(neu: aktualisierter Aktienkurs, Aussagen aus Telefonkonferenz)

LIPPSTADT (dpa-AFX) - Die Folgen der Corona-Krise machen dem Licht- und Elektronikspezialisten Hella erheblich zu schaffen. Wegen der Belastungen durch die Pandemie verschärft der Autozulieferer nicht nur seinen Sparkurs und baut Hunderte Stellen ab, sondern er muss auch einen deutlichen Umsatz- und Ergebnisrückgang im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/2020 verkraften. Entsprechend zurückhaltend blickte Konzernchef Rolf Breidenbach am Dienstag auf das laufende neue Geschäftsjahr. Er erwartet, dass der Wettbewerb intensiver wird und der Kostendruck weiter zunimmt.

Am Kapitalmarkt kamen die Nachrichten nur zu Beginn schlecht an. Nachdem die im MDax notierte Hella-Aktie noch zur Mittagszeit mit rund 2 Prozent im Minus notiert hatte, lag sie am Nachmittag zuletzt mit rund 0,7 Prozent im Plus. Seit Jahresbeginn haben die Papiere im Zuge der Corona-Krise und Marktturbulenzen jedoch rund ein Fünftel an Wert verloren. Auf längere Sicht sieht es mit einem Minus von rund 12 Prozent in den zurückliegenden drei Jahren nur wenig besser aus.

Derzeit ist die Lage bei den Lippstädtern schwierig, zumal Hella bereits vor der Corona-Krise die anhaltend maue Autokonjunktur zu spüren bekommen hatte. "Den herausfordernden Marktbedingungen müssen wir mit Weitblick begegnen und dabei insbesondere unsere Kostenstrukturen in den Fokus nehmen", erklärte Breidenbach. Daher habe der Licht- und Elektronikspezialist seine laufenden Kostenprogramme weiter forciert und schon im März zusätzliche temporäre Maßnahmen wie Kurzarbeit und ein noch strikteres Kostenkontrollprogramm eingeleitet.

"Dadurch konnten wir den harten Markteinbruch durch Corona abfedern, jedoch die damit verbundenen Einbußen wie absehbar nur teilweise kompensieren", sagte der Manager. In der Verwaltung und Entwicklung am Unternehmenssitz in Lippstadt sollen nun bis Ende des Jahres 2023 rund 900 Stellen wegfallen. Dazu würden zeitnah Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern aufgenommen, hieß es weiter. Zudem soll der Jobabbau sozialverträglich erfolgen.

Hella habe in den letzten Jahren bereits viel unternommen und die Kostenbasis kontinuierlich verbessert, sagte Breidenbach. Seit August 2018 sei die weltweite Belegschaft um rund 5400 Stellen reduziert worden. Doch das allgemeine Marktumfeld habe sich noch einmal deutlich verändert. Dies habe weitere Schritte notwendig gemacht. Parallel zum geplanten Stellenabbau in Deutschland will Hella auch seine weltweiten Standorte unter die Lupe nehmen.

Der Stellenabbau hierzulande soll einen jährlichen Beitrag zum Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von rund 140 Millionen Euro bringen, mit dem größten Teil bereits ab dem Geschäftsjahr 2022/2023. Im Gegenzug fallen Einmalkosten von circa 240 Millionen Euro an, die weitestgehend im laufenden Geschäftsjahr 2020/2021 verbucht würden.

Derweil ist die Prognose von hoher Marktunsicherheit und der rückläufigen globalen Fahrzeugproduktion geprägt. Die Hella-Führung geht für das laufende Geschäftsjahr von einem Konzernumsatz von rund 5,6 Milliarden Euro bis 6,1 Milliarden Euro aus. Die um Restrukturierungsmaßnahmen, Portfolioeffekte und außerplanmäßige Wertminderungen bereinigte Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) soll rund 4,0 bis 6,0 Prozent betragen.

Breidenbach sagte in einer Telefonkonferenz mit Analysten, die Nachfrage sei fragil und könne sich schnell ändern. Ihm zufolge ist die weitere Entwicklung nur schwer einzuschätzen. Während er sich für Europa und Nordamerika skeptischer zeigte, schätzt er die Lage in China wieder besser ein. Der chinesische Markt ist für Hella sehr wichtig. Breidenbach geht davon aus, dass dessen Bedeutung weiter zunehmen wird.

Während die Prognosen des Managements aus Sicht des Analysehauses Mainfirst weitgehend im Rahmen der Erwartungen ausfielen, verwies Analyst Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan darauf, dass auch die vorläufigen Jahreszahlen im Rahmen der Erwartungen lägen. Er bezeichnet die Prognose als "vorsichtig" und glaubt daran, dass Hella das obere Ende der Umsatzspanne erreichen könnte.

Im vergangenen Geschäftsjahr bis Ende Mai sackten die Erlöse nach vorläufigen Berechnungen um rund 14 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro ab. Das bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebit) brach ein und lag mit 233 Millionen Euro sogar rund 60 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die bereinigte Ebit-Marge betrug nur noch 4,0 Prozent nach 8,4 Prozent im Vorjahr.

Das berichtete operative Ergebnis (Ebit) lag wegen hoher Abschreibungen im Zuge der Virus-Krise sogar bei minus 343 Millionen Euro. Die Hella-Spitze begründete den operativen Verlust mit Wertminderungen in Höhe von 533 Millionen Euro im vierten Geschäftsquartal. Sie resultieren laut Mitteilung aus der Annahme, dass das weltweite Produktionsvolumen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen auch mittel- bis langfristig signifikant unter den vor der Corona-Krise getroffenen Planungsannahmen und Markterwartungen liegen. Dies werde eine geringeren Auslastung des globalen Produktionsnetzwerks von Hella nach sich ziehen. Die detaillierten Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr will Hella am 14. August vorlegen.

Trotz aller Herausforderungen zeigte sich Breidenbach überzeugt, dass Hella mit seinem Geschäftsmodell perspektivisch gut aufgestellt ist. Weitere Investitionen in Zukunftsthemen sind geplant, der Vorstand will die Automatisierung in den Produktionswerken konsequent vorantreiben. Zudem sei das Auftragsbuch für die kommenden Jahre gut gefüllt, sagte der Manager. Allerdings müsse Hella seine Wettbewerbsfähigkeit in einem stark umkämpften Markt weiter erhöhen.

Das westfälische Unternehmen ist vor allem für seine Scheinwerfer bekannt. Produkte der Lippstädter sind in vielen Wagen verbaut. Die Autoindustrie setzt aber nicht nur in großem Stil auf die Scheinwerfer, sondern etwa auch auf Heckleuchten, Innenraum-Lampen, Kamerasoftware und Radarsensoren des Konzerns./eas/stw/mis

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AXC0260 2020-07-28/15:15

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