. Nach US-Angaben flog das unbemannte Flugzeug dagegen in internationalem Luftraum. Die USA bereiteten danach einen Gegenschlag vor, den Trump nach seinen Worten nur kurz zuvor stoppte. Die jüngste Eskalation im Iran-Konflikt hatte international Sorge über einen neuen Golfkrieg ausgelöst.

Pompeos geplante weltweite Koalition erinnert an die "Koalition der Willigen", die den Angriff der USA auf den Irak im März 2003 unterstützte. Der Militäreinsatz führte zum Sturz des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein. Der damals unbewiesene Vorwurf der USA lautete, dass Saddam Massenvernichtungswaffen produziere und diese auch einsetzen wolle. Pompeo gab keinen Hinweis darauf, ob die von den USA jetzt angestrebte weltweite Koalition gegen den Iran letztendlich auch militärisch gegen das Land vorgehen soll.

Pompeo reiste zuerst zu den beiden wichtigsten arabischen Verbündeten in der Golfregion. Anders als Saudi-Arabien setzen die VAE aber auf eine politische Lösung des Iran-Konflikts. Die Spannungen in der Golfregion müssten durch gemeinsame Gespräche und Verhandlungen entschärft werden, twitterte der VAE-Staatsminister für Auswärtiges, Anwar Gargasch, am Sonntag. Dafür müssten auch regionale Stimmen Gehör finden. Als Nachbar des Irans könnte eine militärische Eskalation aber auch eine Bedrohung für die Emirate darstellen.

Trump sagte, sein Ziel sei, dass der Iran dauerhaft über keine Atomwaffen verfüge. Das Atomabkommen mit dem Iran gewährleistet das aus seiner Sicht nicht. Dagegen wollen die anderen Unterzeichnerstaaten - die vier UN-Vetomächte Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland - an der internationalen Vereinbarung festhalten.

Die Führung in Teheran bestreitet, dass sie Atomwaffen entwickeln wolle. Trump will den Iran unter anderem dazu zwingen, mit einem erweiterten Atomvertrag auch Beschränkungen bei seinem Raketenprogramm zu akzeptieren. Iranische Raketen können derzeit Israel und arabische Verbündete der USA treffen. Der Iran lehnt eine Neuverhandlung des Atomabkommens und Verhandlungen mit Trump ab./cy/str/fmb/DP/stw

AXC0236 2019-06-24/17:40

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