(Neu: Analystenkommentare)

PEKING (dpa-AFX) - Der Aufschwung der chinesischen Wirtschaft hat im dritten Quartal deutlich an Fahrt verloren. Wie das Pekinger Statistikamt am Montag mitteilte, wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft im dritten Quartal noch um 4,9 Prozent im Vorjahresvergleich. Nach einem Rekordzuwachs von 18,3 Prozent im ersten und 7,9 Prozent im zweiten Quartal ist es der bisher schwächste Wert in diesem Jahr. Im Zeitraum von Januar bis September lag das Wachstum damit zusammengerechnet bei 9,8 Prozent.

Chinas Wirtschaft hatte nach überwundener Corona-Pandemie zunächst eine sehr kräftige Erholung hingelegt. Zuletzt warnten Ökonomen jedoch vor einer ganzen Reihe von Belastungsfaktoren, die sich negativ auf die chinesische Wirtschaft auswirken könnten. Als Risiko wurden so etwa die Energieknappheit im Land genannt, die Industriebetriebe in den vergangenen Wochen bereits dazu zwang, ihre Produktion zu drosseln.

So ist auch die Produktion in den chinesischen Industrieunternehmen im September enttäuschend schwach gewachsen. Im Jahresvergleich meldete das Statistikamt einen Zuwachs um 3,1 Prozent. Nachdem die Fertigung im August noch um 5,3 Prozent gewachsen war, hatten Analysten für September im Schnitt mit einem Wachstum um 3,8 Prozent gerechnet.

In China tätige europäische Unternehmen leiden zunehmend unter Rationierungen und den deswegen angeordneten Stilllegungen von Betrieben. Die Probleme dürften sich mit der bevorstehenden Heizperiode im Winter verschärfen und "mindestens bis März" andauern, warnte der Vorsitzende der EU-Handelskammer in China, Jörg Wuttke. "Wir stecken in einem Marathon, nicht in einem Sprint." EU-Unternehmen beklagten "chaotische Zustände". Oft werde ihnen nur kurzfristig wie am Abend zuvor oder auch mal eine Stunde vor Schichtbeginn mitgeteilt, dass der Strom abgestellt wird.

Sorgen bereitete Analysten auch die Krise um den hochverschuldeten chinesischen Immobilienkonzern Evergrande, die auf dem chinesischen Finanz- und Immobilienmarkt lastet. Zudem setzte die Regierung in diesem Jahr bei Internet-Konzernen und in zahlreichen anderen Branchen strengere Regeln und Verbote durch, was zusätzlich für eine schlechtere Stimmung sorgte.

Einen Lichtblick bietet der chinesische Einzelhandel, der im September mehr Umsatz als erwartet gemacht hat. Hier meldete die Statistikbehörde im Jahresvergleich einen Zuwachs um 4,4 Prozent, während Experten nur mit einem Plus von 3,5 Prozent gerechnet hatten.

Analyst Hao Zhou von der Commerzbank geht aber davon aus, dass sich die Verlangsamung des Wachstums in den kommenden Quartalen fortsetzen wird. Für das laufende Jahr rechnet der Commerzbank-Experte noch mit einem chinesischen Wirtschaftswachstum von 8,4 Prozent, das sich dann im kommenden Jahr auf 5 Prozent abschwächen dürfte.

Nach Einschätzung des Chefvolkswirts Thomas Gitzel von der VP Bank hat China in der Corona-Krise von einer verstärkten Nachfrage nach elektronischen und medizinischen Produkten profitiert. Mittlerweile schwächt sich die Nachfrage nach elektronischen Waren aber wieder ab. Experte Gitzel geht davon aus, dass Chinas Wachstum auch in den kommenden Quartalen vergleichsweise schwach ausfallen wird und dass "die chinesische Wirtschaft wieder kleinere Brötchen backen muss"./jpt/DP/jkr/jha/

AXC0072 2021-10-18/08:35

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