BERLIN (dpa-AFX) - Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will auch den Bau von Fernstraßen beschleunigen und stößt damit beim grünen Koalitionspartner auf Kritik. Nach seinen Plänen sollen nicht nur Wasserstraßen, Bahnlinien und Flughafeninfrastruktur schneller gebaut und erweitert werden, sondern auch Bundesfernstraßen, wenn diese "fest disponiert" sind oder für sie ein "vordringlicher Bedarf" festgestellt ist. Mit Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen gibt es allerdings schon länger eine Debatte über die Grundsatzfrage, welche Projekte beschleunigt werden sollen. Ihr Haus hatte einen schnelleren Bau auch von Autobahnen zuletzt abgelehnt.

In dem am Freitag bekanntgewordenen Entwurf Wissings für ein "Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich" heißt es, "zur zügigeren Realisierung von Vorhaben im Bereich der Bundesfernstraßen, Bundeseisenbahnen und Bundeswasserstraßen sollen ein vorzeitiger Baubeginn, erweiterte Vorarbeiten und die vorzeitige Besitzeinweisung frühzeitiger ermöglicht werden". Zuvor hatte "Der Spiegel" über den Gesetzentwurf berichtet.

Wissing sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstag), für ihn habe auch der Bau und die Instandsetzung maroder Brücken und Straßen Priorität. Geschehe dies nicht, würden die Bürger dauerhaft mit Engpässen leben müssen. "Was wir schon aus der Corona-Pandemie kennen, könnte dann Alltag werden: fehlende Produkte in den Supermärkten zum Beispiel."

Im Entwurf werden 46 Straßenbauvorhaben aufgelistet, darunter auch die umstrittene Verlängerung der A100 in Berlin oder der Weiterbau der A20 im Norden von Westerstede in Niedersachsen nach Weede in Schleswig-Holstein. Diese könnten dann im "überragenden öffentlichen Interesse" und für "öffentliche Sicherheit" schneller durchgesetzt werden, um der "herausragenden Bedeutung einer leistungsfähigen Fernstraßen-Infrastruktur für das Gemeinwohl gerecht zu werden."

Ein Sprecher von Umweltministerin Lemke hatte betont, der Fokus müsse auf Projekten für die Energiewende, Energiesicherheit und Transformation zur Klimaneutralität liegen. "Den Bau von Autobahnen oder Flughäfen zu beschleunigen, ist nicht per se sinnvoll, weil sie dem Ziel der Klimaneutralität entgegenstehen."

Der grüne Rechtspolitiker Lukas Benner forderte im "Spiegel", nötig sei eine klare Priorisierung von Vorhaben. "Wer alles beschleunigt, beschleunigt am Ende gar nichts." Auch von Umweltschützern gibt es Kritik. "Die Glaubwürdigkeit dieser Bundesregierung und damit auch der mitregierenden Grünen steht auf dem Spiel", sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Umwelthilfe. FDP-Fraktionschef Christian Dürr hielt dagegen, es würde ihn "doch sehr wundern, wenn die Grünen ausgerechnet bei der Planungsbeschleunigung blockieren wollen".

Wissing forderte, die Regierung aus SPD, Grünen und FDP müsse noch in diesem Jahr ein weiteres Planungsbeschleunigungsgesetz verabschieden, das die Halbierung der Planungszeiten garantiere. Auch Justizminister Marco Buschmann von der FDP will Verkehrswege zügiger als bisher bauen und hat dies in seinen Plänen zur Beschleunigung von Verwaltungsgerichtsverfahren so vorgesehen./sl/hoe/DP/stw

AXC0231 2022-12-02/17:35

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