FDP und Grüne im Bundestag verlangen Nachbesserungen bei der geplanten Gutscheinregelung für Verbraucher, die wegen der Corona-Krise Eintrittskarten oder Abos nicht nutzen können. "Auf kurze Sicht lässt die Regierung das größere Risiko bei der Ticketentschädigung damit den Verbrauchern auf die Füße fallen", sagte die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Katharina Willkomm, der Deutschen Presse-Agentur.

Zuvor hatte das Kabinett eine Regelung beschlossen, wonach Veranstalter von Musik-, Kultur- oder Sportveranstaltungen und Betreiber von Freizeiteinrichtungen wie Museen, Schwimmbäder oder Sportstudios ihren Kunden Gutscheine ausstellen können für Leistungen, die sie wegen der Corona-Pandemie nicht nutzen können. Das soll helfen, Insolvenzen zu verhindern. "Veranstalter und Betreiber sind mit einer Vielzahl von Rückforderungen konfrontiert und geraten zunehmend in Liquiditätsengpässe", warnte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD).

Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Kunden ihre Gutscheine nicht nutzen können, falls Veranstalter doch Pleite gehen. Willkomm fürchtet, "massenweise Rechtsstreite". Ähnlich argumentierte die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Tabea Rößner. Sie sprach von einem "zinslosen Zwangskredit", die Regelung gehe einseitig zu Lasten von Verbraucherinnen und Verbrauchern. "Zudem stehen im Falle einer Insolvenz des Unternehmens die Verbraucher mit einem wertlosen Gutschein da." Besser sei ein Fonds zur Absicherung der Veranstalter.

Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 befristet sein und für alle Tickets gelten, die vor dem 8. März gekauft wurden. Hat der Kunde seinen Gutschein bis Ende 2021 nicht eingelöst, muss der Veranstalter ihm den Wert erstatten. Geplant sind auch Härtefallklauseln für alle Kunden, für die ein Gutschein wegen ihrer "persönlichen Lebensumstände" nicht zumutbar ist.

Das Unternehmen Eventim, das Tickets verkauft und Großveranstaltungen organisiert, zeigte sich hingegen erfreut. "Der Beschluss ist ein ganz wichtiger Schritt zur Erhaltung der kulturellen Vielfalt in Deutschland", erklärte Chef Klaus-Peter Schulenberg. Der Deutsche Kulturrat sprach von einer "notwendigen Reaktion in der Krise". "Künstlerinnen und Künstler und die Kulturveranstalter sind künstlerisch und ökonomisch ins Mark getroffen", warnte Geschäftsführer Olaf Zimmermann.

Das Papier, das das Kabinett beschließen will, ist eine "Formulierungshilfe" für einen Gesetzentwurf. Formal einbringen sollen ihn die Koalitionsfraktionen im Bundestag, also Union und SPD, weil das schneller geht als der reguläre Gesetzgebungsprozess.

Die Neuregelung könnte schon in zwei Wochen beschlossen werden. "Wir müssen jetzt wirklich schnell sein, denn wir haben ein Interesse daran, dass das reichhaltige Kulturangebot in Deutschland trotz der Pandemie erhalten bleibt", sagte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Thorsten Frei (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. "Wir alle wollen in den kommenden Jahren wieder Konzerte, Festivals und Sportwettkämpfen genießen und Freizeiteinrichtungen besuchen."

Seine Fraktion wolle das Verfahren spätestens in der ersten Mai-Woche abschließen, sagte der verbraucherpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner. "Wir wollen die tausenden Jobs in der Veranstaltungsbranche sichern. Niemandem ist gedient, wenn Veranstalter pleite gehen. Es ist deshalb vertretbar, dass Ticketkäufer entweder ein anderes Event besuchen oder spätestens im Januar 2022 den Ticketpreis zurück erhalten."/hrz/DP/jha

 ISIN  DE0005470306

AXC0245 2020-04-08/14:02

Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.