HAMBURG (dpa-AFX) - Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zur "Cum-Ex"-Affäre hat über einen möglichen Ausschluss seines Vorsitzenden Mathias Petersen beraten. Hintergrund ist die Annahme von Spenden von der in die Affäre verstrickten Warburg Bank und aus ihrem Umfeld durch den geschäftsführenden SPD-Landesvorstand, dem Petersen 2017 ebenso wie der SPD-Obmann im Ausschuss, Milan Pein, angehörte.

Die AfD hatte die Debatte über eine mögliche Befangenheit der SPD-Vertreter beantragt und sich einen weiteren Antrag auf deren Ausschluss vorbehalten. In der Erörterung forderten ebenso die Vertreter von CDU und Linken von der SPD, in dieser Frage für Transparenz zu sorgen.

Auch im Namen Petersens erklärte Pein, dass weder er noch sein Parteikollege an einem Treffen des geschäftsführenden Parteivorstands am 9. Mai 2017 teilgenommen hätten, bei dem über eine 7500-Euro-Spende der Bank entschieden worden war. Weitere Spenden auch aus dem Umfeld der Bank seien bei zwei weiteren Sitzungen als "unbedenklich" eingestuft und angenommen worden. Insgesamt geht es um 45 500 Euro, die 2017 größtenteils an den SPD-Kreisverband Mitte gingen.

Weitere Forderungen nach Aufklärung wurden seitens der SPD zurückgewiesen. Die Spenden seien nicht vom Untersuchungsauftrag des Ausschusses gedeckt, sagte die Abgeordnete Britta Schlage. Eine Nachschärfung des Auftrags könne nur über die Bürgerschaft erfolgen. Für die Linke kündigte Norbert Hackbusch an, "dass wir diese Nachschärfung beantragen werden." Auch CDU-Obmann Götz Wiese schloss einen Antrag in der Bürgerschaft nicht aus.

Zuvor hatten im Ausschuss die Vertreter der Warburg Bank und ihrer Eigentümer Max Warburg und Christian Olearius eine Vorladung des nordrhein-westfälischen Justizministers Peter Biesenbach (CDU) als Zeugen gefordert. Es müsse geklärt werden, wie es Ende September zu den von der Staatsanwaltschaft Köln veranlassten und "medial parallel dazu bekannt gemachten Hausdurchsuchungen" in Hamburg gekommen sei, sagte Anwalt Peter Gauweiler. Am 28. September waren die Wohnung des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs und Räumlichkeiten der Hamburger Finanzbehörde durchsucht worden.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Köln fand der Einsatz wegen des Anfangsverdachts der Begünstigung im Zusammenhang mit "Cum-Ex"-Geschäften statt. Neben Kahrs wird auch gegen den früheren Hamburger Innensenator Alfons Pawelczyk (SPD) und die für die Warburg Bank zuständige Finanzbeamtin ermittelt.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren nach Angaben des NRW-Justizministeriums zunächst wegen Bedenken von der Generalstaatsanwaltschaft Köln gestoppt worden. Daraufhin habe die Staatsanwältin sich mit der Bitte um Prüfung an das Ministerium gewandt, das den Anfangsverdacht bestätigt habe.

Gauweiler verwies darauf, dass Kahrs, Pawelczyk und die Finanzbeamtin als Zeugen von dem Untersuchungsausschuss geführt werden, der die mögliche Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank klären soll. Er deutete an, dass mit den Durchsuchungen Einfluss auf die Arbeit genommen werden sollte. Es sei deshalb "unabdingbar", dass Justizminister Biesenbach, der Kölner Generalstaatsanwalt und die Staatsanwältin vor dem PUA aussagen.

Hintergrund des Untersuchungsauftrags sind Treffen des damaligen Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz mit Warburg und Olearius, in den Jahren 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals schon Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Kahrs und Pawelczyk sollen sich für die Treffen eingesetzt haben.

Nach den ersten Treffen hatte das Finanzamt für Großunternehmen 2016 mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verzichtet. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert. Die Treffen waren druch die Veröffentlichung von Olearius' Tagebucheinträgen bekanntgeworden. Scholz hatte die Gespräche im Untersuchungsausschuss eingeräumt, jedoch angegeben, sich nicht an den Inhalt erinnern zu können. Eine Einflussnahme auf das Steuerverfahren habe es aber nicht gegeben.

Am Freitag sagten vor dem Ausschuss zwei Betriebsprüfer des Finanzamts aus. Sie gaben an, sich 2016 gegen einen Verzicht auf die Steuernachforderungen ausgesprochen zu haben. Allerdings seien sie bei ihrer Vorgesetzten im Finanzamt für Großunternehmen mit ihrer Ansicht nicht durchgedrungen. Bei ihr sei damals der Eindruck entstanden, "dass in diesem Fall keine Steuern zurückgefordert werden sollten", sagte eine Betriebsprüferin. Eine politische Einflussnahme hätten sie aber nicht festgestellt, sagten beide.

Unterdessen teilte Gauweiler mit, dass die Bank und deren Eigentümer in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs eingelegt hätten, in dem dieser Ende Juli einen Spruch des Landgerichts Bonn gegen zwei Ex-Börsenhändler aus London bestätigt und damit erstmals höchstrichterlich die Strafbarkeit sogenannter Cum-Ex-Geschäfte festgestellt hatte. Dabei seien Warburg und Olearius in ihren durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Rechten verletzt worden, sagte er.

Der BGH hatte in seinem Urteil zudem bestätigt, dass die Warburg Bank mehr als 176 Millionen Euro zurückzahlen muss. Das Hamburger Bankhaus hatte die Forderungen zwischenzeitlich bereits beglichen, ohne dass damit ein Schuldeingeständnis verbunden gewesen sei, wie die Bank stets betont hatte. Auch hatte sie angekündigt, weiter gegen die Steuerbescheide vorgehen zu wollen./fi/DP/he

AXC0281 2021-10-22/22:44

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