ROUNDUP 3: Thyssenkrupp 'unter Wasser' - Aktionäre schimpfen über Führungschaos
31.01.2020 | 14:49
(nach HV durchgehend aktualisiert)
BOCHUM (dpa-AFX) - Thyssenkrupp
Die einstige Industrieikone Thyssenkrupp war in den vergangenen
Jahren mehr und mehr zum kranken Konzern von der Ruhr geworden. Nach
in den Sand gesetzten Milliardeninvestitionen in Amerika, einer
Serie von Kartellstrafen, dem Absturz an der Börse und dem Rauswurf
aus dem Dax
Thyssenkrupp hat in den vergangenen zwei Jahren einen rekordverdächtigen Wechsel an der Unternehmensspitze erlebt. Im Januar 2018 hieß der Vorstandsvorsitzende noch Heinrich Hiesinger und verbreitete bei der Hauptversammlung Zuversicht. Ein Jahr später stand Guido Kerkhoff vor den Aktionären. Die Lage war nicht besser geworden, der Optimismus geblieben.
Weitere zwölf Monate später heißt die Vorstandsvorsitzende Martina Merz. Sie sagte am Freitag: "Wenn wir uns in einem Jahr wiedersehen, dann werden wir das Schiff in ruhigere Gewässer gebracht und Fahrt aufgenommen haben." Dann möglicherweise mit der vierten Vorstandschefin oder dem vierten Chef in drei Jahren. Denn Merz will im Herbst nach einem Jahr als Interimschefin in den Aufsichtsrat zurückkehren und dort wieder den Vorsitz übernehmen.
Den Aktionären stießen die hohen Kosten des ständigen Managerwechsels sauer auf. Es sei angesichts der angekündigten Massenentlastungen "einfach nicht tolerierbar", dass Kerkhoff nach nur einem Jahr als Vorstandschef mit einer Abfindung von 6,1 Millionen gehen konnte, sagte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment.
"Thyssenkrupp war einmal ein Leuchtturm der deutschen Wirtschaft. Heute gleicht der Konzern einer Baugrube, die unter Wasser steht und Jahr für Jahr Geld verschlingt", kritisierte Henrik Pontzen von Union Investment. Zudem monierte er den unklaren Kurs. "Keiner weiß mehr, wofür Thyssenkrupp eigentlich steht." Thyssenkrupp sei ein harter Sanierungsfall und stehe mit dem Rücken zur Wand. Bei der neuen Zukunftsstrategie dürfe es keine Tabus geben. "Da es um alles geht, müssen sie sich von allen Geschäftsbereichen, die sich nicht rechnen, entweder trennen oder sie in Joint Ventures einbringen", sagte er.
Dass Merz ebenfalls Millionen Euro für nur ein Jahr als
Vorstandschefin winkten, kritisierte Hendrik Schmidt vom
Vermögensverwalter DWS
Merz setzt bei ihren Sanierungsbemühungen auf den Börsengang oder Verkauf der profitablen Aufzugssparte von Thyssenkrupp. Das Geld sei notwendig, um Thyssenkrupp wieder manövrierfähig zu machen. Die vorliegenden Angebote zeigten, dass Investoren den Wert der Aufzugssparte auf mehr als 15 Milliarden Euro taxierten, sagte sie. Das ist das Doppelte des aktuellen Börsenwerts des gesamten Konzerns. Die Aufzugssparte sei damit der "letzte Rettungsanker" für den Konzern, warnte ein Aktionärsvertreter.
Die Vorstandschefin ließ nicht erkennen, wohin die Reise für die rund 53 000 Mitarbeiter der Aufzugssparte gehen soll. Jede Option bringe Thyssenkrupp Kapital in Milliardenhöhe und ermögliche einen "echten Neustart". Das Geld will der Konzern zum Schuldenabbau und für Investitionen einsetzen. Mehr Geld soll die Stahlsparte erhalten, die damit entgegen der früheren Planungen wieder zum Kerngeschäft des Revierkonzerns wird./hff/DP/fba
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AXC0224 2020-01-31/14:49
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