Der führende Gasekonzern Linde (WKN: A2DSYC) hat sich seit der Fusion mit Praxair zu einem der wertvollsten DAX-Mitglieder entwickelt. Auf der anderen Seite ist der führende Gesundheitskonzern Fresenius (WKN: 578560) seit der gescheiterten Übernahme von Akorn ins hintere Drittel zurückgefallen.

Heute wird die Linde-Aktie mehr als sechsmal so hoch bewertet wie die Fresenius-Aktie. Doch gibt es dafür auch gute Gründe? Eine Spurensuche sollte Aufschluss darüber geben, ob sich hier Chancen für Anleger ergeben.

Zwei Top-Konzerne im Vergleich

Sowohl Linde als auch Fresenius kann man bedenkenlos als transatlantische Konzerne bezeichnen. Linde wird mittlerweile von den USA aus gesteuert und einige Fresenius-Töchter machen ihr Hauptgeschäft in Amerika. Der Umsatz spiegelt die Marktkapitalisierung nicht wider – ganz im Gegenteil: Linde erwartet 27 Mrd. US-Dollar, während es bei Fresenius wohl auf rund 37 Mrd. Euro hinausläuft.

Ist Linde also zumindest das wesentlich profitablere Unternehmen? Zumindest für die Vergangenheit stimmt das nicht. In den Geschäftsjahren 2016 bis 2019 schrieb Fresenius jeweils operative Gewinne von über 4 Mrd. Euro. Bei Linde bewegen sich die Werte weit darunter bei gut 2 bis 3 Mrd. US-Dollar.

Das ist etwa die Hälfte und zunächst verwirrend: Wieso sollte der halbe Gewinn von Linde eine Marktkapitalisierung von 131 Mrd. US-Dollar rechtfertigen, während Fresenius nur 19 Mrd. Euro wert ist zum 9. November?

Weitere Erklärungsversuche

Ist Linde weniger von Corona betroffen?

Fresenius leidet darunter, dass normale Operationen wegen der Pandemie zurückgestellt werden müssen. Viel teure Medizintechnik wird so nicht ausgelastet. Das drückt auf das Geschäft. Details dazu liefert die „Krankenhausstudie 2020“ von Roland Berger, die davon spricht, dass 57 % der deutschen Kliniken im laufenden Geschäftsjahr Verluste ausweisen werden. Die wirtschaftliche Situation vieler Kliniken habe sich durch die Pandemie weiter verschlechtert.

Dabei können wir davon ausgehen, dass es an den internationalen Standorten der Krankenhaussparte Helios ähnlich aussieht. Damit hätten wir einen ersten Anhaltspunkt. Aber geht es Linde so viel besser? Die Nachfrage nach Industriegasen leidet ebenfalls in der Krise. Um 11 % ging der Umsatz im zweiten Quartal zurück.

Wird Linde stärker als Fresenius aus der Krise herauskommen?

Dennoch hat Linde einige Lichtblicke vorzuweisen. Erstens läuft es dank der gestiegenen Sauerstoffnachfrage im Medizingeschäft ausgezeichnet und zweitens ist Linde ein aussichtsreicher Gestalter der Wasserstoffwirtschaft. Sobald das Umfeld sich stabilisiert, könnte Linde hier gutes Wachstum generieren.

Bei Fresenius könnte die Phase der Stagnation hingegen noch etwas länger anhalten. Dem Klinikmarkt wird auch im nächsten Jahr noch ein schwieriges Umfeld vorausgesagt und die Geldmaschine Fresenius Medical Care (WKN: 578580) stottert aus verschiedenen Gründen.

Dennoch hat auch Fresenius eine Reihe von Wachstumspotenzialen in der Pipeline, die sich über die kommenden Jahre entfalten sollten, darunter die Biosimilars-Pipeline von Kabi, das 2019 übernommene Heimdialysegeschäft von NxStage oder die Beratungsleistungen von VAMED. Von daher dürfte der Gesundheitskonzern noch viele Jahre umsatzstärker als Linde bleiben.

Hat Linde eine viel stärkere Bilanz?

Eine bedrohliche Schulden- und Liquiditätssituation erklärt so manches vermeintliche Schnäppchen. Doch trifft dies auf Fresenius zu? Dagegen spricht, dass sich der Konzern günstiger refinanzieren konnte, wodurch sich das Finanzergebnis 2020 im Vorjahresvergleich verbesserte. Das Management nennt die Bilanzstruktur solide. Das Eigenkapital hielt sich zuletzt stabil bei über 26 Mrd. Euro und damit deutlich über der Marktkapitalisierung.

Gleichzeitig konnte die Nettoverschuldung um 4 % auf 24,5 Mrd. Euro zurückgefahren werden. Das ist sicherlich immer noch recht viel, aber für einen profitablen Konzern dieser Größe gut tragbar.

Aber Linde kann hier punkten: das Eigenkapital ist mit 46 Mrd. US-Dollar erheblich größer, während die Nettoverschuldung mit 12,6 Mrd. US-Dollar weniger als die Hälfte ausmacht.

Entsprechend günstiger fällt das Zinsergebnis aus. 154 Mio. Euro zahlte Fresenius im letzten Quartal, gegenüber 38 Mio. US-Dollar bei Linde.

Mein Fazit

Es ist kurios, dass ein Gesundheitskonzern während einer Gesundheitskrise abgestraft wird, hingegen ein Industriegasekonzern während einer Industriekrise gefeiert wird. Genau das passiert jedoch in diesem Jahr mit Fresenius und Linde.

Linde wird voraussichtlich das eine oder andere Quartal früher in die Erfolgsspur zurückkommen, ist gut in einigen Zukunftsmärkten wie Wasserstoff positioniert und weist eine stärkere Bilanz auf als Fresenius. Allerdings ist Fresenius weiterhin das umsatzstärkere Unternehmen mit besserer Gewinnhistorie. Eine sechsmal so hohe Marktkapitalisierung von Linde kann ich daher beim besten Willen nicht rechtfertigen.

Während Linde also möglicherweise die teuerste Aktie im DAX ist, könnte es sich bei Fresenius um ein echtes Schnäppchen handeln.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt Fresenius.

Motley Fool Deutschland 2020