Mit einem Großaufgebot hat sich die Polizei am Samstag auf die Ankunft eines Castor-Transports in Deutschland vorbereitet. Wie die Bundespolizei mitteilte, waren auf See, auf Land und in der Luft Beamte im Einsatz, um den Transport zu überwachen. Das Schiff mit Castoren von der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield wird am Wochenende in Niedersachsen erwartet - über den derzeitigen Aufenthaltsort des Schiffes machte die Polizei aus einsatztaktischen Gründen keine Angaben.

Auch die Schienenstrecke, auf der die Castoren in Deutschland weitertransportiert werden sollen, sei abgesichert, sagte ein Polizeisprecher. Bislang gebe es keine Beeinträchtigungen, hieß es am Samstagnachmittag. "Wir sind auf jeden Fall gut vorbereitet und kräftemäßig auch sehr gut aufgestellt."

Das Spezialschiff mit sechs Castoren war am Dienstag gestartet. Es soll einen deutschen Seehafen ansteuern. Atomkraftgegner gingen davon aus, dass dies im Laufe des Wochenendes der niedersächsische Hafen von Nordenham ist. Dort steht dem Bündnis Castor-stoppen zufolge bereits der Transportzug für den Atommüll, der auf der Schiene bis ins Zwischenlager im südhessischen Biblis fahren soll. In Nordenham waren am Samstag sehr viele Polizisten präsent. Atomkraftgegner und Umweltschützer wollten sich zu Protestaktionen versammeln. Zu einer Demonstration am Nachmittag kamen knapp 40 Aktivisten.

Deutschland muss aufgrund internationaler Verpflichtungen seinen im Ausland wiederaufbereiteten Atommüll zurücknehmen. Noch heute lagern in den Wiederaufbereitungsanlagen im französischen La Hague und im britischen Sellafield Castoren mit radioaktiven Abfällen aus deutschen Atomkraftwerken.

Nach Angaben des Bündnisses Castor-stoppen ist im Hafen von Nordenham alles für die Ankunft des Atommülls vorbereitet. Ein großer mobiler Kran sei aufgebaut, leere Castorwaggons und Diesel-Loks stünden bereit, hieß es auf der Internetseite der Atomkraftgegner.

An dem Transport gibt es von vielen Seiten Kritik. Umweltschützer sehen Mängel im Zwischenlager Biblis und Sicherheitsdefizite bei den Atommüllbehältern. "Es gibt die Problematik eines ungenügenden Schutzes vor Terrorangriffen", sagte Greenpeace-Nuklearexperte Heinz Smital der Deutschen Presse-Agentur. Zudem sei das Reparaturkonzept im Zwischenlager im südhessischen Biblis mangelhaft.

Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Olaf Bandt, sagte: "Trotz der sich zuspitzenden Corona-Situation den gefährlichen hoch radioaktiven Atommüll in das unsichere Zwischenlager in Biblis transportieren zu lassen, ist eine fahrlässige und unverantwortliche Gefährdung von Menschenleben." Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte einen Stopp des Transports. Der Einsatz Tausender Polizisten angesichts der Pandemie sei unnötig, riskant und unverhältnismäßig.

Die für die Lagerung des hoch radioaktiven Atommülls zuständige Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) wies Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Reparaturmöglichkeiten zurück. "In allen denkbaren Reparaturszenarien sind wir vorbereitet", sagte Sprecher Burghard Rosen. Auch die Gefahren eines Flugzeugabsturzes seien geprüft worden./opi/DP/mis

AXC0097 2020-10-31/17:09

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