FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax bleibt wegen Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen im Abwärtsstrudel. Erstmals seit November 2020 sackte er am Mittwoch unter die Marke von 12 000 Punkten, die psychologisch von großer Bedeutung ist. Erst bei 11 914 Zählern konnte er sich vorerst etwas fangen. Am Ende der ersten Handelsstunde betrug das Minus für den Leitindex 1,44 Prozent auf 11 964,95 Punkte. Der MDax fiel um 1,97 Prozent auf 21 902,77 Zähler und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,3 Prozent an Wert.

An der Wall Street hatten sich am Vorabend erneut Forderungen von Notenbankern nach mehr Zinserhöhungen belastend ausgewirkt, weil diese weltweit die Sorgen vor einer Rezession erhöhen. Weiter grassiert auch die Angst vor einer tiefer gehenden Energiekrise: Größer werden neuerdings die Sorgen um die Stabilität des Energienetzes, nachdem entdeckte Lecks an den beiden Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 mit einem möglichen Sabotageakt in Verbindung gebracht werden.

"Die dunklen Wolken über Europas Börsen und damit auch dem deutschen Aktienindex wollen sich einfach nicht verziehen", schrieb Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets, nachdem der Leitindex am Vortag erneut mit einem Erholungsversuch gescheitert war. "Sogar spekulativ orientierte Anleger, die darauf trainiert sind, mutig zu sein, wenn andere ängstlich sind, nehmen derzeit Abstand davon, sich mit Aktien einzudecken", fügte er hinzu.

Auf Unternehmensseite gab es größere Kursverluste im Bankensektor, wie die 4,4 Prozent tieferen Papiere der Deutschen Bank als Dax-Schlusslicht zeigten. Ähnlich stark erwischte es jene der Commerzbank mit fünf Prozent Minus. Wie am Vorabend bekannt wurde, wird die polnische Tochter mBank das Geldinstitut auch im dritten Quartal belasten wegen einer gebildeten zusätzlichen Vorsorge in Höhe von umgerechnet rund 490 Millionen Euro.

Noch düsterer sah es im Stahlsektor aus wegen einer Branchenstudie der US-Bank JPMorgan, die pessimistisch auf die Profitabilität im Kohlenstoffstahlbereich blickt. Für die Titel von Thyssenkrupp ging es um zehn Prozent bergab, nachdem Analyst Luke Nelson die Bewertung mit "Underweight" wieder aufgenommen hat. Für den stärker auf Stahl fokussierten Salzgitter-Konzern belief sich der Kursrutsch sogar auf fast 14 Prozent.

Internet-Aktien hatten sich zuletzt etwas erholt, nun ging es für sie wieder steiler bergab. Unter diesen sackten die Titel des Online-Händlers Zalando im Dax um knapp drei Prozent ab. Im Handelssektor geht weiter die Sorge um, dass die Konsumneigung unter der hohen Inflation leidet. Der europäische Branchenindex hat mittlerweile in diesem Jahr schon 45 Prozent eingebüßt und damit fast genauso viel wie der unter den hohen Zinsen leidende Immobiliensektor.

Gewinner waren am Mittwoch äußerst selten, vor allem aus der Gesundheitsbranche gab es aber einige positive Ausnahmen. Die Werte dieser Branche gelten als relativ defensiv in schwierigen Börsenzeiten, aber auch ein Erfolg des US-Konzerns Biogen mit dem Alzheimer-Medikament Lecanemab machte dort generell gute Stimmung. Die Titel von Merck KGaA etwa waren im Dax mit plus 0,4 Prozent einer der wenigen Gewinner neben den knapp ein Prozent höheren Papieren des Laborausrüsters Sartorius .

Vor allem aber half der Erfolg von Biogen den Aktien von Morphosys , die im SDax um 16 Prozent in die Höhe schossen. Analyst James Gordon von JPMorgan zog aus den Biogen-Ergebnissen positive Rückschlüsse für den Antikörper Gantenerumab von Roche und MorphoSys, der auch gegen Alzheimer-Erkrankungen entwickelt wird. Laut Gordon verfolgt dieser den gleichen Mechanismus - und könnte sich damit ein Teil vom Kuchen abschneiden./tih/men

 ISIN  DE0008469008  EU0009658145  DE0008467416

AXC0105 2022-09-28/10:19

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